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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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sie in Hinsicht ihrer bürgerlichen und privatrechtlichen Verhältnisse nach
den allgemeinen Gesetzen gleich den christlichen Einwohnern zu be-
handeln, und nur folgenden Beschränkungen unterworfen:

a. zu Staatsämtern und zu den Stellen der Magistrats-Dirigenten
sind dieselben nicht wahlfähig; eben so wenig
b. zu der Function der Deputirten auf den Kreistagen, Communal-
und Provinzial-Landtagen.
c. Wenn sie Rittergüter erwerben, werden einstweilen die mit dem
Besitze verbundenen Ehrenrechte von der Staatsbehörde aus-
geübt, doch bleiben sie die damit verbundenen Lasten zu tragen
verbunden.
d. In eine andere Provinz des Reichs ihren Wohnsitz zu verlegen,
sind sie nur mit Genehmigung des Ministers des Innern be-
rechtigt, und verpflichtet, sich vorher mit der Corporation, zu
welcher sie gehören, wegen Ablösung ihres Antheils an den Cor-
porations-Verpflichtungen durch Einigung mit dem Corporations-
Vorstande, oder, wenn eine solche nicht zu bewirken ist, nach der
Festsetzung der Regierung sich abzufinden.
Rechtsverhältnisse der noch nicht zur Naturalisation
geeigneten Juden
.

§. 21. Diejenigen jüdischen Einwohner der Provinz Posen,
welche sich zur Erlangung der, der gedachten naturalisirten Klasse
verliehenen Rechte noch nicht eignen, sollen von der Verwaltungs-
behörde jeder Corporation sorgfältig und zwar familienweise, nach
einem von dem Oberpräsidenten zu bestimmenden Schema, verzeichnet
werden. Die Verzeichnisse werden dem Landrathe des Kreises zur
Prüfung vorgelegt, von demselben demnächst bescheinigt und bei der
Orts-Polizeibehörde aufbewahrt. Alle Jahre erfolgt eine Revision
und Bescheinigung dieser Verzeichnisse.

§. 22. Auf den Grund derselben wird von der Orts-Polizei-
behörde jedem Familienvater ein mit der Nummer des Verzeichnisses
versehenes Certificat ertheilt. Dieses soll die Namen der sämmtlichen
Mitglieder der Familie enthalten, und nach der jährlichen Revision
mit einem Visa versehen oder berichtigt werden.

§. 23. Solche Certificate sollen nur denjenigen Familienvätern
und einzelnen volljährigen und selbstständigen Juden ertheilt werden,
welche den Nachweis führen können, daß sie sich seit dem 1. Juni 1815.

ſie in Hinſicht ihrer bürgerlichen und privatrechtlichen Verhältniſſe nach
den allgemeinen Geſetzen gleich den chriſtlichen Einwohnern zu be-
handeln, und nur folgenden Beſchränkungen unterworfen:

a. zu Staatsämtern und zu den Stellen der Magiſtrats-Dirigenten
ſind dieſelben nicht wahlfähig; eben ſo wenig
b. zu der Function der Deputirten auf den Kreistagen, Communal-
und Provinzial-Landtagen.
c. Wenn ſie Rittergüter erwerben, werden einſtweilen die mit dem
Beſitze verbundenen Ehrenrechte von der Staatsbehörde aus-
geübt, doch bleiben ſie die damit verbundenen Laſten zu tragen
verbunden.
d. In eine andere Provinz des Reichs ihren Wohnſitz zu verlegen,
ſind ſie nur mit Genehmigung des Miniſters des Innern be-
rechtigt, und verpflichtet, ſich vorher mit der Corporation, zu
welcher ſie gehören, wegen Ablöſung ihres Antheils an den Cor-
porations-Verpflichtungen durch Einigung mit dem Corporations-
Vorſtande, oder, wenn eine ſolche nicht zu bewirken iſt, nach der
Feſtſetzung der Regierung ſich abzufinden.
Rechtsverhältniſſe der noch nicht zur Naturaliſation
geeigneten Juden
.

§. 21. Diejenigen jüdiſchen Einwohner der Provinz Poſen,
welche ſich zur Erlangung der, der gedachten naturaliſirten Klaſſe
verliehenen Rechte noch nicht eignen, ſollen von der Verwaltungs-
behörde jeder Corporation ſorgfältig und zwar familienweiſe, nach
einem von dem Oberpräſidenten zu beſtimmenden Schema, verzeichnet
werden. Die Verzeichniſſe werden dem Landrathe des Kreiſes zur
Prüfung vorgelegt, von demſelben demnächſt beſcheinigt und bei der
Orts-Polizeibehörde aufbewahrt. Alle Jahre erfolgt eine Reviſion
und Beſcheinigung dieſer Verzeichniſſe.

§. 22. Auf den Grund derſelben wird von der Orts-Polizei-
behörde jedem Familienvater ein mit der Nummer des Verzeichniſſes
verſehenes Certificat ertheilt. Dieſes ſoll die Namen der ſämmtlichen
Mitglieder der Familie enthalten, und nach der jährlichen Reviſion
mit einem Viſa verſehen oder berichtigt werden.

§. 23. Solche Certificate ſollen nur denjenigen Familienvätern
und einzelnen volljährigen und ſelbſtſtändigen Juden ertheilt werden,
welche den Nachweis führen können, daß ſie ſich ſeit dem 1. Juni 1815.

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[214/0228] ſie in Hinſicht ihrer bürgerlichen und privatrechtlichen Verhältniſſe nach den allgemeinen Geſetzen gleich den chriſtlichen Einwohnern zu be- handeln, und nur folgenden Beſchränkungen unterworfen: a. zu Staatsämtern und zu den Stellen der Magiſtrats-Dirigenten ſind dieſelben nicht wahlfähig; eben ſo wenig b. zu der Function der Deputirten auf den Kreistagen, Communal- und Provinzial-Landtagen. c. Wenn ſie Rittergüter erwerben, werden einſtweilen die mit dem Beſitze verbundenen Ehrenrechte von der Staatsbehörde aus- geübt, doch bleiben ſie die damit verbundenen Laſten zu tragen verbunden. d. In eine andere Provinz des Reichs ihren Wohnſitz zu verlegen, ſind ſie nur mit Genehmigung des Miniſters des Innern be- rechtigt, und verpflichtet, ſich vorher mit der Corporation, zu welcher ſie gehören, wegen Ablöſung ihres Antheils an den Cor- porations-Verpflichtungen durch Einigung mit dem Corporations- Vorſtande, oder, wenn eine ſolche nicht zu bewirken iſt, nach der Feſtſetzung der Regierung ſich abzufinden. Rechtsverhältniſſe der noch nicht zur Naturaliſation geeigneten Juden. §. 21. Diejenigen jüdiſchen Einwohner der Provinz Poſen, welche ſich zur Erlangung der, der gedachten naturaliſirten Klaſſe verliehenen Rechte noch nicht eignen, ſollen von der Verwaltungs- behörde jeder Corporation ſorgfältig und zwar familienweiſe, nach einem von dem Oberpräſidenten zu beſtimmenden Schema, verzeichnet werden. Die Verzeichniſſe werden dem Landrathe des Kreiſes zur Prüfung vorgelegt, von demſelben demnächſt beſcheinigt und bei der Orts-Polizeibehörde aufbewahrt. Alle Jahre erfolgt eine Reviſion und Beſcheinigung dieſer Verzeichniſſe. §. 22. Auf den Grund derſelben wird von der Orts-Polizei- behörde jedem Familienvater ein mit der Nummer des Verzeichniſſes verſehenes Certificat ertheilt. Dieſes ſoll die Namen der ſämmtlichen Mitglieder der Familie enthalten, und nach der jährlichen Reviſion mit einem Viſa verſehen oder berichtigt werden. §. 23. Solche Certificate ſollen nur denjenigen Familienvätern und einzelnen volljährigen und ſelbſtſtändigen Juden ertheilt werden, welche den Nachweis führen können, daß ſie ſich ſeit dem 1. Juni 1815.

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/228>, abgerufen am 29.03.2024.