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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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17. Rescr. v. 29. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 19 S. 398.),
betr. die Beaufsichtigung der städtischen Schulen.

Das Ministerium eröffnet der Königl. Regierung auf die Anfrage
in dem Berichte vom 4. d. M., daß es keinem Bedenken unterliegt,
in denjenigen Städten, in welchen außer dem Superintendenten nur
der Rector der Schule zweiter Geistlicher ist, dem ersteren die Function
als technisches Mitglied der Orts-Schulcommission und in dieser
Eigenschaft auch die Beaufsichtigung der Ortsschule zu übertragen.

18. Rescr. vom 12. Juni 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 405.),
betr. die Anhaltung früher vernachlässigter Lehrlinge zur Schule und
zum Religionsunterrichte.

Das Königl. Provinzial-Schulcollegium zu Berlin hatte den dor-
tigen Magistrat auf die Anfrage:
ob er befugt sei, gegen Lehrmeister mit Zwangsmaaßregeln
vorzuschreiten, wenn dieselben unterlassen, ihre Lehrlinge, die
im Lesen, Schreiben und in der Religion noch nicht den
nöthigen Unterricht erhalten haben, bis zur Erlangung dieser
Kenntnisse zur Schule anzuhalten,

dahin beschieden, daß eine dergleichen Befugniß sich aus den bestehenden
Gesetzen nicht herleiten lasse. Die Ministerien der Geistlichen und
des Innern haben sich aber mit dieser Ansicht keinesweges einver-
standen erklärt.

Der §. 294. Thl. II. Tit. 8. des A. L.-R. schreibt ausdrücklich vor:
"Wer einen Lehrling annimmt, welcher im Lesen und
"Schreiben und in der Religion den nöthigen Unterricht noch
"nicht erhalten hat, ist schuldig, denselben bis zur Erlangung
"dieser Kenntnisse zur Schule zu halten."

Werden nun zwar hierdurch die Eltern und Vormünder, welche
ihre noch schulbedürftigen Kinder und Pflegebefohlnen zu einem Hand-
werksmeister in die Lehre geben, ihrer Verpflichtungen hinsichtlich der
Sorge für den Unterricht der letztern nicht entledigt, so erscheint es
doch andererseits als unzweifelhaft, daß auf den Grund der vorstehenden
gesetzlichen Bestimmung unter den, in derselben bezeichneten Umständen,
auch die Lehrmeister nöthigenfalls mit Zwangsmitteln, wohin auch die
Androhung und eventuelle Vollstreckung von Strafen gehört, ange-
halten werden können, die Lehrlinge zur Schule zu schicken, und ge-
nügt es keinesweges, daß diesen nur die zum Schulbesuche nöthige

17. Reſcr. v. 29. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 19 S. 398.),
betr. die Beaufſichtigung der ſtädtiſchen Schulen.

Das Miniſterium eröffnet der Königl. Regierung auf die Anfrage
in dem Berichte vom 4. d. M., daß es keinem Bedenken unterliegt,
in denjenigen Städten, in welchen außer dem Superintendenten nur
der Rector der Schule zweiter Geiſtlicher iſt, dem erſteren die Function
als techniſches Mitglied der Orts-Schulcommiſſion und in dieſer
Eigenſchaft auch die Beaufſichtigung der Ortsſchule zu übertragen.

18. Reſcr. vom 12. Juni 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 405.),
betr. die Anhaltung früher vernachläſſigter Lehrlinge zur Schule und
zum Religionsunterrichte.

Das Königl. Provinzial-Schulcollegium zu Berlin hatte den dor-
tigen Magiſtrat auf die Anfrage:
ob er befugt ſei, gegen Lehrmeiſter mit Zwangsmaaßregeln
vorzuſchreiten, wenn dieſelben unterlaſſen, ihre Lehrlinge, die
im Leſen, Schreiben und in der Religion noch nicht den
nöthigen Unterricht erhalten haben, bis zur Erlangung dieſer
Kenntniſſe zur Schule anzuhalten,

dahin beſchieden, daß eine dergleichen Befugniß ſich aus den beſtehenden
Geſetzen nicht herleiten laſſe. Die Miniſterien der Geiſtlichen und
des Innern haben ſich aber mit dieſer Anſicht keinesweges einver-
ſtanden erklärt.

Der §. 294. Thl. II. Tit. 8. des A. L.-R. ſchreibt ausdrücklich vor:
Wer einen Lehrling annimmt, welcher im Leſen und
„Schreiben und in der Religion den nöthigen Unterricht noch
„nicht erhalten hat, iſt ſchuldig, denſelben bis zur Erlangung
„dieſer Kenntniſſe zur Schule zu halten.“

Werden nun zwar hierdurch die Eltern und Vormünder, welche
ihre noch ſchulbedürftigen Kinder und Pflegebefohlnen zu einem Hand-
werksmeiſter in die Lehre geben, ihrer Verpflichtungen hinſichtlich der
Sorge für den Unterricht der letztern nicht entledigt, ſo erſcheint es
doch andererſeits als unzweifelhaft, daß auf den Grund der vorſtehenden
geſetzlichen Beſtimmung unter den, in derſelben bezeichneten Umſtänden,
auch die Lehrmeiſter nöthigenfalls mit Zwangsmitteln, wohin auch die
Androhung und eventuelle Vollſtreckung von Strafen gehört, ange-
halten werden können, die Lehrlinge zur Schule zu ſchicken, und ge-
nügt es keinesweges, daß dieſen nur die zum Schulbeſuche nöthige

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[246/0260] 17. Reſcr. v. 29. Mai 1834. (v. K. Ann. B. 19 S. 398.), betr. die Beaufſichtigung der ſtädtiſchen Schulen. Das Miniſterium eröffnet der Königl. Regierung auf die Anfrage in dem Berichte vom 4. d. M., daß es keinem Bedenken unterliegt, in denjenigen Städten, in welchen außer dem Superintendenten nur der Rector der Schule zweiter Geiſtlicher iſt, dem erſteren die Function als techniſches Mitglied der Orts-Schulcommiſſion und in dieſer Eigenſchaft auch die Beaufſichtigung der Ortsſchule zu übertragen. 18. Reſcr. vom 12. Juni 1834. (v. K. Ann. B. 18. S. 405.), betr. die Anhaltung früher vernachläſſigter Lehrlinge zur Schule und zum Religionsunterrichte. Das Königl. Provinzial-Schulcollegium zu Berlin hatte den dor- tigen Magiſtrat auf die Anfrage: ob er befugt ſei, gegen Lehrmeiſter mit Zwangsmaaßregeln vorzuſchreiten, wenn dieſelben unterlaſſen, ihre Lehrlinge, die im Leſen, Schreiben und in der Religion noch nicht den nöthigen Unterricht erhalten haben, bis zur Erlangung dieſer Kenntniſſe zur Schule anzuhalten, dahin beſchieden, daß eine dergleichen Befugniß ſich aus den beſtehenden Geſetzen nicht herleiten laſſe. Die Miniſterien der Geiſtlichen und des Innern haben ſich aber mit dieſer Anſicht keinesweges einver- ſtanden erklärt. Der §. 294. Thl. II. Tit. 8. des A. L.-R. ſchreibt ausdrücklich vor: „Wer einen Lehrling annimmt, welcher im Leſen und „Schreiben und in der Religion den nöthigen Unterricht noch „nicht erhalten hat, iſt ſchuldig, denſelben bis zur Erlangung „dieſer Kenntniſſe zur Schule zu halten.“ Werden nun zwar hierdurch die Eltern und Vormünder, welche ihre noch ſchulbedürftigen Kinder und Pflegebefohlnen zu einem Hand- werksmeiſter in die Lehre geben, ihrer Verpflichtungen hinſichtlich der Sorge für den Unterricht der letztern nicht entledigt, ſo erſcheint es doch andererſeits als unzweifelhaft, daß auf den Grund der vorſtehenden geſetzlichen Beſtimmung unter den, in derſelben bezeichneten Umſtänden, auch die Lehrmeiſter nöthigenfalls mit Zwangsmitteln, wohin auch die Androhung und eventuelle Vollſtreckung von Strafen gehört, ange- halten werden können, die Lehrlinge zur Schule zu ſchicken, und ge- nügt es keinesweges, daß dieſen nur die zum Schulbeſuche nöthige

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/260>, abgerufen am 19.04.2024.