Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
das Schulgeld, als eine nur für die Unterrichtsertheilung an die
wirklich die Schule besuchenden Kinder von den Eltern derselben
zu zahlende Remuneration, in seinem Gesammtertrage von der
Zahl der überhaupt vorhandenen Kinder und demnächst auch von
ihrem Schulbesuche abhängt, in welcher letzteren Hinsicht den
Eltern nirgend im Gesetz die Freiheit beschränkt ist, dafern sie
nur überhaupt für einen ordnungsmäßig zureichenden Unterricht
ihrer Kinder sorgen, im Uebrigen nach ihrem Ermessen sich der
häuslichen Information oder jeder ihnen zusagenden Privat- oder
öffentlichen Schulanstalt zu bedienen. Dahingegen hat aber der
Schullehrer in der Regel, und soweit nicht besondere ausdrück-
liche Bestimmungen bei seiner Anstellung ein Anderes verordnen,
für jedes seinen Unterricht wirklich besuchende Kind allerdings
einen Anspruch auf das Schulgeld und ist in der Regel nicht
verbunden, den Kindern unvermögender Eltern seinerseits den
Unterricht unentgeltlich zu ertheilen. Das Schulgeld für die-
selben muß vielmehr nöthigenfalls, da der Elementarunterricht
gesetzlich jedem Kinde verschafft werden muß, und mithin zu den
unerläßlichen Bedürfnissen der Erziehung gehört, als ein Theil
der Armenpflege aus den betreffenden Armen- oder sonstigen allge-
meinen Corporations- oder Communalfonds, und bei deren Er-
schöpfung durch Zuschüsse der betheiligten Gemeinen aufgebracht
werden. Damit stimmen auch die von der Königl. Regierung
selbst bereits allegirten Verordnungen des General-Landschul-
reglements von 1763. und der Magdeburgischen Kirchenordnung
überein, welcher letztern Bestimmung übrigens, wegen Entnehmung
des Armenschulgeldes aus dem Kirchenärario, als Zwangsverbind-
lichkeit des letztern nur da Platz greift, wo nach vorausgesetzter
diesfälliger Verfassung der Kirchenfonds zugleich mit zur Armen-
pflege bestimmt ist. Da in vorliegendem Falle, soviel die bis-
herigen Berichte der Königl. Regierung ergeben, dergl. Verfassung
nicht vorliegt, sondern in den betheiligten Ortschaften die Armen-
pflege aus dem Communalfonds bestritten wird; so wird der
Magistrat zu N. N. sich der Gewährung des Schulgeldes für
die nach Gr. zur Schule gehenden Kinder unvermögender Eltern
aus dem betreffenden Theile der Colonie nicht entbrechen können,
und wenn er auch den Rechtsweg dagegen versuchen sollte, doch
das Schulgeld, als eine nur für die Unterrichtsertheilung an die
wirklich die Schule beſuchenden Kinder von den Eltern derſelben
zu zahlende Remuneration, in ſeinem Geſammtertrage von der
Zahl der überhaupt vorhandenen Kinder und demnächſt auch von
ihrem Schulbeſuche abhängt, in welcher letzteren Hinſicht den
Eltern nirgend im Geſetz die Freiheit beſchränkt iſt, dafern ſie
nur überhaupt für einen ordnungsmäßig zureichenden Unterricht
ihrer Kinder ſorgen, im Uebrigen nach ihrem Ermeſſen ſich der
häuslichen Information oder jeder ihnen zuſagenden Privat- oder
öffentlichen Schulanſtalt zu bedienen. Dahingegen hat aber der
Schullehrer in der Regel, und ſoweit nicht beſondere ausdrück-
liche Beſtimmungen bei ſeiner Anſtellung ein Anderes verordnen,
für jedes ſeinen Unterricht wirklich beſuchende Kind allerdings
einen Anſpruch auf das Schulgeld und iſt in der Regel nicht
verbunden, den Kindern unvermögender Eltern ſeinerſeits den
Unterricht unentgeltlich zu ertheilen. Das Schulgeld für die-
ſelben muß vielmehr nöthigenfalls, da der Elementarunterricht
geſetzlich jedem Kinde verſchafft werden muß, und mithin zu den
unerläßlichen Bedürfniſſen der Erziehung gehört, als ein Theil
der Armenpflege aus den betreffenden Armen- oder ſonſtigen allge-
meinen Corporations- oder Communalfonds, und bei deren Er-
ſchöpfung durch Zuſchüſſe der betheiligten Gemeinen aufgebracht
werden. Damit ſtimmen auch die von der Königl. Regierung
ſelbſt bereits allegirten Verordnungen des General-Landſchul-
reglements von 1763. und der Magdeburgiſchen Kirchenordnung
überein, welcher letztern Beſtimmung übrigens, wegen Entnehmung
des Armenſchulgeldes aus dem Kirchenärario, als Zwangsverbind-
lichkeit des letztern nur da Platz greift, wo nach vorausgeſetzter
diesfälliger Verfaſſung der Kirchenfonds zugleich mit zur Armen-
pflege beſtimmt iſt. Da in vorliegendem Falle, ſoviel die bis-
herigen Berichte der Königl. Regierung ergeben, dergl. Verfaſſung
nicht vorliegt, ſondern in den betheiligten Ortſchaften die Armen-
pflege aus dem Communalfonds beſtritten wird; ſo wird der
Magiſtrat zu N. N. ſich der Gewährung des Schulgeldes für
die nach Gr. zur Schule gehenden Kinder unvermögender Eltern
aus dem betreffenden Theile der Colonie nicht entbrechen können,
und wenn er auch den Rechtsweg dagegen verſuchen ſollte, doch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <list>
            <item><pb facs="#f0484" n="470"/>
das Schulgeld, als eine nur für die Unterrichtsertheilung an die<lb/>
wirklich die Schule be&#x017F;uchenden Kinder von den Eltern der&#x017F;elben<lb/>
zu zahlende Remuneration, in &#x017F;einem Ge&#x017F;ammtertrage von der<lb/>
Zahl der überhaupt vorhandenen Kinder und demnäch&#x017F;t auch von<lb/>
ihrem Schulbe&#x017F;uche abhängt, in welcher letzteren Hin&#x017F;icht den<lb/>
Eltern nirgend im Ge&#x017F;etz die Freiheit be&#x017F;chränkt i&#x017F;t, dafern &#x017F;ie<lb/>
nur überhaupt für einen ordnungsmäßig zureichenden Unterricht<lb/>
ihrer Kinder &#x017F;orgen, im Uebrigen nach ihrem Erme&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich der<lb/>
häuslichen Information oder jeder ihnen zu&#x017F;agenden Privat- oder<lb/>
öffentlichen Schulan&#x017F;talt zu bedienen. Dahingegen hat aber der<lb/>
Schullehrer in der Regel, und &#x017F;oweit nicht be&#x017F;ondere ausdrück-<lb/>
liche Be&#x017F;timmungen bei &#x017F;einer An&#x017F;tellung ein Anderes verordnen,<lb/>
für jedes &#x017F;einen Unterricht wirklich be&#x017F;uchende Kind allerdings<lb/>
einen An&#x017F;pruch auf das Schulgeld und i&#x017F;t in der Regel nicht<lb/>
verbunden, den Kindern unvermögender Eltern &#x017F;einer&#x017F;eits den<lb/>
Unterricht unentgeltlich zu ertheilen. Das Schulgeld für die-<lb/>
&#x017F;elben muß vielmehr nöthigenfalls, da der Elementarunterricht<lb/>
ge&#x017F;etzlich jedem Kinde ver&#x017F;chafft werden muß, und mithin zu den<lb/>
unerläßlichen Bedürfni&#x017F;&#x017F;en der Erziehung gehört, als ein Theil<lb/>
der Armenpflege aus den betreffenden Armen- oder &#x017F;on&#x017F;tigen allge-<lb/>
meinen Corporations- oder Communalfonds, und bei deren Er-<lb/>
&#x017F;chöpfung durch Zu&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;e der betheiligten Gemeinen aufgebracht<lb/>
werden. Damit &#x017F;timmen auch die von der Königl. Regierung<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t bereits allegirten Verordnungen des General-Land&#x017F;chul-<lb/>
reglements von 1763. und der Magdeburgi&#x017F;chen Kirchenordnung<lb/>
überein, welcher letztern Be&#x017F;timmung übrigens, wegen Entnehmung<lb/>
des Armen&#x017F;chulgeldes aus dem Kirchenärario, als Zwangsverbind-<lb/>
lichkeit des letztern nur da Platz greift, wo nach vorausge&#x017F;etzter<lb/>
diesfälliger Verfa&#x017F;&#x017F;ung der Kirchenfonds zugleich mit zur Armen-<lb/>
pflege be&#x017F;timmt i&#x017F;t. Da in vorliegendem Falle, &#x017F;oviel die bis-<lb/>
herigen Berichte der Königl. Regierung ergeben, dergl. Verfa&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
nicht vorliegt, &#x017F;ondern in den betheiligten Ort&#x017F;chaften die Armen-<lb/>
pflege aus dem Communalfonds be&#x017F;tritten wird; &#x017F;o wird der<lb/>
Magi&#x017F;trat zu N. N. &#x017F;ich der Gewährung des Schulgeldes für<lb/>
die nach Gr. zur Schule gehenden Kinder unvermögender Eltern<lb/>
aus dem betreffenden Theile der Colonie nicht entbrechen können,<lb/>
und wenn er auch den Rechtsweg dagegen ver&#x017F;uchen &#x017F;ollte, doch<lb/></item>
          </list>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[470/0484] das Schulgeld, als eine nur für die Unterrichtsertheilung an die wirklich die Schule beſuchenden Kinder von den Eltern derſelben zu zahlende Remuneration, in ſeinem Geſammtertrage von der Zahl der überhaupt vorhandenen Kinder und demnächſt auch von ihrem Schulbeſuche abhängt, in welcher letzteren Hinſicht den Eltern nirgend im Geſetz die Freiheit beſchränkt iſt, dafern ſie nur überhaupt für einen ordnungsmäßig zureichenden Unterricht ihrer Kinder ſorgen, im Uebrigen nach ihrem Ermeſſen ſich der häuslichen Information oder jeder ihnen zuſagenden Privat- oder öffentlichen Schulanſtalt zu bedienen. Dahingegen hat aber der Schullehrer in der Regel, und ſoweit nicht beſondere ausdrück- liche Beſtimmungen bei ſeiner Anſtellung ein Anderes verordnen, für jedes ſeinen Unterricht wirklich beſuchende Kind allerdings einen Anſpruch auf das Schulgeld und iſt in der Regel nicht verbunden, den Kindern unvermögender Eltern ſeinerſeits den Unterricht unentgeltlich zu ertheilen. Das Schulgeld für die- ſelben muß vielmehr nöthigenfalls, da der Elementarunterricht geſetzlich jedem Kinde verſchafft werden muß, und mithin zu den unerläßlichen Bedürfniſſen der Erziehung gehört, als ein Theil der Armenpflege aus den betreffenden Armen- oder ſonſtigen allge- meinen Corporations- oder Communalfonds, und bei deren Er- ſchöpfung durch Zuſchüſſe der betheiligten Gemeinen aufgebracht werden. Damit ſtimmen auch die von der Königl. Regierung ſelbſt bereits allegirten Verordnungen des General-Landſchul- reglements von 1763. und der Magdeburgiſchen Kirchenordnung überein, welcher letztern Beſtimmung übrigens, wegen Entnehmung des Armenſchulgeldes aus dem Kirchenärario, als Zwangsverbind- lichkeit des letztern nur da Platz greift, wo nach vorausgeſetzter diesfälliger Verfaſſung der Kirchenfonds zugleich mit zur Armen- pflege beſtimmt iſt. Da in vorliegendem Falle, ſoviel die bis- herigen Berichte der Königl. Regierung ergeben, dergl. Verfaſſung nicht vorliegt, ſondern in den betheiligten Ortſchaften die Armen- pflege aus dem Communalfonds beſtritten wird; ſo wird der Magiſtrat zu N. N. ſich der Gewährung des Schulgeldes für die nach Gr. zur Schule gehenden Kinder unvermögender Eltern aus dem betreffenden Theile der Colonie nicht entbrechen können, und wenn er auch den Rechtsweg dagegen verſuchen ſollte, doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/484
Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/484>, abgerufen am 25.04.2024.