Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

2. Veränd. d. einz. Hptst. d. w. Eur.--1700.
ständigkeit des letztern vermögend gewesen wäre, der
Nation einen neuen Schwung zu geben. Doch
war der Zustand hier noch besser als in Spanien,
wo alle Keime des innern Verderbnisses sich so völ-
lig entwickelten (s. oben S. 213.), daß selbst die
Fortdauer der politischen Existenz schwer zu erklä-
ren ist. Aber ein großer Staat kann es lange
treiben, ehe er sich zu Tode sündigt!

2. Frankreich.

2. Eine so glänzende Regierung wie die von
Ludwig XIV. war zu sehr im Character der Na-
tion, als daß bey allem Druck doch das Mißver-
gnügen einen Mittelpunct des Widerstandes hätte
finden können. Die mäßigen Vergrößerungen wa-
ren so theuer erkauft, daß sie wohl nicht als Ge-
winn angesehen werden können. Aber viel mehr als
Französische Macht war Französischer Einfluß ge-
wachsen; und selbst die Vertreibung der Hu-
genotten
, wenn sie auch den gemißhandelten Völ-
kern gewissermaßen durch Verbreitung Französischer
Capitale und Industrie Ersatz gab, trug dazu durch
Verbreitung Französischer Sprache und Sitten bey.

3. Doch entwickelte sich mitten in der Periode
der königlichen Allgewalt aus Religionshändeln,
wenn gleich langsam, aber desto unausrottbarer,
ein Keim, der mehrfach fruchtbar wurde. Der

Janse-

2. Veraͤnd. d. einz. Hptſt. d. w. Eur.--1700.
ſtaͤndigkeit des letztern vermoͤgend geweſen waͤre, der
Nation einen neuen Schwung zu geben. Doch
war der Zuſtand hier noch beſſer als in Spanien,
wo alle Keime des innern Verderbniſſes ſich ſo voͤl-
lig entwickelten (ſ. oben S. 213.), daß ſelbſt die
Fortdauer der politiſchen Exiſtenz ſchwer zu erklaͤ-
ren iſt. Aber ein großer Staat kann es lange
treiben, ehe er ſich zu Tode ſuͤndigt!

2. Frankreich.

2. Eine ſo glaͤnzende Regierung wie die von
Ludwig XIV. war zu ſehr im Character der Na-
tion, als daß bey allem Druck doch das Mißver-
gnuͤgen einen Mittelpunct des Widerſtandes haͤtte
finden koͤnnen. Die maͤßigen Vergroͤßerungen wa-
ren ſo theuer erkauft, daß ſie wohl nicht als Ge-
winn angeſehen werden koͤnnen. Aber viel mehr als
Franzoͤſiſche Macht war Franzoͤſiſcher Einfluß ge-
wachſen; und ſelbſt die Vertreibung der Hu-
genotten
, wenn ſie auch den gemißhandelten Voͤl-
kern gewiſſermaßen durch Verbreitung Franzoͤſiſcher
Capitale und Induſtrie Erſatz gab, trug dazu durch
Verbreitung Franzoͤſiſcher Sprache und Sitten bey.

3. Doch entwickelte ſich mitten in der Periode
der koͤniglichen Allgewalt aus Religionshaͤndeln,
wenn gleich langſam, aber deſto unausrottbarer,
ein Keim, der mehrfach fruchtbar wurde. Der

Janſe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0277" n="239"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">2. Vera&#x0364;nd. d. einz. Hpt&#x017F;t. d. w. Eur.--1700.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit des letztern vermo&#x0364;gend gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, der<lb/>
Nation einen neuen Schwung zu geben. Doch<lb/>
war der Zu&#x017F;tand hier noch be&#x017F;&#x017F;er als in Spanien,<lb/>
wo alle Keime des innern Verderbni&#x017F;&#x017F;es &#x017F;ich &#x017F;o vo&#x0364;l-<lb/>
lig entwickelten (&#x017F;. <hi rendition="#g">oben</hi> S. 213.), daß &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
Fortdauer der politi&#x017F;chen Exi&#x017F;tenz &#x017F;chwer zu erkla&#x0364;-<lb/>
ren i&#x017F;t. Aber ein großer Staat kann es lange<lb/>
treiben, ehe er &#x017F;ich zu Tode &#x017F;u&#x0364;ndigt!</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>2. <hi rendition="#g">Frankreich</hi>.</head><lb/>
                  <p>2. Eine &#x017F;o gla&#x0364;nzende Regierung wie die von<lb/>
Ludwig <hi rendition="#aq">XIV.</hi> war zu &#x017F;ehr im Character der Na-<lb/>
tion, als daß bey allem Druck doch das Mißver-<lb/>
gnu&#x0364;gen einen Mittelpunct des Wider&#x017F;tandes ha&#x0364;tte<lb/>
finden ko&#x0364;nnen. Die ma&#x0364;ßigen Vergro&#x0364;ßerungen wa-<lb/>
ren &#x017F;o theuer erkauft, daß &#x017F;ie wohl nicht als Ge-<lb/>
winn ange&#x017F;ehen werden ko&#x0364;nnen. Aber viel mehr als<lb/>
Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Macht war Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher <hi rendition="#g">Einfluß</hi> ge-<lb/>
wach&#x017F;en; und &#x017F;elb&#x017F;t die <hi rendition="#g">Vertreibung der Hu-<lb/>
genotten</hi>, wenn &#x017F;ie auch den gemißhandelten Vo&#x0364;l-<lb/>
kern gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen durch Verbreitung Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher<lb/>
Capitale und Indu&#x017F;trie Er&#x017F;atz gab, trug dazu durch<lb/>
Verbreitung Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Sprache und Sitten bey.</p><lb/>
                  <p>3. Doch entwickelte &#x017F;ich mitten in der Periode<lb/>
der ko&#x0364;niglichen Allgewalt aus Religionsha&#x0364;ndeln,<lb/>
wenn gleich lang&#x017F;am, aber de&#x017F;to unausrottbarer,<lb/>
ein Keim, der mehrfach fruchtbar wurde. Der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">Jan&#x017F;e-</hi></fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0277] 2. Veraͤnd. d. einz. Hptſt. d. w. Eur.--1700. ſtaͤndigkeit des letztern vermoͤgend geweſen waͤre, der Nation einen neuen Schwung zu geben. Doch war der Zuſtand hier noch beſſer als in Spanien, wo alle Keime des innern Verderbniſſes ſich ſo voͤl- lig entwickelten (ſ. oben S. 213.), daß ſelbſt die Fortdauer der politiſchen Exiſtenz ſchwer zu erklaͤ- ren iſt. Aber ein großer Staat kann es lange treiben, ehe er ſich zu Tode ſuͤndigt! 2. Frankreich. 2. Eine ſo glaͤnzende Regierung wie die von Ludwig XIV. war zu ſehr im Character der Na- tion, als daß bey allem Druck doch das Mißver- gnuͤgen einen Mittelpunct des Widerſtandes haͤtte finden koͤnnen. Die maͤßigen Vergroͤßerungen wa- ren ſo theuer erkauft, daß ſie wohl nicht als Ge- winn angeſehen werden koͤnnen. Aber viel mehr als Franzoͤſiſche Macht war Franzoͤſiſcher Einfluß ge- wachſen; und ſelbſt die Vertreibung der Hu- genotten, wenn ſie auch den gemißhandelten Voͤl- kern gewiſſermaßen durch Verbreitung Franzoͤſiſcher Capitale und Induſtrie Erſatz gab, trug dazu durch Verbreitung Franzoͤſiſcher Sprache und Sitten bey. 3. Doch entwickelte ſich mitten in der Periode der koͤniglichen Allgewalt aus Religionshaͤndeln, wenn gleich langſam, aber deſto unausrottbarer, ein Keim, der mehrfach fruchtbar wurde. Der Janſe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/277
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/277>, abgerufen am 29.03.2024.