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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Erstes Buch. §. 50.

atque ab eis ad quos spectat et pro tempore quandocumque spectabit
inviolabiter observari debere: in contrarium facientibus etiam expressa
specifica et individua mentione dignis non obstantibus quibuscumque.
Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam nostrae approbatio-
tionis, Sanctionis, declarationis, denunciationis, decreti, mandati, ac
voluntatis infringere vel ei ausu temerario contraire; si quis autem
hoc attentare praesumpserit, indignationem Omnipotentis Dei ac Bea-
torum Petri et Pauli Apostolorum ejus se noverit incursurum. Da-
tum Romae apud Sanctam Mariam Majorem Anno Incarnationis Do-
minicae Millesimo octingentesimo trigesimo primo Nonis Augusti Pon-
tificatus Nostri Anno primo.
B. Card. Pacca Pro-Dat. -- Th. Card. Bernettus.
Visa de Curia
D. Testa. V. Cugnonius.
Loco + plumbi.
Erwerbungsarten.

50. Die Souveränetät oder Hoheitsgewalt über einen Staat ist
keine substanzielle Macht, welche an und für sich einem Gliede der
Staatsgemeinde oder dieser selbst in ihrem Ganzen beiwohnt; 1 sie ist
eine Gewalt, deren organische Erscheinung und unabhängige Stel-
lung das Product eines eigenen Willensactes ist, wodurch sie das
Recht Einer oder mehrerer Personen in Gemeinschaft wird. Ihre
Erwerbung oder Constituirung gehört demnach theils dem inneren
organischen Entwickelungsprozeß des Staates an, der eben sowohl
zu einer Souveränetät des Volks wie zu einer dynastischen Herr-
schergewalt führen kann; theils unterliegt sie äußeren oder völker-
rechtlichen Einflüssen und kann insbesondere durch das Recht des
Eroberers oder Siegers ganz unabhängig von dem Willen des
besiegten Volkes werden. Eben so ist die Vererblichkeit oder Nicht-
Vererblichkeit der Staatsgewalt keine sich von selbst verstehende
Sache, sondern abhängig von dem Constitutivgesetz, oder in dessen
Ermangelung von dem gemeinsamen Willen, oder, wo auch dieser
sich nicht geltend macht, von dem Willen des jeweiligen Machtha-
bers und seinen wie der Seinigen Mitteln sich dabei zu behaup-
ten. Das Recht der Erbfolge kann demnach, wie in den Euro-

1 Auch die Souveränetät des Volks ist, als Thatsache und nicht als bloße
Idee aufgefaßt, nur eine Möglichkeit, welche erst realisirt werden muß,
eben so wie die dynastische Souveränetät.
Erſtes Buch. §. 50.

atque ab eis ad quos spectat et pro tempore quandocumque spectabit
inviolabiter observari debere: in contrarium facientibus etiam expressa
specifica et individua mentione dignis non obstantibus quibuscumque.
Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam nostrae approbatio-
tionis, Sanctionis, declarationis, denunciationis, decreti, mandati, ac
voluntatis infringere vel ei ausu temerario contraire; si quis autem
hoc attentare praesumpserit, indignationem Omnipotentis Dei ac Bea-
torum Petri et Pauli Apostolorum ejus se noverit incursurum. Da-
tum Romae apud Sanctam Mariam Majorem Anno Incarnationis Do-
minicae Millesimo octingentesimo trigesimo primo Nonis Augusti Pon-
tificatus Nostri Anno primo.
B. Card. Pacca Pro-Dat. — Th. Card. Bernettus.
Visa de Curia
D. Testa. V. Cugnonius.
Loco † plumbi.
Erwerbungsarten.

50. Die Souveränetät oder Hoheitsgewalt über einen Staat iſt
keine ſubſtanzielle Macht, welche an und für ſich einem Gliede der
Staatsgemeinde oder dieſer ſelbſt in ihrem Ganzen beiwohnt; 1 ſie iſt
eine Gewalt, deren organiſche Erſcheinung und unabhängige Stel-
lung das Product eines eigenen Willensactes iſt, wodurch ſie das
Recht Einer oder mehrerer Perſonen in Gemeinſchaft wird. Ihre
Erwerbung oder Conſtituirung gehört demnach theils dem inneren
organiſchen Entwickelungsprozeß des Staates an, der eben ſowohl
zu einer Souveränetät des Volks wie zu einer dynaſtiſchen Herr-
ſchergewalt führen kann; theils unterliegt ſie äußeren oder völker-
rechtlichen Einflüſſen und kann insbeſondere durch das Recht des
Eroberers oder Siegers ganz unabhängig von dem Willen des
beſiegten Volkes werden. Eben ſo iſt die Vererblichkeit oder Nicht-
Vererblichkeit der Staatsgewalt keine ſich von ſelbſt verſtehende
Sache, ſondern abhängig von dem Conſtitutivgeſetz, oder in deſſen
Ermangelung von dem gemeinſamen Willen, oder, wo auch dieſer
ſich nicht geltend macht, von dem Willen des jeweiligen Machtha-
bers und ſeinen wie der Seinigen Mitteln ſich dabei zu behaup-
ten. Das Recht der Erbfolge kann demnach, wie in den Euro-

1 Auch die Souveränetät des Volks iſt, als Thatſache und nicht als bloße
Idee aufgefaßt, nur eine Möglichkeit, welche erſt realiſirt werden muß,
eben ſo wie die dynaſtiſche Souveränetät.
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[94/0118] Erſtes Buch. §. 50. atque ab eis ad quos spectat et pro tempore quandocumque spectabit inviolabiter observari debere: in contrarium facientibus etiam expressa specifica et individua mentione dignis non obstantibus quibuscumque. Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam nostrae approbatio- tionis, Sanctionis, declarationis, denunciationis, decreti, mandati, ac voluntatis infringere vel ei ausu temerario contraire; si quis autem hoc attentare praesumpserit, indignationem Omnipotentis Dei ac Bea- torum Petri et Pauli Apostolorum ejus se noverit incursurum. Da- tum Romae apud Sanctam Mariam Majorem Anno Incarnationis Do- minicae Millesimo octingentesimo trigesimo primo Nonis Augusti Pon- tificatus Nostri Anno primo. B. Card. Pacca Pro-Dat. — Th. Card. Bernettus. Visa de Curia D. Testa. V. Cugnonius. Loco † plumbi. Erwerbungsarten. 50. Die Souveränetät oder Hoheitsgewalt über einen Staat iſt keine ſubſtanzielle Macht, welche an und für ſich einem Gliede der Staatsgemeinde oder dieſer ſelbſt in ihrem Ganzen beiwohnt; 1 ſie iſt eine Gewalt, deren organiſche Erſcheinung und unabhängige Stel- lung das Product eines eigenen Willensactes iſt, wodurch ſie das Recht Einer oder mehrerer Perſonen in Gemeinſchaft wird. Ihre Erwerbung oder Conſtituirung gehört demnach theils dem inneren organiſchen Entwickelungsprozeß des Staates an, der eben ſowohl zu einer Souveränetät des Volks wie zu einer dynaſtiſchen Herr- ſchergewalt führen kann; theils unterliegt ſie äußeren oder völker- rechtlichen Einflüſſen und kann insbeſondere durch das Recht des Eroberers oder Siegers ganz unabhängig von dem Willen des beſiegten Volkes werden. Eben ſo iſt die Vererblichkeit oder Nicht- Vererblichkeit der Staatsgewalt keine ſich von ſelbſt verſtehende Sache, ſondern abhängig von dem Conſtitutivgeſetz, oder in deſſen Ermangelung von dem gemeinſamen Willen, oder, wo auch dieſer ſich nicht geltend macht, von dem Willen des jeweiligen Machtha- bers und ſeinen wie der Seinigen Mitteln ſich dabei zu behaup- ten. Das Recht der Erbfolge kann demnach, wie in den Euro- 1 Auch die Souveränetät des Volks iſt, als Thatſache und nicht als bloße Idee aufgefaßt, nur eine Möglichkeit, welche erſt realiſirt werden muß, eben ſo wie die dynaſtiſche Souveränetät.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/118>, abgerufen am 25.04.2024.