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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Erstes Buch. I. Abschnitt.
Sollen seine Schranke. Beydes ist untrennbar.
Es hat insofern eine Schranke als es eine Bestimmung
hat, und die Bestimmung ist auch das Aufgehobenseyn
der Schranke.

Anmerkung.

Das Sollen hat neuerlich eine große Rolle in
der Philosophie, vornemlich in Beziehung auf Morali-
tät, und überhaupt auch als der letzte und absolute Be-
griff von der Identität der Gleichheit mit sich
selbst
und der Bestimmtheit gespielt.

Du kannst, weil du sollst, -- dieser Aus-
druck, der viel sagen sollte, liegt im Begriffe des Sol-
lens. Denn das Sollen ist das Hinausseyn über die
Schranke; die Grenze ist in demselben aufgehoben. --
Aber umgekehrt ist es eben so richtig: Du kannst
nicht, eben weil du sollst
. Denn im Sollen liegt
eben so sehr die Schranke als Schranke; die Bestimmt-
heit macht die Bestimmung aus als Insichseyn; aber das
Insichseyn ist wesentlich als das Aufgehobenseyn dieser
Bestimmtheit, welche doch das Insichseyn selbst ist, also
die Bestimmtheit als Nichtseyn, als Schranke.

Im Sollen beginnt überhaupt der Begriff der
Endlichkeit, und damit zugleich das Hinausgehen über
sie, die Unendlichkeit. Das Sollen enthält dasjenige,
was sich in weiterer Entwicklung als der Progreß ins Un-
endliche darstellt, bey welchem die Natur der darin ent-
haltenen unvollkommenen Identität näher betrachtet wer-
den wird.

c.) Ne-

Erſtes Buch. I. Abſchnitt.
Sollen ſeine Schranke. Beydes iſt untrennbar.
Es hat inſofern eine Schranke als es eine Beſtimmung
hat, und die Beſtimmung iſt auch das Aufgehobenſeyn
der Schranke.

Anmerkung.

Das Sollen hat neuerlich eine große Rolle in
der Philoſophie, vornemlich in Beziehung auf Morali-
taͤt, und uͤberhaupt auch als der letzte und abſolute Be-
griff von der Identitaͤt der Gleichheit mit ſich
ſelbſt
und der Beſtimmtheit geſpielt.

Du kannſt, weil du ſollſt, — dieſer Aus-
druck, der viel ſagen ſollte, liegt im Begriffe des Sol-
lens. Denn das Sollen iſt das Hinausſeyn uͤber die
Schranke; die Grenze iſt in demſelben aufgehoben. —
Aber umgekehrt iſt es eben ſo richtig: Du kannſt
nicht, eben weil du ſollſt
. Denn im Sollen liegt
eben ſo ſehr die Schranke als Schranke; die Beſtimmt-
heit macht die Beſtimmung aus als Inſichſeyn; aber das
Inſichſeyn iſt weſentlich als das Aufgehobenſeyn dieſer
Beſtimmtheit, welche doch das Inſichſeyn ſelbſt iſt, alſo
die Beſtimmtheit als Nichtſeyn, als Schranke.

Im Sollen beginnt uͤberhaupt der Begriff der
Endlichkeit, und damit zugleich das Hinausgehen uͤber
ſie, die Unendlichkeit. Das Sollen enthaͤlt dasjenige,
was ſich in weiterer Entwicklung als der Progreß ins Un-
endliche darſtellt, bey welchem die Natur der darin ent-
haltenen unvollkommenen Identitaͤt naͤher betrachtet wer-
den wird.

c.) Ne-
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[74/0122] Erſtes Buch. I. Abſchnitt. Sollen ſeine Schranke. Beydes iſt untrennbar. Es hat inſofern eine Schranke als es eine Beſtimmung hat, und die Beſtimmung iſt auch das Aufgehobenſeyn der Schranke. Anmerkung. Das Sollen hat neuerlich eine große Rolle in der Philoſophie, vornemlich in Beziehung auf Morali- taͤt, und uͤberhaupt auch als der letzte und abſolute Be- griff von der Identitaͤt der Gleichheit mit ſich ſelbſt und der Beſtimmtheit geſpielt. Du kannſt, weil du ſollſt, — dieſer Aus- druck, der viel ſagen ſollte, liegt im Begriffe des Sol- lens. Denn das Sollen iſt das Hinausſeyn uͤber die Schranke; die Grenze iſt in demſelben aufgehoben. — Aber umgekehrt iſt es eben ſo richtig: Du kannſt nicht, eben weil du ſollſt. Denn im Sollen liegt eben ſo ſehr die Schranke als Schranke; die Beſtimmt- heit macht die Beſtimmung aus als Inſichſeyn; aber das Inſichſeyn iſt weſentlich als das Aufgehobenſeyn dieſer Beſtimmtheit, welche doch das Inſichſeyn ſelbſt iſt, alſo die Beſtimmtheit als Nichtſeyn, als Schranke. Im Sollen beginnt uͤberhaupt der Begriff der Endlichkeit, und damit zugleich das Hinausgehen uͤber ſie, die Unendlichkeit. Das Sollen enthaͤlt dasjenige, was ſich in weiterer Entwicklung als der Progreß ins Un- endliche darſtellt, bey welchem die Natur der darin ent- haltenen unvollkommenen Identitaͤt naͤher betrachtet wer- den wird. c.) Ne-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/122>, abgerufen am 23.04.2024.