Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Quantität.
von der Gleichheit der Seiten, Winkel, der glei-
chen
Entfernung hergenommen. So bedarf der Kreis,
weil er allein auf der Gleichheit der Entfernung al-
ler in ihm möglichen Punkte von einem Mittelpunkte be-
ruht, zu seiner Bestimmung keiner Zahl. Diese auf
Gleichheit oder Ungleichheit beruhenden Bestimmungen sind
ächt geometrisch. Aber sie reichen nicht aus, und zu an-
dern z. B. Dreyeck, Viereck, ist die Zahl erforderlich, die
das An-sich-Bestimmtseyn, nicht das Bestimmtseyn
durch Hülfe eines Andern, also nicht durch Vergleichung
enthält.

Die Zahl aber enthält diese Bestimmtheit an sich,
weil das Eins ihr Princip ist. Die Raumgröße hat
zwar an dem Punkte die dem Eins entsprechende Be-
stimmtheit; der Punkt aber wird, insofern er ausser sich
kommt, ein Anderes wird, zur Linie; weil er wesentlich
nur als Eins des Raumes ist, wird er in der Beziehung,
zu einer Continuität, in der die Punktualität, das An-
sich-Bestimmtseyn, das Eins, aufgehoben ist. Insofern
das An-sich-Bestimmtseyn im Aussersichseyn sich erhalten
soll, muß die Linie als eine Menge von Eins vorgestellt
werden, und die Grenze die Bestimmung der Vie-
len
Eins in sich enthalten, d. h. die Größe der Linie --
eben so der andern Raum-Bestimmungen -- muß als
Zahl genommen werden.

Anmerkung 2.

Bekanntlich hat Pythagoras Vernunftver-
hältnisse
oder Philosopheme in Zahlen dar-
gestellt, und in neuern Zeiten ist das Rechnen als gleich
bedeutend mit dem Denken, oder wie man sich genauer
ausgedrückt hat, mit dem reinen realen Denken ge-
nommen worden. -- Auch ist in pädagogischer Rücksicht

die

Quantitaͤt.
von der Gleichheit der Seiten, Winkel, der glei-
chen
Entfernung hergenommen. So bedarf der Kreis,
weil er allein auf der Gleichheit der Entfernung al-
ler in ihm moͤglichen Punkte von einem Mittelpunkte be-
ruht, zu ſeiner Beſtimmung keiner Zahl. Dieſe auf
Gleichheit oder Ungleichheit beruhenden Beſtimmungen ſind
aͤcht geometriſch. Aber ſie reichen nicht aus, und zu an-
dern z. B. Dreyeck, Viereck, iſt die Zahl erforderlich, die
das An-ſich-Beſtimmtſeyn, nicht das Beſtimmtſeyn
durch Huͤlfe eines Andern, alſo nicht durch Vergleichung
enthaͤlt.

Die Zahl aber enthaͤlt dieſe Beſtimmtheit an ſich,
weil das Eins ihr Princip iſt. Die Raumgroͤße hat
zwar an dem Punkte die dem Eins entſprechende Be-
ſtimmtheit; der Punkt aber wird, inſofern er auſſer ſich
kommt, ein Anderes wird, zur Linie; weil er weſentlich
nur als Eins des Raumes iſt, wird er in der Beziehung,
zu einer Continuitaͤt, in der die Punktualitaͤt, das An-
ſich-Beſtimmtſeyn, das Eins, aufgehoben iſt. Inſofern
das An-ſich-Beſtimmtſeyn im Auſſerſichſeyn ſich erhalten
ſoll, muß die Linie als eine Menge von Eins vorgeſtellt
werden, und die Grenze die Beſtimmung der Vie-
len
Eins in ſich enthalten, d. h. die Groͤße der Linie —
eben ſo der andern Raum-Beſtimmungen — muß als
Zahl genommen werden.

Anmerkung 2.

Bekanntlich hat Pythagoras Vernunftver-
haͤltniſſe
oder Philoſopheme in Zahlen dar-
geſtellt, und in neuern Zeiten iſt das Rechnen als gleich
bedeutend mit dem Denken, oder wie man ſich genauer
ausgedruͤckt hat, mit dem reinen realen Denken ge-
nommen worden. — Auch iſt in paͤdagogiſcher Ruͤckſicht

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0211" n="163"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Quantita&#x0364;t</hi>.</fw><lb/>
von der <hi rendition="#g">Gleichheit</hi> der Seiten, Winkel, <hi rendition="#g">der glei-<lb/>
chen</hi> Entfernung hergenommen. So bedarf der Kreis,<lb/>
weil er allein auf der <hi rendition="#g">Gleichheit</hi> der Entfernung al-<lb/>
ler in ihm mo&#x0364;glichen Punkte von einem Mittelpunkte be-<lb/>
ruht, zu &#x017F;einer Be&#x017F;timmung keiner Zahl. Die&#x017F;e auf<lb/>
Gleichheit oder Ungleichheit beruhenden Be&#x017F;timmungen &#x017F;ind<lb/>
a&#x0364;cht geometri&#x017F;ch. Aber &#x017F;ie reichen nicht aus, und zu an-<lb/>
dern z. B. Dreyeck, Viereck, i&#x017F;t die Zahl erforderlich, die<lb/>
das An-&#x017F;ich-Be&#x017F;timmt&#x017F;eyn, nicht das Be&#x017F;timmt&#x017F;eyn<lb/>
durch Hu&#x0364;lfe eines Andern, al&#x017F;o nicht durch Vergleichung<lb/>
entha&#x0364;lt.</p><lb/>
                  <p>Die Zahl aber entha&#x0364;lt die&#x017F;e Be&#x017F;timmtheit an &#x017F;ich,<lb/>
weil das Eins ihr Princip i&#x017F;t. Die Raumgro&#x0364;ße hat<lb/>
zwar an dem Punkte die dem Eins ent&#x017F;prechende Be-<lb/>
&#x017F;timmtheit; der Punkt aber wird, in&#x017F;ofern er au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich<lb/>
kommt, ein Anderes wird, zur Linie; weil er we&#x017F;entlich<lb/>
nur als Eins des Raumes i&#x017F;t, wird er in der Beziehung,<lb/>
zu einer Continuita&#x0364;t, in der die Punktualita&#x0364;t, das An-<lb/>
&#x017F;ich-Be&#x017F;timmt&#x017F;eyn, das Eins, aufgehoben i&#x017F;t. In&#x017F;ofern<lb/>
das An-&#x017F;ich-Be&#x017F;timmt&#x017F;eyn im Au&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ich&#x017F;eyn &#x017F;ich erhalten<lb/>
&#x017F;oll, muß die Linie als eine Menge von Eins vorge&#x017F;tellt<lb/>
werden, und die <hi rendition="#g">Grenze</hi> die Be&#x017F;timmung der <hi rendition="#g">Vie-<lb/>
len</hi> Eins in &#x017F;ich enthalten, d. h. die Gro&#x0364;ße der Linie &#x2014;<lb/>
eben &#x017F;o der andern Raum-Be&#x017F;timmungen &#x2014; muß als<lb/>
Zahl genommen werden.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anmerkung</hi> 2.</hi> </head><lb/>
                  <p>Bekanntlich hat <hi rendition="#g">Pythagoras Vernunftver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e</hi> oder <hi rendition="#g">Philo&#x017F;opheme</hi> in <hi rendition="#g">Zahlen</hi> dar-<lb/>
ge&#x017F;tellt, und in neuern Zeiten i&#x017F;t das Rechnen als gleich<lb/>
bedeutend mit dem Denken, oder wie man &#x017F;ich genauer<lb/>
ausgedru&#x0364;ckt hat, mit dem reinen <hi rendition="#g">realen</hi> Denken ge-<lb/>
nommen worden. &#x2014; Auch i&#x017F;t in pa&#x0364;dagogi&#x017F;cher Ru&#x0364;ck&#x017F;icht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0211] Quantitaͤt. von der Gleichheit der Seiten, Winkel, der glei- chen Entfernung hergenommen. So bedarf der Kreis, weil er allein auf der Gleichheit der Entfernung al- ler in ihm moͤglichen Punkte von einem Mittelpunkte be- ruht, zu ſeiner Beſtimmung keiner Zahl. Dieſe auf Gleichheit oder Ungleichheit beruhenden Beſtimmungen ſind aͤcht geometriſch. Aber ſie reichen nicht aus, und zu an- dern z. B. Dreyeck, Viereck, iſt die Zahl erforderlich, die das An-ſich-Beſtimmtſeyn, nicht das Beſtimmtſeyn durch Huͤlfe eines Andern, alſo nicht durch Vergleichung enthaͤlt. Die Zahl aber enthaͤlt dieſe Beſtimmtheit an ſich, weil das Eins ihr Princip iſt. Die Raumgroͤße hat zwar an dem Punkte die dem Eins entſprechende Be- ſtimmtheit; der Punkt aber wird, inſofern er auſſer ſich kommt, ein Anderes wird, zur Linie; weil er weſentlich nur als Eins des Raumes iſt, wird er in der Beziehung, zu einer Continuitaͤt, in der die Punktualitaͤt, das An- ſich-Beſtimmtſeyn, das Eins, aufgehoben iſt. Inſofern das An-ſich-Beſtimmtſeyn im Auſſerſichſeyn ſich erhalten ſoll, muß die Linie als eine Menge von Eins vorgeſtellt werden, und die Grenze die Beſtimmung der Vie- len Eins in ſich enthalten, d. h. die Groͤße der Linie — eben ſo der andern Raum-Beſtimmungen — muß als Zahl genommen werden. Anmerkung 2. Bekanntlich hat Pythagoras Vernunftver- haͤltniſſe oder Philoſopheme in Zahlen dar- geſtellt, und in neuern Zeiten iſt das Rechnen als gleich bedeutend mit dem Denken, oder wie man ſich genauer ausgedruͤckt hat, mit dem reinen realen Denken ge- nommen worden. — Auch iſt in paͤdagogiſcher Ruͤckſicht die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/211
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/211>, abgerufen am 29.03.2024.