Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch. III. Abschnitt.
seyn; es ist ihre negative Beziehung, durch
welche sie eins sind.

Anmerkung.

Diß Verhältniß eines Ganzen, das seine Be-
stimmtheit an dem Größenunterschiede qualitativ gegen
einander bestimmter Factoren haben soll, wird zum Bey-
spiel bey der elliptischen Bewegung der Himmelskörper
gebraucht. In dieser Bewegung beschleunigt sich ihre
Geschwindigkeit, indem sie sich dem Perihelium, und sie
vermindert sich, indem sie sich dem Aphelium nähern.
Zur sogenannten Erklärung dieses Phänomens werden
eine Centripetal- und Centrifugalkraft, als
qualitative Momente der Bewegung in der krummen Li-
nie angenommen. Ihr qualitativer Unterschied besteht in
der Verschiedenheit der Richtung. In quantitativer
Rücksicht werden sie als ungleich und entgegengesetzt be-
stimmt, daß wie die eine zu, die andere abnehmen soll,
und umgekehrt, und zugleich daß auch das Verhältniß
derselben wieder umschlage, daß nachdem die Centripetal-
kraft eine Zeitlang zugenommen, die Centrifugalkraft aber
abgenommen, ein Punkt eintrete, wo die Centripetal-
kraft ab-, die Centrifugalkraft aber zunehme. Ich habe
in einer frühern Dissertation diesen Gegenstand beleuch-
tet, und das Nichtige dieser Unterscheidung und der dar-
auf gebauten Erklärungen dargethan. Die nähere Be-
trachtung zeigt leicht, daß überhaupt in den Operatio-
nen und Formeln, welche auf jene Unterscheidung gebaut
werden, in der That nicht eine quantitative Verschieden-
heit dieser Momente vorkommt, sondern vielmehr nur im-
mer das Ganze, die Geschwindigkeit der Bewegung,
das in Rede stehende ist; so daß, was sich als Größe der
Wirkung des einen Factors ergibt, eben so sehr Größe
des andern, so wie gleichfalls die Größe des Ganzen ist.

Weil

Erſtes Buch. III. Abſchnitt.
ſeyn; es iſt ihre negative Beziehung, durch
welche ſie eins ſind.

Anmerkung.

Diß Verhaͤltniß eines Ganzen, das ſeine Be-
ſtimmtheit an dem Groͤßenunterſchiede qualitativ gegen
einander beſtimmter Factoren haben ſoll, wird zum Bey-
ſpiel bey der elliptiſchen Bewegung der Himmelskoͤrper
gebraucht. In dieſer Bewegung beſchleunigt ſich ihre
Geſchwindigkeit, indem ſie ſich dem Perihelium, und ſie
vermindert ſich, indem ſie ſich dem Aphelium naͤhern.
Zur ſogenannten Erklaͤrung dieſes Phaͤnomens werden
eine Centripetal- und Centrifugalkraft, als
qualitative Momente der Bewegung in der krummen Li-
nie angenommen. Ihr qualitativer Unterſchied beſteht in
der Verſchiedenheit der Richtung. In quantitativer
Ruͤckſicht werden ſie als ungleich und entgegengeſetzt be-
ſtimmt, daß wie die eine zu, die andere abnehmen ſoll,
und umgekehrt, und zugleich daß auch das Verhaͤltniß
derſelben wieder umſchlage, daß nachdem die Centripetal-
kraft eine Zeitlang zugenommen, die Centrifugalkraft aber
abgenommen, ein Punkt eintrete, wo die Centripetal-
kraft ab-, die Centrifugalkraft aber zunehme. Ich habe
in einer fruͤhern Diſſertation dieſen Gegenſtand beleuch-
tet, und das Nichtige dieſer Unterſcheidung und der dar-
auf gebauten Erklaͤrungen dargethan. Die naͤhere Be-
trachtung zeigt leicht, daß uͤberhaupt in den Operatio-
nen und Formeln, welche auf jene Unterſcheidung gebaut
werden, in der That nicht eine quantitative Verſchieden-
heit dieſer Momente vorkommt, ſondern vielmehr nur im-
mer das Ganze, die Geſchwindigkeit der Bewegung,
das in Rede ſtehende iſt; ſo daß, was ſich als Groͤße der
Wirkung des einen Factors ergibt, eben ſo ſehr Groͤße
des andern, ſo wie gleichfalls die Groͤße des Ganzen iſt.

Weil
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0376" n="328"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt</hi>.</fw><lb/><hi rendition="#g">&#x017F;eyn</hi>; es i&#x017F;t <hi rendition="#g">ihre negative Beziehung</hi>, durch<lb/>
welche &#x017F;ie eins &#x017F;ind.</p><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>.</hi> </head><lb/>
                  <p>Diß <hi rendition="#g">Verha&#x0364;ltniß</hi> eines Ganzen, das &#x017F;eine Be-<lb/>
&#x017F;timmtheit an dem Gro&#x0364;ßenunter&#x017F;chiede qualitativ gegen<lb/>
einander be&#x017F;timmter Factoren haben &#x017F;oll, wird zum Bey-<lb/>
&#x017F;piel bey der ellipti&#x017F;chen Bewegung der Himmelsko&#x0364;rper<lb/>
gebraucht. In die&#x017F;er Bewegung be&#x017F;chleunigt &#x017F;ich ihre<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit, indem &#x017F;ie &#x017F;ich dem Perihelium, und &#x017F;ie<lb/>
vermindert &#x017F;ich, indem &#x017F;ie &#x017F;ich dem Aphelium na&#x0364;hern.<lb/>
Zur &#x017F;ogenannten Erkla&#x0364;rung die&#x017F;es Pha&#x0364;nomens werden<lb/>
eine <hi rendition="#g">Centripetal</hi>- und <hi rendition="#g">Centrifugalkraft</hi>, als<lb/>
qualitative Momente der Bewegung in der krummen Li-<lb/>
nie angenommen. Ihr qualitativer Unter&#x017F;chied be&#x017F;teht in<lb/>
der Ver&#x017F;chiedenheit der Richtung. In quantitativer<lb/>
Ru&#x0364;ck&#x017F;icht werden &#x017F;ie als ungleich und entgegenge&#x017F;etzt be-<lb/>
&#x017F;timmt, daß wie die eine zu, die andere abnehmen &#x017F;oll,<lb/>
und umgekehrt, und zugleich daß auch das Verha&#x0364;ltniß<lb/>
der&#x017F;elben wieder um&#x017F;chlage, daß nachdem die Centripetal-<lb/>
kraft eine Zeitlang zugenommen, die Centrifugalkraft aber<lb/>
abgenommen, ein Punkt eintrete, wo die Centripetal-<lb/>
kraft ab-, die Centrifugalkraft aber zunehme. Ich habe<lb/>
in einer fru&#x0364;hern Di&#x017F;&#x017F;ertation die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand beleuch-<lb/>
tet, und das Nichtige die&#x017F;er Unter&#x017F;cheidung und der dar-<lb/>
auf gebauten Erkla&#x0364;rungen dargethan. Die na&#x0364;here Be-<lb/>
trachtung zeigt leicht, daß u&#x0364;berhaupt in den Operatio-<lb/>
nen und Formeln, welche auf jene Unter&#x017F;cheidung gebaut<lb/>
werden, in der That nicht eine quantitative Ver&#x017F;chieden-<lb/>
heit die&#x017F;er Momente vorkommt, &#x017F;ondern vielmehr nur im-<lb/>
mer <hi rendition="#g">das Ganze</hi>, die Ge&#x017F;chwindigkeit der Bewegung,<lb/>
das in Rede &#x017F;tehende i&#x017F;t; &#x017F;o daß, was &#x017F;ich als Gro&#x0364;ße der<lb/>
Wirkung des einen Factors ergibt, eben &#x017F;o &#x017F;ehr Gro&#x0364;ße<lb/>
des andern, &#x017F;o wie gleichfalls die Gro&#x0364;ße des Ganzen i&#x017F;t.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Weil</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0376] Erſtes Buch. III. Abſchnitt. ſeyn; es iſt ihre negative Beziehung, durch welche ſie eins ſind. Anmerkung. Diß Verhaͤltniß eines Ganzen, das ſeine Be- ſtimmtheit an dem Groͤßenunterſchiede qualitativ gegen einander beſtimmter Factoren haben ſoll, wird zum Bey- ſpiel bey der elliptiſchen Bewegung der Himmelskoͤrper gebraucht. In dieſer Bewegung beſchleunigt ſich ihre Geſchwindigkeit, indem ſie ſich dem Perihelium, und ſie vermindert ſich, indem ſie ſich dem Aphelium naͤhern. Zur ſogenannten Erklaͤrung dieſes Phaͤnomens werden eine Centripetal- und Centrifugalkraft, als qualitative Momente der Bewegung in der krummen Li- nie angenommen. Ihr qualitativer Unterſchied beſteht in der Verſchiedenheit der Richtung. In quantitativer Ruͤckſicht werden ſie als ungleich und entgegengeſetzt be- ſtimmt, daß wie die eine zu, die andere abnehmen ſoll, und umgekehrt, und zugleich daß auch das Verhaͤltniß derſelben wieder umſchlage, daß nachdem die Centripetal- kraft eine Zeitlang zugenommen, die Centrifugalkraft aber abgenommen, ein Punkt eintrete, wo die Centripetal- kraft ab-, die Centrifugalkraft aber zunehme. Ich habe in einer fruͤhern Diſſertation dieſen Gegenſtand beleuch- tet, und das Nichtige dieſer Unterſcheidung und der dar- auf gebauten Erklaͤrungen dargethan. Die naͤhere Be- trachtung zeigt leicht, daß uͤberhaupt in den Operatio- nen und Formeln, welche auf jene Unterſcheidung gebaut werden, in der That nicht eine quantitative Verſchieden- heit dieſer Momente vorkommt, ſondern vielmehr nur im- mer das Ganze, die Geſchwindigkeit der Bewegung, das in Rede ſtehende iſt; ſo daß, was ſich als Groͤße der Wirkung des einen Factors ergibt, eben ſo ſehr Groͤße des andern, ſo wie gleichfalls die Groͤße des Ganzen iſt. Weil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/376
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/376>, abgerufen am 28.03.2024.