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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Erstes Buch. I. Abschnitt.
Verhältniß annimmt, so daß die eine zunehme, wie die an-
dere abnehme, so soll die Erscheinung und deren Ungleichheit
erst aus ihnen resultiren. Man braucht aber nur die
nächste beste Darstellung einer Erscheinung, z. B. die
ungleiche Geschwindigkeit, die ein Planet in seiner Bahn
um seinen Centralkörper hat, aus dem Gegensatze jener
Kräfte, vor sich nehmen, so erkennt man bald die Ver-
wirrung, die darin herrscht, und die Unmöglichkeit, die
Größen derselben auseinander zu bringen, so daß immer
eben so gut diejenige als zunehmend anzunehmen ist, wel-
che in der Erklärung als abnehmend angenommen wird,
und umgekehrt.

3.
Uebergang zur Quantität.

Das Qualitative hat zu seiner Grundbestimmung
das Seyn und die Unmittelbarkeit, in welcher das Seyn
und Nichts eins ist; die Grenze und die Bestimmtheit ist
mit dem Seyn des Etwas so identisch, daß mit ihrer Ver-
änderung dieses selbst verschwindet. Um der Unmittel-
barkeit dieser Einheit willen, worin der Unterschied ver-
schwunden ist, der aber an sich darin in der Einheit
des Seyns und Nichts, vorhanden ist, fällt er als
das Andersseyn ausser jener Einheit. Diese Bezie-
hung auf Anderes aber widerspricht der Unmittelbarkeit,
in der die qualitative Bestimmtheit ist. Sie hebt diß
Andersseyn, hebt sich in der Unendlichkeit des Fürsich-
seyns auf, welches die Beziehung des Bestimmtseyns auf
sich selbst, das Bestimmtseyn an sich ist.

In dieser Gleichheit mit sich hat das Qualitative,
welches das Andre zunächst als ein Aeusseres hatte, sich
zu seiner wahrhaften Einheit erhoben. Aber seine Be-
stimmtheit, die Unmittelbarkeit, ist zugleich verschwunden.

Das

Erſtes Buch. I. Abſchnitt.
Verhaͤltniß annimmt, ſo daß die eine zunehme, wie die an-
dere abnehme, ſo ſoll die Erſcheinung und deren Ungleichheit
erſt aus ihnen reſultiren. Man braucht aber nur die
naͤchſte beſte Darſtellung einer Erſcheinung, z. B. die
ungleiche Geſchwindigkeit, die ein Planet in ſeiner Bahn
um ſeinen Centralkoͤrper hat, aus dem Gegenſatze jener
Kraͤfte, vor ſich nehmen, ſo erkennt man bald die Ver-
wirrung, die darin herrſcht, und die Unmoͤglichkeit, die
Groͤßen derſelben auseinander zu bringen, ſo daß immer
eben ſo gut diejenige als zunehmend anzunehmen iſt, wel-
che in der Erklaͤrung als abnehmend angenommen wird,
und umgekehrt.

3.
Uebergang zur Quantitaͤt.

Das Qualitative hat zu ſeiner Grundbeſtimmung
das Seyn und die Unmittelbarkeit, in welcher das Seyn
und Nichts eins iſt; die Grenze und die Beſtimmtheit iſt
mit dem Seyn des Etwas ſo identiſch, daß mit ihrer Ver-
aͤnderung dieſes ſelbſt verſchwindet. Um der Unmittel-
barkeit dieſer Einheit willen, worin der Unterſchied ver-
ſchwunden iſt, der aber an ſich darin in der Einheit
des Seyns und Nichts, vorhanden iſt, faͤllt er als
das Andersſeyn auſſer jener Einheit. Dieſe Bezie-
hung auf Anderes aber widerſpricht der Unmittelbarkeit,
in der die qualitative Beſtimmtheit iſt. Sie hebt diß
Andersſeyn, hebt ſich in der Unendlichkeit des Fuͤrſich-
ſeyns auf, welches die Beziehung des Beſtimmtſeyns auf
ſich ſelbſt, das Beſtimmtſeyn an ſich iſt.

In dieſer Gleichheit mit ſich hat das Qualitative,
welches das Andre zunaͤchſt als ein Aeuſſeres hatte, ſich
zu ſeiner wahrhaften Einheit erhoben. Aber ſeine Be-
ſtimmtheit, die Unmittelbarkeit, iſt zugleich verſchwunden.

Das
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[128/0176] Erſtes Buch. I. Abſchnitt. Verhaͤltniß annimmt, ſo daß die eine zunehme, wie die an- dere abnehme, ſo ſoll die Erſcheinung und deren Ungleichheit erſt aus ihnen reſultiren. Man braucht aber nur die naͤchſte beſte Darſtellung einer Erſcheinung, z. B. die ungleiche Geſchwindigkeit, die ein Planet in ſeiner Bahn um ſeinen Centralkoͤrper hat, aus dem Gegenſatze jener Kraͤfte, vor ſich nehmen, ſo erkennt man bald die Ver- wirrung, die darin herrſcht, und die Unmoͤglichkeit, die Groͤßen derſelben auseinander zu bringen, ſo daß immer eben ſo gut diejenige als zunehmend anzunehmen iſt, wel- che in der Erklaͤrung als abnehmend angenommen wird, und umgekehrt. 3. Uebergang zur Quantitaͤt. Das Qualitative hat zu ſeiner Grundbeſtimmung das Seyn und die Unmittelbarkeit, in welcher das Seyn und Nichts eins iſt; die Grenze und die Beſtimmtheit iſt mit dem Seyn des Etwas ſo identiſch, daß mit ihrer Ver- aͤnderung dieſes ſelbſt verſchwindet. Um der Unmittel- barkeit dieſer Einheit willen, worin der Unterſchied ver- ſchwunden iſt, der aber an ſich darin in der Einheit des Seyns und Nichts, vorhanden iſt, faͤllt er als das Andersſeyn auſſer jener Einheit. Dieſe Bezie- hung auf Anderes aber widerſpricht der Unmittelbarkeit, in der die qualitative Beſtimmtheit iſt. Sie hebt diß Andersſeyn, hebt ſich in der Unendlichkeit des Fuͤrſich- ſeyns auf, welches die Beziehung des Beſtimmtſeyns auf ſich ſelbſt, das Beſtimmtſeyn an ſich iſt. In dieſer Gleichheit mit ſich hat das Qualitative, welches das Andre zunaͤchſt als ein Aeuſſeres hatte, ſich zu ſeiner wahrhaften Einheit erhoben. Aber ſeine Be- ſtimmtheit, die Unmittelbarkeit, iſt zugleich verſchwunden. Das

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/176>, abgerufen am 25.04.2024.