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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

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Das Wesen.
ist im Negiren das Negiren dieses ihres Negirens. Sie
ist aber unmittelbar damit eben so Setzen, Aufheben
des ihr negativen Unmittelbaren, und dieses, von dem sie
als von einem Fremden anzufangen schien, ist erst in
diesem ihrem Anfangen. Das Unmittelbare ist auf diese
Weise nicht nur an sich, das hiesse für uns oder in der
äussern Reflexion, dasselbe was die Reflexion ist, son-
dern es ist gesetzt, daß es dasselbe ist. Es ist nemlich
durch die Reflexion als ihr Negatives oder als ihr Ande-
res bestimmt, aber sie ist es selbst, welche dieses Bestim-
men negirt. -- Es ist damit die Aeusserlichkeit der Re-
flexion gegen das Unmittelbare aufgehoben; ihr sich selbst
negirendes Setzen ist das Zusammengehen ihrer mit ihrem
Negativen, mit dem Unmittelbaren und dieses Zu-
sammengehen ist die wesentliche Unmittelbarkeit selbst. --
Es ist also vorhanden, daß die äussere Reflexion nicht
äussere, sondern eben so sehr immanente Reflexion der
Unmittelbarkeit selbst ist; oder daß das was durch die
setzende Reflexion ist, das an und für sich seyende We-
sen ist. So ist sie bestimmende Reflexion.

Anmerkung.

Die Reflexion wird gewöhnlicher Weise in subjecti-
vem Sinne genommen, als die Bewegung der Urtheils-
kraft, die über eine gegebene unmittelbare Vorstellung
hinausgeht, und allgemeine Bestimmungen für dieselbe
sucht oder damit vergleicht. Kant setzt die reflecti-
rende Urtheilskraft,
der bestimmenden Ur-
theilskraft
entgegen. (Kritik der Urtheilskraft. Ein-
leit. S. XXIII. f.) Er definirt die Urtheilskraft über-
haupt als das Vermögen, das Besondere als ent-
halten unter dem Allgemeinen zu denken.
Ist das Allgemeine
(die Regel, das Princip, das
Gesetz) gegeben, so ist die Urtheilskraft, welche das

Beson-

Das Weſen.
iſt im Negiren das Negiren dieſes ihres Negirens. Sie
iſt aber unmittelbar damit eben ſo Setzen, Aufheben
des ihr negativen Unmittelbaren, und dieſes, von dem ſie
als von einem Fremden anzufangen ſchien, iſt erſt in
dieſem ihrem Anfangen. Das Unmittelbare iſt auf dieſe
Weiſe nicht nur an ſich, das hieſſe fuͤr uns oder in der
aͤuſſern Reflexion, daſſelbe was die Reflexion iſt, ſon-
dern es iſt geſetzt, daß es daſſelbe iſt. Es iſt nemlich
durch die Reflexion als ihr Negatives oder als ihr Ande-
res beſtimmt, aber ſie iſt es ſelbſt, welche dieſes Beſtim-
men negirt. — Es iſt damit die Aeuſſerlichkeit der Re-
flexion gegen das Unmittelbare aufgehoben; ihr ſich ſelbſt
negirendes Setzen iſt das Zuſammengehen ihrer mit ihrem
Negativen, mit dem Unmittelbaren und dieſes Zu-
ſammengehen iſt die weſentliche Unmittelbarkeit ſelbſt. —
Es iſt alſo vorhanden, daß die aͤuſſere Reflexion nicht
aͤuſſere, ſondern eben ſo ſehr immanente Reflexion der
Unmittelbarkeit ſelbſt iſt; oder daß das was durch die
ſetzende Reflexion iſt, das an und fuͤr ſich ſeyende We-
ſen iſt. So iſt ſie beſtimmende Reflexion.

Anmerkung.

Die Reflexion wird gewoͤhnlicher Weiſe in ſubjecti-
vem Sinne genommen, als die Bewegung der Urtheils-
kraft, die uͤber eine gegebene unmittelbare Vorſtellung
hinausgeht, und allgemeine Beſtimmungen fuͤr dieſelbe
ſucht oder damit vergleicht. Kant ſetzt die reflecti-
rende Urtheilskraft,
der beſtimmenden Ur-
theilskraft
entgegen. (Kritik der Urtheilskraft. Ein-
leit. S. XXIII. f.) Er definirt die Urtheilskraft uͤber-
haupt als das Vermoͤgen, das Beſondere als ent-
halten unter dem Allgemeinen zu denken.
Iſt das Allgemeine
(die Regel, das Princip, das
Geſetz) gegeben, ſo iſt die Urtheilskraft, welche das

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[23/0035] Das Weſen. iſt im Negiren das Negiren dieſes ihres Negirens. Sie iſt aber unmittelbar damit eben ſo Setzen, Aufheben des ihr negativen Unmittelbaren, und dieſes, von dem ſie als von einem Fremden anzufangen ſchien, iſt erſt in dieſem ihrem Anfangen. Das Unmittelbare iſt auf dieſe Weiſe nicht nur an ſich, das hieſſe fuͤr uns oder in der aͤuſſern Reflexion, daſſelbe was die Reflexion iſt, ſon- dern es iſt geſetzt, daß es daſſelbe iſt. Es iſt nemlich durch die Reflexion als ihr Negatives oder als ihr Ande- res beſtimmt, aber ſie iſt es ſelbſt, welche dieſes Beſtim- men negirt. — Es iſt damit die Aeuſſerlichkeit der Re- flexion gegen das Unmittelbare aufgehoben; ihr ſich ſelbſt negirendes Setzen iſt das Zuſammengehen ihrer mit ihrem Negativen, mit dem Unmittelbaren und dieſes Zu- ſammengehen iſt die weſentliche Unmittelbarkeit ſelbſt. — Es iſt alſo vorhanden, daß die aͤuſſere Reflexion nicht aͤuſſere, ſondern eben ſo ſehr immanente Reflexion der Unmittelbarkeit ſelbſt iſt; oder daß das was durch die ſetzende Reflexion iſt, das an und fuͤr ſich ſeyende We- ſen iſt. So iſt ſie beſtimmende Reflexion. Anmerkung. Die Reflexion wird gewoͤhnlicher Weiſe in ſubjecti- vem Sinne genommen, als die Bewegung der Urtheils- kraft, die uͤber eine gegebene unmittelbare Vorſtellung hinausgeht, und allgemeine Beſtimmungen fuͤr dieſelbe ſucht oder damit vergleicht. Kant ſetzt die reflecti- rende Urtheilskraft, der beſtimmenden Ur- theilskraft entgegen. (Kritik der Urtheilskraft. Ein- leit. S. XXIII. f.) Er definirt die Urtheilskraft uͤber- haupt als das Vermoͤgen, das Beſondere als ent- halten unter dem Allgemeinen zu denken. Iſt das Allgemeine (die Regel, das Princip, das Geſetz) gegeben, ſo iſt die Urtheilskraft, welche das Beſon-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/35>, abgerufen am 29.03.2024.