Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Kapitel. Der Chemismus.
C.
Uebergang des Chemismus.

Die gewöhnliche Chemie schon zeigt Beyspiele von
chemischen Veränderungen, worin ein Körper z. B. einem
Theil seiner Masse eine höhere Oxydation zutheilt, und
dadurch einen andern Theil in einen geringern Grad
derselben herabsetzt, in welchem er erst mit einem an
ihn gebrachten andern differenten Körper eine neutrale
Verbindung eingehen kann, für die er in jenem ersten
unmittelbaren Grade nicht empfänglich gewesen wäre.
Was hier geschieht, ist, daß sich das Object nicht nach ei-
ner unmittelbaren, einseitigen Bestimmtheit auf ein an-
deres bezieht, sondern nach der innern Totalität eines
ursprünglichen Verhältnisses die Voraussetzung,
deren es zu einer realen Beziehung bedarf, setzt, und
dadurch sich eine Mitte gibt, durch welche es seinen
Begriff mit seiner Realität zusammenschließt; es ist die
an und für sich bestimmte Einzelnheit, der concrete Be-
griff als Princip der Disjunction in Extreme, de-
ren Wiedervereinigung die Thätigkeit dessel-
ben
negativen Princips ist, das dadurch zu seiner er-
sten Bestimmung, aber objectivirt zurückkehrt.

Der Chemismus selbst ist die erste Negation
der gleichgültigen Objectivität, und der Aeusser-
lichkeit
der Bestimmtheit; er ist also noch mit der
unmittelbaren Selbstständigkeit des Objects und mit der
Aeusserlichkeit behaftet. Er ist daher für sich noch
nicht jene Totalität der Selbstbestimmung, welche aus
ihm hervorgeht, und in welcher er sich vielmehr auf-
hebt. -- Die drey Schlüsse, welche sich ergeben haben,
machen seine Totalität aus; der erste hat zur Mitte die
formale Neutralität und zu den Extremen die gespannten
Objecte, der zweyte hat das Product des ersten, die

reelle
II. Kapitel. Der Chemismus.
C.
Uebergang des Chemismus.

Die gewoͤhnliche Chemie ſchon zeigt Beyſpiele von
chemiſchen Veraͤnderungen, worin ein Koͤrper z. B. einem
Theil ſeiner Maſſe eine hoͤhere Oxydation zutheilt, und
dadurch einen andern Theil in einen geringern Grad
derſelben herabſetzt, in welchem er erſt mit einem an
ihn gebrachten andern differenten Koͤrper eine neutrale
Verbindung eingehen kann, fuͤr die er in jenem erſten
unmittelbaren Grade nicht empfaͤnglich geweſen waͤre.
Was hier geſchieht, iſt, daß ſich das Object nicht nach ei-
ner unmittelbaren, einſeitigen Beſtimmtheit auf ein an-
deres bezieht, ſondern nach der innern Totalitaͤt eines
urſpruͤnglichen Verhaͤltniſſes die Vorausſetzung,
deren es zu einer realen Beziehung bedarf, ſetzt, und
dadurch ſich eine Mitte gibt, durch welche es ſeinen
Begriff mit ſeiner Realitaͤt zuſammenſchließt; es iſt die
an und fuͤr ſich beſtimmte Einzelnheit, der concrete Be-
griff als Princip der Disjunction in Extreme, de-
ren Wiedervereinigung die Thaͤtigkeit deſſel-
ben
negativen Princips iſt, das dadurch zu ſeiner er-
ſten Beſtimmung, aber objectivirt zuruͤckkehrt.

Der Chemismus ſelbſt iſt die erſte Negation
der gleichguͤltigen Objectivitaͤt, und der Aeuſſer-
lichkeit
der Beſtimmtheit; er iſt alſo noch mit der
unmittelbaren Selbſtſtaͤndigkeit des Objects und mit der
Aeuſſerlichkeit behaftet. Er iſt daher fuͤr ſich noch
nicht jene Totalitaͤt der Selbſtbeſtimmung, welche aus
ihm hervorgeht, und in welcher er ſich vielmehr auf-
hebt. — Die drey Schluͤſſe, welche ſich ergeben haben,
machen ſeine Totalitaͤt aus; der erſte hat zur Mitte die
formale Neutralitaͤt und zu den Extremen die geſpannten
Objecte, der zweyte hat das Product des erſten, die

reelle
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0251" n="233"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Kapitel. Der Chemismus</hi>.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#aq">C.</hi><lb/><hi rendition="#g">Uebergang des Chemismus</hi>.</head><lb/>
              <p>Die gewo&#x0364;hnliche Chemie &#x017F;chon zeigt Bey&#x017F;piele von<lb/>
chemi&#x017F;chen Vera&#x0364;nderungen, worin ein Ko&#x0364;rper z. B. einem<lb/>
Theil &#x017F;einer Ma&#x017F;&#x017F;e eine ho&#x0364;here Oxydation zutheilt, und<lb/>
dadurch einen andern Theil in einen geringern Grad<lb/>
der&#x017F;elben herab&#x017F;etzt, in welchem er er&#x017F;t mit einem an<lb/>
ihn gebrachten andern differenten Ko&#x0364;rper eine neutrale<lb/>
Verbindung eingehen kann, fu&#x0364;r die er in jenem er&#x017F;ten<lb/>
unmittelbaren Grade nicht empfa&#x0364;nglich gewe&#x017F;en wa&#x0364;re.<lb/>
Was hier ge&#x017F;chieht, i&#x017F;t, daß &#x017F;ich das Object nicht nach ei-<lb/>
ner unmittelbaren, ein&#x017F;eitigen Be&#x017F;timmtheit auf ein an-<lb/>
deres bezieht, &#x017F;ondern nach der innern Totalita&#x0364;t eines<lb/>
ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen <hi rendition="#g">Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es</hi> die <hi rendition="#g">Voraus&#x017F;etzung</hi>,<lb/>
deren es zu einer realen Beziehung bedarf, <hi rendition="#g">&#x017F;etzt</hi>, und<lb/>
dadurch &#x017F;ich eine Mitte gibt, durch welche es &#x017F;einen<lb/>
Begriff mit &#x017F;einer Realita&#x0364;t zu&#x017F;ammen&#x017F;chließt; es i&#x017F;t die<lb/>
an und fu&#x0364;r &#x017F;ich be&#x017F;timmte Einzelnheit, der concrete Be-<lb/>
griff als Princip der <hi rendition="#g">Disjunction</hi> in Extreme, de-<lb/>
ren <hi rendition="#g">Wiedervereinigung</hi> die Tha&#x0364;tigkeit <hi rendition="#g">de&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ben</hi> negativen Princips i&#x017F;t, das dadurch zu &#x017F;einer er-<lb/>
&#x017F;ten Be&#x017F;timmung, aber <hi rendition="#g">objectivirt</hi> zuru&#x0364;ckkehrt.</p><lb/>
              <p>Der Chemismus &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t <hi rendition="#g">die er&#x017F;te Negation</hi><lb/>
der <hi rendition="#g">gleichgu&#x0364;ltigen</hi> Objectivita&#x0364;t, und der <hi rendition="#g">Aeu&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
lichkeit</hi> der Be&#x017F;timmtheit; er i&#x017F;t al&#x017F;o noch mit der<lb/>
unmittelbaren Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit des Objects und mit der<lb/>
Aeu&#x017F;&#x017F;erlichkeit behaftet. Er i&#x017F;t daher fu&#x0364;r &#x017F;ich noch<lb/>
nicht jene Totalita&#x0364;t der Selb&#x017F;tbe&#x017F;timmung, welche aus<lb/>
ihm hervorgeht, und in welcher er &#x017F;ich vielmehr auf-<lb/>
hebt. &#x2014; Die drey Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, welche &#x017F;ich ergeben haben,<lb/>
machen &#x017F;eine Totalita&#x0364;t aus; der er&#x017F;te hat zur Mitte die<lb/>
formale Neutralita&#x0364;t und zu den Extremen die ge&#x017F;pannten<lb/>
Objecte, der zweyte hat das Product des er&#x017F;ten, die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">reelle</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0251] II. Kapitel. Der Chemismus. C. Uebergang des Chemismus. Die gewoͤhnliche Chemie ſchon zeigt Beyſpiele von chemiſchen Veraͤnderungen, worin ein Koͤrper z. B. einem Theil ſeiner Maſſe eine hoͤhere Oxydation zutheilt, und dadurch einen andern Theil in einen geringern Grad derſelben herabſetzt, in welchem er erſt mit einem an ihn gebrachten andern differenten Koͤrper eine neutrale Verbindung eingehen kann, fuͤr die er in jenem erſten unmittelbaren Grade nicht empfaͤnglich geweſen waͤre. Was hier geſchieht, iſt, daß ſich das Object nicht nach ei- ner unmittelbaren, einſeitigen Beſtimmtheit auf ein an- deres bezieht, ſondern nach der innern Totalitaͤt eines urſpruͤnglichen Verhaͤltniſſes die Vorausſetzung, deren es zu einer realen Beziehung bedarf, ſetzt, und dadurch ſich eine Mitte gibt, durch welche es ſeinen Begriff mit ſeiner Realitaͤt zuſammenſchließt; es iſt die an und fuͤr ſich beſtimmte Einzelnheit, der concrete Be- griff als Princip der Disjunction in Extreme, de- ren Wiedervereinigung die Thaͤtigkeit deſſel- ben negativen Princips iſt, das dadurch zu ſeiner er- ſten Beſtimmung, aber objectivirt zuruͤckkehrt. Der Chemismus ſelbſt iſt die erſte Negation der gleichguͤltigen Objectivitaͤt, und der Aeuſſer- lichkeit der Beſtimmtheit; er iſt alſo noch mit der unmittelbaren Selbſtſtaͤndigkeit des Objects und mit der Aeuſſerlichkeit behaftet. Er iſt daher fuͤr ſich noch nicht jene Totalitaͤt der Selbſtbeſtimmung, welche aus ihm hervorgeht, und in welcher er ſich vielmehr auf- hebt. — Die drey Schluͤſſe, welche ſich ergeben haben, machen ſeine Totalitaͤt aus; der erſte hat zur Mitte die formale Neutralitaͤt und zu den Extremen die geſpannten Objecte, der zweyte hat das Product des erſten, die reelle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/251
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/251>, abgerufen am 19.04.2024.