Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

I.
Die Welt des sich entfremdeten Geistes.


Die Welt dieses Geistes zerfällt in die gedoppelte;
die erste ist die Welt der Wirklichkeit oder seiner
Entfremdung selbst; die andre aber die, welche er,
über die erste sich erhebend, im Aether des reinen
Bewusstseyns sich erbaut. Diese, jener Entfrem-
dung entgegengesetzt, ist eben darum nicht frey da-
von, sondern vielmehr nur die andre Form der
Entfremdung, welche eben darin besteht, in zweyer-
ley Welten das Bewusstseyn zu haben, und beyde
umfasst. Es ist also nicht das Selbstbewusstseyn
des absoluten Wesens, wie es an und für sich ist,
nicht die Religion, welche hier betrachtet wird,
sondern der Glauben, insofern er die Flucht aus der
wirklichen Welt und also nicht an und für sich ist.
Diese Flucht aus dem Reiche der Gegenwart ist da-
her an ihr selbst unmittelbar die gedoppelte. Das
reine Bewusstseyn ist das Element, in welches der
Geist sich erhebt; aber es ist nicht nur das Element
des Glaubens, sondern ebenso des Begriffs; beyde
treten daher zugleich miteinander ein, und jener
kömmt nur in Betracht im Gegensatze gegen diesen.



I.
Die Welt des sich entfremdeten Geistes.


Die Welt dieses Geistes zerfällt in die gedoppelte;
die erste ist die Welt der Wirklichkeit oder seiner
Entfremdung selbst; die andre aber die, welche er,
über die erste sich erhebend, im Aether des reinen
Bewuſstseyns sich erbaut. Diese, jener Entfrem-
dung entgegengesetzt, ist eben darum nicht frey da-
von, sondern vielmehr nur die andre Form der
Entfremdung, welche eben darin besteht, in zweyer-
ley Welten das Bewuſstseyn zu haben, und beyde
umfaſst. Es ist also nicht das Selbstbewuſstseyn
des absoluten Wesens, wie es an und für sich ist,
nicht die Religion, welche hier betrachtet wird,
sondern der Glauben, insofern er die Flucht aus der
wirklichen Welt und also nicht an und für sich ist.
Diese Flucht aus dem Reiche der Gegenwart ist da-
her an ihr selbst unmittelbar die gedoppelte. Das
reine Bewuſstseyn ist das Element, in welches der
Geist sich erhebt; aber es ist nicht nur das Element
des Glaubens, sondern ebenso des Begriffs; beyde
treten daher zugleich miteinander ein, und jener
kömmt nur in Betracht im Gegensatze gegen diesen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0543" n="434"/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head>I.<lb/>
Die Welt des sich entfremdeten Geistes.</head><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Welt dieses Geistes zerfällt in die gedoppelte;<lb/>
die erste ist die Welt der Wirklichkeit oder seiner<lb/>
Entfremdung selbst; die andre aber die, welche er,<lb/>
über die erste sich erhebend, im Aether des reinen<lb/>
Bewu&#x017F;stseyns sich erbaut. Diese, jener Entfrem-<lb/>
dung <hi rendition="#i">entgegengesetzt</hi>, ist eben darum nicht frey da-<lb/>
von, sondern vielmehr nur die andre Form der<lb/>
Entfremdung, welche eben darin besteht, in zweyer-<lb/>
ley Welten das Bewu&#x017F;stseyn zu haben, und beyde<lb/>
umfa&#x017F;st. Es ist also nicht das Selbstbewu&#x017F;stseyn<lb/>
des absoluten Wesens, wie es <hi rendition="#i">an</hi> und <hi rendition="#i">für sich</hi> ist,<lb/>
nicht die Religion, welche hier betrachtet wird,<lb/>
sondern der <hi rendition="#i">Glauben</hi>, insofern er die <hi rendition="#i">Flucht</hi> aus der<lb/>
wirklichen Welt und also nicht <hi rendition="#i">an</hi> und <hi rendition="#i">für sich</hi> ist.<lb/>
Diese Flucht aus dem Reiche der Gegenwart ist da-<lb/>
her an ihr selbst unmittelbar die gedoppelte. Das<lb/>
reine Bewu&#x017F;stseyn ist das Element, in welches der<lb/>
Geist sich erhebt; aber es ist nicht nur das Element<lb/>
des <hi rendition="#i">Glaubens</hi>, sondern ebenso des <hi rendition="#i">Begriffs</hi>; beyde<lb/>
treten daher zugleich miteinander ein, und jener<lb/>
kömmt nur in Betracht im Gegensatze gegen diesen.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[434/0543] I. Die Welt des sich entfremdeten Geistes. Die Welt dieses Geistes zerfällt in die gedoppelte; die erste ist die Welt der Wirklichkeit oder seiner Entfremdung selbst; die andre aber die, welche er, über die erste sich erhebend, im Aether des reinen Bewuſstseyns sich erbaut. Diese, jener Entfrem- dung entgegengesetzt, ist eben darum nicht frey da- von, sondern vielmehr nur die andre Form der Entfremdung, welche eben darin besteht, in zweyer- ley Welten das Bewuſstseyn zu haben, und beyde umfaſst. Es ist also nicht das Selbstbewuſstseyn des absoluten Wesens, wie es an und für sich ist, nicht die Religion, welche hier betrachtet wird, sondern der Glauben, insofern er die Flucht aus der wirklichen Welt und also nicht an und für sich ist. Diese Flucht aus dem Reiche der Gegenwart ist da- her an ihr selbst unmittelbar die gedoppelte. Das reine Bewuſstseyn ist das Element, in welches der Geist sich erhebt; aber es ist nicht nur das Element des Glaubens, sondern ebenso des Begriffs; beyde treten daher zugleich miteinander ein, und jener kömmt nur in Betracht im Gegensatze gegen diesen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/543
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/543>, abgerufen am 19.04.2024.