Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
LXXXII.
Kaum sahen wir uns, und an Augen und Stimme
Merkt' ich, daß du mir gewogen bist;
Und stand nicht dabei die Mutter, die schlimme,
Ich glaube, wir hätten uns gleich geküßt.
Und morgen verlasse ich wieder das Städtchen,
Und eile fort im alten Lauf;
Dann lauert am Fenster mein blondes Mädchen,
Und freundliche Grüße werf' ich hinauf.

LXXXIII.
Ueber die Berge steigt schon die Sonne,
Die Lämmerheerde läutet fern;
Mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne,
Noch einmal säh' ich dich gar zu gern!
Ich schaue hinauf, mit spähender Miene --
Leb' wohl, mein Kind, ich wandre von hier!
Vergebens! Es regt sich keine Gardine; --
Sie liegt noch und schläft, und träumt von mir.

LXXXII.
Kaum ſahen wir uns, und an Augen und Stimme
Merkt' ich, daß du mir gewogen biſt;
Und ſtand nicht dabei die Mutter, die ſchlimme,
Ich glaube, wir hätten uns gleich geküßt.
Und morgen verlaſſe ich wieder das Städtchen,
Und eile fort im alten Lauf;
Dann lauert am Fenſter mein blondes Mädchen,
Und freundliche Grüße werf' ich hinauf.

LXXXIII.
Ueber die Berge ſteigt ſchon die Sonne,
Die Lämmerheerde läutet fern;
Mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne,
Noch einmal ſäh' ich dich gar zu gern!
Ich ſchaue hinauf, mit ſpähender Miene —
Leb' wohl, mein Kind, ich wandre von hier!
Vergebens! Es regt ſich keine Gardine; —
Sie liegt noch und ſchläft, und träumt von mir.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0261" n="253"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXXII.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Kaum &#x017F;ahen wir uns, und an Augen und Stimme</l><lb/>
              <l>Merkt' ich, daß du mir gewogen bi&#x017F;t;</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;tand nicht dabei die Mutter, die &#x017F;chlimme,</l><lb/>
              <l>Ich glaube, wir hätten uns gleich geküßt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Und morgen verla&#x017F;&#x017F;e ich wieder das Städtchen,</l><lb/>
              <l>Und eile fort im alten Lauf;</l><lb/>
              <l>Dann lauert am Fen&#x017F;ter mein blondes Mädchen,</l><lb/>
              <l>Und freundliche Grüße werf' ich hinauf.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXXIII.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ueber die Berge &#x017F;teigt &#x017F;chon die Sonne,</l><lb/>
              <l>Die Lämmerheerde läutet fern;</l><lb/>
              <l>Mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne,</l><lb/>
              <l>Noch einmal &#x017F;äh' ich dich gar zu gern!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Ich &#x017F;chaue hinauf, mit &#x017F;pähender Miene &#x2014;</l><lb/>
              <l>Leb' wohl, mein Kind, ich wandre von hier!</l><lb/>
              <l>Vergebens! Es regt &#x017F;ich keine Gardine; &#x2014;</l><lb/>
              <l>Sie liegt noch und &#x017F;chläft, und träumt von mir.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0261] LXXXII. Kaum ſahen wir uns, und an Augen und Stimme Merkt' ich, daß du mir gewogen biſt; Und ſtand nicht dabei die Mutter, die ſchlimme, Ich glaube, wir hätten uns gleich geküßt. Und morgen verlaſſe ich wieder das Städtchen, Und eile fort im alten Lauf; Dann lauert am Fenſter mein blondes Mädchen, Und freundliche Grüße werf' ich hinauf. LXXXIII. Ueber die Berge ſteigt ſchon die Sonne, Die Lämmerheerde läutet fern; Mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne, Noch einmal ſäh' ich dich gar zu gern! Ich ſchaue hinauf, mit ſpähender Miene — Leb' wohl, mein Kind, ich wandre von hier! Vergebens! Es regt ſich keine Gardine; — Sie liegt noch und ſchläft, und träumt von mir.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/261
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/261>, abgerufen am 19.04.2024.