Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
Und blendend strahlt mir entgegen
Der schmaragdne Frühling, der sonnengeweckte,
Und es rauschen die weißen Blüthenbäume,
Und die jungen Blumen schauen mich an,
Mit bunten, duftenden Augen,
Und es duftet und summt, und athmet und lacht,
Und im blauen Himmel singen die Vöglein --
Thalatta! Thalatta!
Du tapferes Rückzugherz!
Wie oft, wie bitteroft
Bedrängten dich des Nordens Barbarinnen!
Aus großen, siegenden Augen
Schossen sie brennende Pfeile;
Mit krummgeschliffenen Worten
Drohten sie mir die Brust zu spalten,
Mit Keilschriftbillets zerschlugen sie mir
Das arme, betäubte Gehirn --
Vergebens hielt ich den Schild entgegen,
Die Pfeile zischten, die Hiebe krachten,
Und von des Nordens Barbarinnen
Ward ich gedrängt bis an's Meer,
Und freiaufathmend begrüß' ich das Meer,
Das liebe, rettende Meer,
Thalatta! Thalatta!

22 *
Und blendend ſtrahlt mir entgegen
Der ſchmaragdne Frühling, der ſonnengeweckte,
Und es rauſchen die weißen Blüthenbäume,
Und die jungen Blumen ſchauen mich an,
Mit bunten, duftenden Augen,
Und es duftet und ſummt, und athmet und lacht,
Und im blauen Himmel ſingen die Vöglein —
Thalatta! Thalatta!
Du tapferes Rückzugherz!
Wie oft, wie bitteroft
Bedrängten dich des Nordens Barbarinnen!
Aus großen, ſiegenden Augen
Schoſſen ſie brennende Pfeile;
Mit krummgeſchliffenen Worten
Drohten ſie mir die Bruſt zu ſpalten,
Mit Keilſchriftbillets zerſchlugen ſie mir
Das arme, betäubte Gehirn —
Vergebens hielt ich den Schild entgegen,
Die Pfeile ziſchten, die Hiebe krachten,
Und von des Nordens Barbarinnen
Ward ich gedrängt bis an's Meer,
Und freiaufathmend begrüß' ich das Meer,
Das liebe, rettende Meer,
Thalatta! Thalatta!

22 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0353" n="345"/>
              <lg n="6">
                <l>Und blendend &#x017F;trahlt mir entgegen</l><lb/>
                <l>Der &#x017F;chmaragdne Frühling, der &#x017F;onnengeweckte,</l><lb/>
                <l>Und es rau&#x017F;chen die weißen Blüthenbäume,</l><lb/>
                <l>Und die jungen Blumen &#x017F;chauen mich an,</l><lb/>
                <l>Mit bunten, duftenden Augen,</l><lb/>
                <l>Und es duftet und &#x017F;ummt, und athmet und lacht,</l><lb/>
                <l>Und im blauen Himmel &#x017F;ingen die Vöglein &#x2014;</l><lb/>
                <l>Thalatta! Thalatta!</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="7">
                <l>Du tapferes Rückzugherz!</l><lb/>
                <l>Wie oft, wie bitteroft</l><lb/>
                <l>Bedrängten dich des Nordens Barbarinnen!</l><lb/>
                <l>Aus großen, &#x017F;iegenden Augen</l><lb/>
                <l>Scho&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie brennende Pfeile;</l><lb/>
                <l>Mit krummge&#x017F;chliffenen Worten</l><lb/>
                <l>Drohten &#x017F;ie mir die Bru&#x017F;t zu &#x017F;palten,</l><lb/>
                <l>Mit Keil&#x017F;chriftbillets zer&#x017F;chlugen &#x017F;ie mir</l><lb/>
                <l>Das arme, betäubte Gehirn &#x2014;</l><lb/>
                <l>Vergebens hielt ich den Schild entgegen,</l><lb/>
                <l>Die Pfeile zi&#x017F;chten, die Hiebe krachten,</l><lb/>
                <l>Und von des Nordens Barbarinnen</l><lb/>
                <l>Ward ich gedrängt bis an's Meer,</l><lb/>
                <l>Und freiaufathmend begrüß' ich das Meer,</l><lb/>
                <l>Das liebe, rettende Meer,</l><lb/>
                <l>Thalatta! Thalatta!</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <fw place="bottom" type="sig">22 *<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0353] Und blendend ſtrahlt mir entgegen Der ſchmaragdne Frühling, der ſonnengeweckte, Und es rauſchen die weißen Blüthenbäume, Und die jungen Blumen ſchauen mich an, Mit bunten, duftenden Augen, Und es duftet und ſummt, und athmet und lacht, Und im blauen Himmel ſingen die Vöglein — Thalatta! Thalatta! Du tapferes Rückzugherz! Wie oft, wie bitteroft Bedrängten dich des Nordens Barbarinnen! Aus großen, ſiegenden Augen Schoſſen ſie brennende Pfeile; Mit krummgeſchliffenen Worten Drohten ſie mir die Bruſt zu ſpalten, Mit Keilſchriftbillets zerſchlugen ſie mir Das arme, betäubte Gehirn — Vergebens hielt ich den Schild entgegen, Die Pfeile ziſchten, die Hiebe krachten, Und von des Nordens Barbarinnen Ward ich gedrängt bis an's Meer, Und freiaufathmend begrüß' ich das Meer, Das liebe, rettende Meer, Thalatta! Thalatta! 22 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/353
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/353>, abgerufen am 24.04.2024.