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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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nen starkverschuldeten portugiesischen Freund, so
dachte ich gleich an die Flucht Mahomets, sah
ich den Universitätsrichter, einen Mann, dessen
strenge Rechtlichkeit bekannt ist, so dachte ich
gleich an den Tod Hamans, sobald ich Wad¬
zeck sah, dachte ich gleich an die Cleopatra --
Ach, lieber Himmel, das arme Vieh ist jetzt
todt, die Thränensäckchen sind vertrocknet, und
man kann mit Hamlet sagen: nehmet alles in
Allem, es war ein altes Weib, wir werden
noch oft seines Gleichen haben! Wie gesagt,
die Jahrszahlen sind durchaus nöthig, ich kenne
Menschen, die gar nichts als ein paar Jahrs¬
zahlen im Kopfe hatten, und damit in Berlin
die rechten Häuser zu finden wußten, und jetzt
schon ordentlich Professoren sind. Ich aber hatte
in der Schule meine Noth mit den vielen Zah¬
len! Mit dem eigentlichen Rechnen ging es
noch schlechter. Am besten begriff ich das Sub¬
trahiren, und da giebt es eine sehr practische
Hauptregel "Vier von Drey geht nicht, da

nen ſtarkverſchuldeten portugieſiſchen Freund, ſo
dachte ich gleich an die Flucht Mahomets, ſah
ich den Univerſitaͤtsrichter, einen Mann, deſſen
ſtrenge Rechtlichkeit bekannt iſt, ſo dachte ich
gleich an den Tod Hamans, ſobald ich Wad¬
zeck ſah, dachte ich gleich an die Cleopatra —
Ach, lieber Himmel, das arme Vieh iſt jetzt
todt, die Thraͤnenſaͤckchen ſind vertrocknet, und
man kann mit Hamlet ſagen: nehmet alles in
Allem, es war ein altes Weib, wir werden
noch oft ſeines Gleichen haben! Wie geſagt,
die Jahrszahlen ſind durchaus noͤthig, ich kenne
Menſchen, die gar nichts als ein paar Jahrs¬
zahlen im Kopfe hatten, und damit in Berlin
die rechten Haͤuſer zu finden wußten, und jetzt
ſchon ordentlich Profeſſoren ſind. Ich aber hatte
in der Schule meine Noth mit den vielen Zah¬
len! Mit dem eigentlichen Rechnen ging es
noch ſchlechter. Am beſten begriff ich das Sub¬
trahiren, und da giebt es eine ſehr practiſche
Hauptregel „Vier von Drey geht nicht, da

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[183/0191] nen ſtarkverſchuldeten portugieſiſchen Freund, ſo dachte ich gleich an die Flucht Mahomets, ſah ich den Univerſitaͤtsrichter, einen Mann, deſſen ſtrenge Rechtlichkeit bekannt iſt, ſo dachte ich gleich an den Tod Hamans, ſobald ich Wad¬ zeck ſah, dachte ich gleich an die Cleopatra — Ach, lieber Himmel, das arme Vieh iſt jetzt todt, die Thraͤnenſaͤckchen ſind vertrocknet, und man kann mit Hamlet ſagen: nehmet alles in Allem, es war ein altes Weib, wir werden noch oft ſeines Gleichen haben! Wie geſagt, die Jahrszahlen ſind durchaus noͤthig, ich kenne Menſchen, die gar nichts als ein paar Jahrs¬ zahlen im Kopfe hatten, und damit in Berlin die rechten Haͤuſer zu finden wußten, und jetzt ſchon ordentlich Profeſſoren ſind. Ich aber hatte in der Schule meine Noth mit den vielen Zah¬ len! Mit dem eigentlichen Rechnen ging es noch ſchlechter. Am beſten begriff ich das Sub¬ trahiren, und da giebt es eine ſehr practiſche Hauptregel „Vier von Drey geht nicht, da

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/191>, abgerufen am 29.03.2024.