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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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nicht kennt, gleich wüthend anfällt, oft den besten
Freund des Hauses in die Waden beißt, immer
bellt, und eben wegen jenes unaufhörlichen Bel¬
lens nicht gehört wird, wenn er einmal einem
wirklichen Diebe entgegenbellt. Deshalb halten
es jene vornehmen Diebe, die England plündern,
nicht einmal für nöthig, dem knurrenden Cobbet
einen Brocken zuzuwerfen, und ihm damit das
Maul zu stopfen. Dieses wurmt den Hund am
bittersten, und er fletscht die hungrigen Zähne.

Alter Cobbet! Hund von England! ich liebe
dich nicht, denn fatal ist mir jede gemeine Na¬
tur; aber du dauerst mich bis in tiefster Seele,
wenn ich sehe, wie du dich von deiner Kette nicht
losreißen und jene Diebe nicht erreichen kannst, die
lachend vor deinen Augen ihre Beute fortschleppen,
und deine vergeblichen Sprünge und dein ohn¬
mächtiges Geheul verspotten.


nicht kennt, gleich wuͤthend anfaͤllt, oft den beſten
Freund des Hauſes in die Waden beißt, immer
bellt, und eben wegen jenes unaufhoͤrlichen Bel¬
lens nicht gehoͤrt wird, wenn er einmal einem
wirklichen Diebe entgegenbellt. Deshalb halten
es jene vornehmen Diebe, die England pluͤndern,
nicht einmal fuͤr noͤthig, dem knurrenden Cobbet
einen Brocken zuzuwerfen, und ihm damit das
Maul zu ſtopfen. Dieſes wurmt den Hund am
bitterſten, und er fletſcht die hungrigen Zaͤhne.

Alter Cobbet! Hund von England! ich liebe
dich nicht, denn fatal iſt mir jede gemeine Na¬
tur; aber du dauerſt mich bis in tiefſter Seele,
wenn ich ſehe, wie du dich von deiner Kette nicht
losreißen und jene Diebe nicht erreichen kannſt, die
lachend vor deinen Augen ihre Beute fortſchleppen,
und deine vergeblichen Spruͤnge und dein ohn¬
maͤchtiges Geheul verſpotten.


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[240/0254] nicht kennt, gleich wuͤthend anfaͤllt, oft den beſten Freund des Hauſes in die Waden beißt, immer bellt, und eben wegen jenes unaufhoͤrlichen Bel¬ lens nicht gehoͤrt wird, wenn er einmal einem wirklichen Diebe entgegenbellt. Deshalb halten es jene vornehmen Diebe, die England pluͤndern, nicht einmal fuͤr noͤthig, dem knurrenden Cobbet einen Brocken zuzuwerfen, und ihm damit das Maul zu ſtopfen. Dieſes wurmt den Hund am bitterſten, und er fletſcht die hungrigen Zaͤhne. Alter Cobbet! Hund von England! ich liebe dich nicht, denn fatal iſt mir jede gemeine Na¬ tur; aber du dauerſt mich bis in tiefſter Seele, wenn ich ſehe, wie du dich von deiner Kette nicht losreißen und jene Diebe nicht erreichen kannſt, die lachend vor deinen Augen ihre Beute fortſchleppen, und deine vergeblichen Spruͤnge und dein ohn¬ maͤchtiges Geheul verſpotten.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/254>, abgerufen am 29.03.2024.