Wenn mir mahl die Zeit der müßigen Unter¬ suchungen wiederkehrt, so werde ich langweiligst gründlich beweisen: daß nicht Indien, sondern Egypten jenes Kastenthum hervorgebracht hat, das, seit zwey Jahrtausenden, in jede Landestracht sich zu vermummen, und jede Zeit in ihrer eigenen Sprache zu täuschen wußte, das vielleicht jetzt todt ist, aber den Schein des Lebens erheuchelnd, noch immer bösäugig und unheilstiftend unter uns wandelt, mit seinem Leichendufte unser blühendes
XI. Die Befreyung.
Wenn mir mahl die Zeit der muͤßigen Unter¬ ſuchungen wiederkehrt, ſo werde ich langweiligſt gruͤndlich beweiſen: daß nicht Indien, ſondern Egypten jenes Kaſtenthum hervorgebracht hat, das, ſeit zwey Jahrtauſenden, in jede Landestracht ſich zu vermummen, und jede Zeit in ihrer eigenen Sprache zu taͤuſchen wußte, das vielleicht jetzt todt iſt, aber den Schein des Lebens erheuchelnd, noch immer boͤsaͤugig und unheilſtiftend unter uns wandelt, mit ſeinem Leichendufte unſer bluͤhendes
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0311"n="[297]"/><divn="2"><head><hirendition="#aq">XI</hi>.<lb/><hirendition="#g">Die Befreyung</hi>.<lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wenn mir mahl die Zeit der muͤßigen Unter¬<lb/>ſuchungen wiederkehrt, ſo werde ich langweiligſt<lb/>
gruͤndlich beweiſen: daß nicht Indien, ſondern<lb/>
Egypten jenes Kaſtenthum hervorgebracht hat, das,<lb/>ſeit zwey Jahrtauſenden, in jede Landestracht ſich<lb/>
zu vermummen, und jede Zeit in ihrer eigenen<lb/>
Sprache zu taͤuſchen wußte, das vielleicht jetzt<lb/>
todt iſt, aber den Schein des Lebens erheuchelnd,<lb/>
noch immer boͤsaͤugig und unheilſtiftend unter uns<lb/>
wandelt, mit ſeinem Leichendufte unſer bluͤhendes<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[297]/0311]
XI.
Die Befreyung.
Wenn mir mahl die Zeit der muͤßigen Unter¬
ſuchungen wiederkehrt, ſo werde ich langweiligſt
gruͤndlich beweiſen: daß nicht Indien, ſondern
Egypten jenes Kaſtenthum hervorgebracht hat, das,
ſeit zwey Jahrtauſenden, in jede Landestracht ſich
zu vermummen, und jede Zeit in ihrer eigenen
Sprache zu taͤuſchen wußte, das vielleicht jetzt
todt iſt, aber den Schein des Lebens erheuchelnd,
noch immer boͤsaͤugig und unheilſtiftend unter uns
wandelt, mit ſeinem Leichendufte unſer bluͤhendes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. [297]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/311>, abgerufen am 19.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.