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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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abhängt. Dieses ist aus der Quantität des zwischen lie-
genden Raumes schlechterdings nicht zu erklären, denn
der Raum selbst ist ein leeres Nichts. Ein reales Ver-
mittelndes muss dazwischen liegen; das geringste wie das
grösste Quantum leeren Raumes würde die Gemeinschaft
der Substanzen auf gleiche Weise bestimmen; -- nämlich
dieselbe gänzlich unterbrechen.

Hiemit nun hängt die grosse Wichtigkeit der mecha-
nischen Erklärungen, auch in der Physiologie, zusammen.
Kann man nachweisen, dass in irgend welchen Fällen
sich gewisse Nervenfasern contrahiren, oder genauer, dass
nach irgend einer Dimension ihre Elemente näher
zusammenrücken, also sich vollkommner durchdringen,
als zuvor: so ist die Bedingung des Causalverhältnisses
unter diesen Elementen gewachsen, folglich deren
gegenseitiger Einfluss grösser geworden. Eben so umge-
kehrt. Kommt vollends irgend etwas Neues, wenn auch
nur Wärme oder dergleichen, in die Zusammensetzung
der Bestandtheile, so entstehen neue Störungen und
Selbsterhaltungen, neue innere und hiemit beynahe un-
fehlbar auch neue äussere Zustände. Allein überall wird
man die mechanischen Erklärungen mit den vitalen ver-
binden müssen, denn bey organischen Elementen ist
überall ihre früher gewonnene innere Reizbarkeit mit
im Spiele.

§. 157.

Nach diesen Vorbereitungen werden wir vielleicht
über die Art der Verbindung zwischen der Seele und
dem Leibe etwas Näheres zu den erst angegebenen ganz
allgemeinen Grundgedanken hinzuzufügen wagen können.

Wahrscheinlich ist nicht nur die Seele der Parasit
des Körpers, sondern mit ihr der grösste Theil des
Nervensystems und vorzüglich des Gehirns. Da man im
Allgemeinen die Einrichtung der organischen Maschine,
sammt ihren Lebensfunctionen und der Zusammenwirkung
ihrer Theile, so ziemlich kennt; warum weiss man über
die verschiedenen Körper, Höhlen, Hügel und Brücken,

abhängt. Dieses ist aus der Quantität des zwischen lie-
genden Raumes schlechterdings nicht zu erklären, denn
der Raum selbst ist ein leeres Nichts. Ein reales Ver-
mittelndes muſs dazwischen liegen; das geringste wie das
gröſste Quantum leeren Raumes würde die Gemeinschaft
der Substanzen auf gleiche Weise bestimmen; — nämlich
dieselbe gänzlich unterbrechen.

Hiemit nun hängt die groſse Wichtigkeit der mecha-
nischen Erklärungen, auch in der Physiologie, zusammen.
Kann man nachweisen, daſs in irgend welchen Fällen
sich gewisse Nervenfasern contrahiren, oder genauer, daſs
nach irgend einer Dimension ihre Elemente näher
zusammenrücken, also sich vollkommner durchdringen,
als zuvor: so ist die Bedingung des Causalverhältnisses
unter diesen Elementen gewachsen, folglich deren
gegenseitiger Einfluſs gröſser geworden. Eben so umge-
kehrt. Kommt vollends irgend etwas Neues, wenn auch
nur Wärme oder dergleichen, in die Zusammensetzung
der Bestandtheile, so entstehen neue Störungen und
Selbsterhaltungen, neue innere und hiemit beynahe un-
fehlbar auch neue äuſsere Zustände. Allein überall wird
man die mechanischen Erklärungen mit den vitalen ver-
binden müssen, denn bey organischen Elementen ist
überall ihre früher gewonnene innere Reizbarkeit mit
im Spiele.

§. 157.

Nach diesen Vorbereitungen werden wir vielleicht
über die Art der Verbindung zwischen der Seele und
dem Leibe etwas Näheres zu den erst angegebenen ganz
allgemeinen Grundgedanken hinzuzufügen wagen können.

Wahrscheinlich ist nicht nur die Seele der Parasit
des Körpers, sondern mit ihr der gröſste Theil des
Nervensystems und vorzüglich des Gehirns. Da man im
Allgemeinen die Einrichtung der organischen Maschine,
sammt ihren Lebensfunctionen und der Zusammenwirkung
ihrer Theile, so ziemlich kennt; warum weiſs man über
die verschiedenen Körper, Höhlen, Hügel und Brücken,

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[474/0509] abhängt. Dieses ist aus der Quantität des zwischen lie- genden Raumes schlechterdings nicht zu erklären, denn der Raum selbst ist ein leeres Nichts. Ein reales Ver- mittelndes muſs dazwischen liegen; das geringste wie das gröſste Quantum leeren Raumes würde die Gemeinschaft der Substanzen auf gleiche Weise bestimmen; — nämlich dieselbe gänzlich unterbrechen. Hiemit nun hängt die groſse Wichtigkeit der mecha- nischen Erklärungen, auch in der Physiologie, zusammen. Kann man nachweisen, daſs in irgend welchen Fällen sich gewisse Nervenfasern contrahiren, oder genauer, daſs nach irgend einer Dimension ihre Elemente näher zusammenrücken, also sich vollkommner durchdringen, als zuvor: so ist die Bedingung des Causalverhältnisses unter diesen Elementen gewachsen, folglich deren gegenseitiger Einfluſs gröſser geworden. Eben so umge- kehrt. Kommt vollends irgend etwas Neues, wenn auch nur Wärme oder dergleichen, in die Zusammensetzung der Bestandtheile, so entstehen neue Störungen und Selbsterhaltungen, neue innere und hiemit beynahe un- fehlbar auch neue äuſsere Zustände. Allein überall wird man die mechanischen Erklärungen mit den vitalen ver- binden müssen, denn bey organischen Elementen ist überall ihre früher gewonnene innere Reizbarkeit mit im Spiele. §. 157. Nach diesen Vorbereitungen werden wir vielleicht über die Art der Verbindung zwischen der Seele und dem Leibe etwas Näheres zu den erst angegebenen ganz allgemeinen Grundgedanken hinzuzufügen wagen können. Wahrscheinlich ist nicht nur die Seele der Parasit des Körpers, sondern mit ihr der gröſste Theil des Nervensystems und vorzüglich des Gehirns. Da man im Allgemeinen die Einrichtung der organischen Maschine, sammt ihren Lebensfunctionen und der Zusammenwirkung ihrer Theile, so ziemlich kennt; warum weiſs man über die verschiedenen Körper, Höhlen, Hügel und Brücken,

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/509>, abgerufen am 19.03.2024.