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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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Merkmalen, welche sich zusammensetzt aus den Wahr-
nehmungen des eignen Leibes, den Gefühlen der kör-
perlichen Lust und Unlust, den Vorstellungen von Bil-
dern äusserer Dinge, welche Bilder als dem Leibe in-
wohnend, und mit ihm umherwandernd, angesehen wer-
den; endlich den Bemerkungen jener nur eben zuvor be-
schriebenen Selbstheit: man erwäge, wie diese Comple-
xion sich beym Menschen weiter und anders ausbilden
werde als beym Thiere, vorausgesetzt dass der Mensch
nicht ganz allein, und im Stande der Wildheit, sondern
unter Bedingungen der Ausbildung überhaupt lebe und
gedeihe.

Zuvörderst, die Wahrnehmungen des eignen Leibes
machen dieselbe Complexion zu einem räumlichen Mit-
telpuncte aller Ortsbestimmungen
; und nach den
Entfernungen von diesem wird die Erreichbarkeit be-
gehrter Gegenstände
geschätzt.

Zweytens, die körperlichen Gefühle bezeichnen un-
aufhörlich ein Etwas, das an diesem Orte gegenwär-
tig
, und doch nicht ein blosses Raum-Erfüllendes sey,
und das nur an diesem, zwar selbst unter den übrigen
Dingen beweglichen Orte sich antreffen lasse. Sie un-
terscheiden dieses Etwas von allem Anderen, das sich
ausser diesem Orte befindet.

Drittens: der nämliche bewegliche Ort ist der Sam-
melplatz
aller der Bilder von äussern Dingen, die ihm
inwohnen; diese Bilder werden eben dadurch ein Inne-
res
im Gegensatze gegen die äusseren Dinge, die übri-
gens an ihren Orten vest stehen bleiben, (wenigstens
grösstentheils,) während jenes Innere sich unter ihnen
umherbewegt.

Viertens: dieser Sammelplatz der Bilder umgiebt sich
mit ausfahrenden und eingehenden Strahlen, vermöge der
Verabscheuungen und Begehrungen; denn alles Ver-
abscheuete soll sich von da entfernen, alles
Begehrte näher heran kommen
. Dieses Sollen wird

durch

Merkmalen, welche sich zusammensetzt aus den Wahr-
nehmungen des eignen Leibes, den Gefühlen der kör-
perlichen Lust und Unlust, den Vorstellungen von Bil-
dern äuſserer Dinge, welche Bilder als dem Leibe in-
wohnend, und mit ihm umherwandernd, angesehen wer-
den; endlich den Bemerkungen jener nur eben zuvor be-
schriebenen Selbstheit: man erwäge, wie diese Comple-
xion sich beym Menschen weiter und anders ausbilden
werde als beym Thiere, vorausgesetzt daſs der Mensch
nicht ganz allein, und im Stande der Wildheit, sondern
unter Bedingungen der Ausbildung überhaupt lebe und
gedeihe.

Zuvörderst, die Wahrnehmungen des eignen Leibes
machen dieselbe Complexion zu einem räumlichen Mit-
telpuncte aller Ortsbestimmungen
; und nach den
Entfernungen von diesem wird die Erreichbarkeit be-
gehrter Gegenstände
geschätzt.

Zweytens, die körperlichen Gefühle bezeichnen un-
aufhörlich ein Etwas, das an diesem Orte gegenwär-
tig
, und doch nicht ein bloſses Raum-Erfüllendes sey,
und das nur an diesem, zwar selbst unter den übrigen
Dingen beweglichen Orte sich antreffen lasse. Sie un-
terscheiden dieses Etwas von allem Anderen, das sich
auſser diesem Orte befindet.

Drittens: der nämliche bewegliche Ort ist der Sam-
melplatz
aller der Bilder von äuſsern Dingen, die ihm
inwohnen; diese Bilder werden eben dadurch ein Inne-
res
im Gegensatze gegen die äuſseren Dinge, die übri-
gens an ihren Orten vest stehen bleiben, (wenigstens
gröſstentheils,) während jenes Innere sich unter ihnen
umherbewegt.

Viertens: dieser Sammelplatz der Bilder umgiebt sich
mit ausfahrenden und eingehenden Strahlen, vermöge der
Verabscheuungen und Begehrungen; denn alles Ver-
abscheuete soll sich von da entfernen, alles
Begehrte näher heran kommen
. Dieses Sollen wird

durch
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[272/0307] Merkmalen, welche sich zusammensetzt aus den Wahr- nehmungen des eignen Leibes, den Gefühlen der kör- perlichen Lust und Unlust, den Vorstellungen von Bil- dern äuſserer Dinge, welche Bilder als dem Leibe in- wohnend, und mit ihm umherwandernd, angesehen wer- den; endlich den Bemerkungen jener nur eben zuvor be- schriebenen Selbstheit: man erwäge, wie diese Comple- xion sich beym Menschen weiter und anders ausbilden werde als beym Thiere, vorausgesetzt daſs der Mensch nicht ganz allein, und im Stande der Wildheit, sondern unter Bedingungen der Ausbildung überhaupt lebe und gedeihe. Zuvörderst, die Wahrnehmungen des eignen Leibes machen dieselbe Complexion zu einem räumlichen Mit- telpuncte aller Ortsbestimmungen; und nach den Entfernungen von diesem wird die Erreichbarkeit be- gehrter Gegenstände geschätzt. Zweytens, die körperlichen Gefühle bezeichnen un- aufhörlich ein Etwas, das an diesem Orte gegenwär- tig, und doch nicht ein bloſses Raum-Erfüllendes sey, und das nur an diesem, zwar selbst unter den übrigen Dingen beweglichen Orte sich antreffen lasse. Sie un- terscheiden dieses Etwas von allem Anderen, das sich auſser diesem Orte befindet. Drittens: der nämliche bewegliche Ort ist der Sam- melplatz aller der Bilder von äuſsern Dingen, die ihm inwohnen; diese Bilder werden eben dadurch ein Inne- res im Gegensatze gegen die äuſseren Dinge, die übri- gens an ihren Orten vest stehen bleiben, (wenigstens gröſstentheils,) während jenes Innere sich unter ihnen umherbewegt. Viertens: dieser Sammelplatz der Bilder umgiebt sich mit ausfahrenden und eingehenden Strahlen, vermöge der Verabscheuungen und Begehrungen; denn alles Ver- abscheuete soll sich von da entfernen, alles Begehrte näher heran kommen. Dieses Sollen wird durch

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/307>, abgerufen am 19.04.2024.