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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793.

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So bewillkommte Klopstock den Kaiser
Joseph auf seinem Kaiserthrone; mit wel-
cher sonderbaren Empfindung lasen wir die
Ode, die ich vorher nicht gekannt hatte,
eben jetzt nach seinem vernommenen Tode.
Es entspann sich darüber zwischen meinem
Freunde und mir eine Art elegischen Ge-
sprächs, das ich Ihnen hersetzen will, so
weit ich mich dessen erinnere.

Gespräch
nach dem Tode des Kaiser Josephs II.

A. Ein sonderbares Ding ist der Tod eines
Monarchen. Wir sahen ihn bei Joseph
vorher, wir wußten, daß der Kranke sich
ihm nahte; und jetzt, da über ihm die
Todtenglocken tönen, welch eine andre
Empfindung! Ohne ihn gekannt, und
von ihm eine Wohlthat genoßen zu haben,

So bewillkommte Klopſtock den Kaiſer
Joſeph auf ſeinem Kaiſerthrone; mit wel-
cher ſonderbaren Empfindung laſen wir die
Ode, die ich vorher nicht gekannt hatte,
eben jetzt nach ſeinem vernommenen Tode.
Es entſpann ſich daruͤber zwiſchen meinem
Freunde und mir eine Art elegiſchen Ge-
ſpraͤchs, das ich Ihnen herſetzen will, ſo
weit ich mich deſſen erinnere.

Geſpraͤch
nach dem Tode des Kaiſer Joſephs II.

A. Ein ſonderbares Ding iſt der Tod eines
Monarchen. Wir ſahen ihn bei Joſeph
vorher, wir wußten, daß der Kranke ſich
ihm nahte; und jetzt, da uͤber ihm die
Todtenglocken toͤnen, welch eine andre
Empfindung! Ohne ihn gekannt, und
von ihm eine Wohlthat genoßen zu haben,

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[118/0125] So bewillkommte Klopſtock den Kaiſer Joſeph auf ſeinem Kaiſerthrone; mit wel- cher ſonderbaren Empfindung laſen wir die Ode, die ich vorher nicht gekannt hatte, eben jetzt nach ſeinem vernommenen Tode. Es entſpann ſich daruͤber zwiſchen meinem Freunde und mir eine Art elegiſchen Ge- ſpraͤchs, das ich Ihnen herſetzen will, ſo weit ich mich deſſen erinnere. Geſpraͤch nach dem Tode des Kaiſer Joſephs II. A. Ein ſonderbares Ding iſt der Tod eines Monarchen. Wir ſahen ihn bei Joſeph vorher, wir wußten, daß der Kranke ſich ihm nahte; und jetzt, da uͤber ihm die Todtenglocken toͤnen, welch eine andre Empfindung! Ohne ihn gekannt, und von ihm eine Wohlthat genoßen zu haben,

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/125>, abgerufen am 28.03.2024.