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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

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31.

Die Griechen hatten das Wort Humani-
tät nicht; seit aber Orpheus sie durch den
Klang seiner Leyer aus Thieren zu Men-
schen gemacht hatte, war der Begrif die-
ses Worts die Kunst ihrer Musen.
Ich bin weit entfernt, die Griechischen
Sitten und Verfassungen zu jeder Zeit und
allenthalben als Muster zu preisen; das
kann indessen nicht geläugnet werden, daß
das
emollit mores nec sinit esse feros
mittelbar oder unmittelbar der Endzweck
gewesen, auf den ihre edelsten Dichter,
Gesetzgeber und Weise wirkten. Von Ho-

31.

Die Griechen hatten das Wort Humani-
taͤt nicht; ſeit aber Orpheus ſie durch den
Klang ſeiner Leyer aus Thieren zu Men-
ſchen gemacht hatte, war der Begrif die-
ſes Worts die Kunſt ihrer Muſen.
Ich bin weit entfernt, die Griechiſchen
Sitten und Verfaſſungen zu jeder Zeit und
allenthalben als Muſter zu preiſen; das
kann indeſſen nicht gelaͤugnet werden, daß
das
emollit mores nec ſinit eſſe feros
mittelbar oder unmittelbar der Endzweck
geweſen, auf den ihre edelſten Dichter,
Geſetzgeber und Weiſe wirkten. Von Ho-

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[45/0054] 31. Die Griechen hatten das Wort Humani- taͤt nicht; ſeit aber Orpheus ſie durch den Klang ſeiner Leyer aus Thieren zu Men- ſchen gemacht hatte, war der Begrif die- ſes Worts die Kunſt ihrer Muſen. Ich bin weit entfernt, die Griechiſchen Sitten und Verfaſſungen zu jeder Zeit und allenthalben als Muſter zu preiſen; das kann indeſſen nicht gelaͤugnet werden, daß das emollit mores nec ſinit eſſe feros mittelbar oder unmittelbar der Endzweck geweſen, auf den ihre edelſten Dichter, Geſetzgeber und Weiſe wirkten. Von Ho-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/54>, abgerufen am 28.03.2024.