Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

nach der See zu. Von da aus thaten sie
oftmals Einfälle in die Dörfer der Chero-
kesen, mischten sich unerkannt in ihre
nächtlichen Tänze und ermordeten während
derselben plötzlich viele. Noch heftiger und
älter waren die Kriege der Delawaren mit
den Irokesen. Nach dem Vorgeben der
Delawaren waren sie den Irokesen immer
überlegen, so daß diese endlich einsahen,
daß bei längerer Fortsetzung des Krieges
ihr völliger Untergang die unausbleibliche
Folge seyn müßte.

Sie sandten also Gesandte an die De-
lawaren mit folgender Botschaft: "Es ist
nicht gut, daß alle Nationen Krieg führen;
denn das wird endlich den Untergang der
Indianer nach sich ziehen. Darum haben
wir auf ein Mittel gedacht, diesem Uebel
vorzubeugen; es soll nämlich Eine Nation
die Frau seyn. Die wollen wir in die

Mitte

nach der See zu. Von da aus thaten ſie
oftmals Einfaͤlle in die Doͤrfer der Chero-
keſen, miſchten ſich unerkannt in ihre
naͤchtlichen Taͤnze und ermordeten waͤhrend
derſelben ploͤtzlich viele. Noch heftiger und
aͤlter waren die Kriege der Delawaren mit
den Irokeſen. Nach dem Vorgeben der
Delawaren waren ſie den Irokeſen immer
uͤberlegen, ſo daß dieſe endlich einſahen,
daß bei laͤngerer Fortſetzung des Krieges
ihr voͤlliger Untergang die unausbleibliche
Folge ſeyn muͤßte.

Sie ſandten alſo Geſandte an die De-
lawaren mit folgender Botſchaft: „Es iſt
nicht gut, daß alle Nationen Krieg fuͤhren;
denn das wird endlich den Untergang der
Indianer nach ſich ziehen. Darum haben
wir auf ein Mittel gedacht, dieſem Uebel
vorzubeugen; es ſoll naͤmlich Eine Nation
die Frau ſeyn. Die wollen wir in die

Mitte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0119" n="112"/>
nach der See zu. Von da aus thaten &#x017F;ie<lb/>
oftmals Einfa&#x0364;lle in die Do&#x0364;rfer der Chero-<lb/>
ke&#x017F;en, mi&#x017F;chten &#x017F;ich unerkannt in ihre<lb/>
na&#x0364;chtlichen Ta&#x0364;nze und ermordeten wa&#x0364;hrend<lb/>
der&#x017F;elben plo&#x0364;tzlich viele. Noch heftiger und<lb/>
a&#x0364;lter waren die Kriege der Delawaren mit<lb/>
den Iroke&#x017F;en. Nach dem Vorgeben der<lb/>
Delawaren waren <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> den Iroke&#x017F;en immer<lb/>
u&#x0364;berlegen, &#x017F;o daß die&#x017F;e endlich ein&#x017F;ahen,<lb/>
daß bei la&#x0364;ngerer Fort&#x017F;etzung des Krieges<lb/>
ihr vo&#x0364;lliger Untergang die unausbleibliche<lb/>
Folge &#x017F;eyn mu&#x0364;ßte.</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;andten al&#x017F;o Ge&#x017F;andte an die De-<lb/>
lawaren mit folgender Bot&#x017F;chaft: &#x201E;Es i&#x017F;t<lb/>
nicht gut, daß alle Nationen Krieg fu&#x0364;hren;<lb/>
denn das wird endlich den Untergang der<lb/>
Indianer nach &#x017F;ich ziehen. Darum haben<lb/>
wir auf ein Mittel gedacht, die&#x017F;em Uebel<lb/>
vorzubeugen; es &#x017F;oll na&#x0364;mlich Eine Nation<lb/>
die <hi rendition="#g">Frau</hi> &#x017F;eyn. Die wollen wir in die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mitte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0119] nach der See zu. Von da aus thaten ſie oftmals Einfaͤlle in die Doͤrfer der Chero- keſen, miſchten ſich unerkannt in ihre naͤchtlichen Taͤnze und ermordeten waͤhrend derſelben ploͤtzlich viele. Noch heftiger und aͤlter waren die Kriege der Delawaren mit den Irokeſen. Nach dem Vorgeben der Delawaren waren ſie den Irokeſen immer uͤberlegen, ſo daß dieſe endlich einſahen, daß bei laͤngerer Fortſetzung des Krieges ihr voͤlliger Untergang die unausbleibliche Folge ſeyn muͤßte. Sie ſandten alſo Geſandte an die De- lawaren mit folgender Botſchaft: „Es iſt nicht gut, daß alle Nationen Krieg fuͤhren; denn das wird endlich den Untergang der Indianer nach ſich ziehen. Darum haben wir auf ein Mittel gedacht, dieſem Uebel vorzubeugen; es ſoll naͤmlich Eine Nation die Frau ſeyn. Die wollen wir in die Mitte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/119
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/119>, abgerufen am 29.03.2024.