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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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viele Deutsche Journäle, die die Modekrankheit
unsrer Zeit sind, in diesen Aussichten zu betrach-
ten, und wie du es für gut findest, in der
Stille zu ordnen. Jn der Stille! denn alle
unsre Kritici sind Richter; jedes Journal
reimt sich mit Tribunal: hierinn ist die Deut-
sche Litteratur ihrem Vaterlande ähnlich;
viele Fürsten und kein gebietender Oberherr!
Man muß also noch so lange in der Stille ur-
theilen, bis man die Kunstrichter auch als
Schriftsteller ansehen lernt. -- -- Jch re-
de von den Litteraturbriefen, und thue mir
darauf zu gut, daß ich von ihnen als von
Mustern meistens reden kann!



"Beinahe ein Gemälde der Deutschen Lit-
"teratur in den lezten fünf Jahren!" * Bei-
nahe! nur was lohnt es mir omissa anzu-
bringen. Hätten sich die Berfasser weniger
durch Streitigkeiten hinreißen lassen; hätten
sie es nicht öfters vergessen, daß sie mit dem
Publikum sprächen: so wäre dies Gemälde

voll-
* s. Schluß der Litt. Br.

viele Deutſche Journaͤle, die die Modekrankheit
unſrer Zeit ſind, in dieſen Ausſichten zu betrach-
ten, und wie du es fuͤr gut findeſt, in der
Stille zu ordnen. Jn der Stille! denn alle
unſre Kritici ſind Richter; jedes Journal
reimt ſich mit Tribunal: hierinn iſt die Deut-
ſche Litteratur ihrem Vaterlande aͤhnlich;
viele Fuͤrſten und kein gebietender Oberherr!
Man muß alſo noch ſo lange in der Stille ur-
theilen, bis man die Kunſtrichter auch als
Schriftſteller anſehen lernt. — — Jch re-
de von den Litteraturbriefen, und thue mir
darauf zu gut, daß ich von ihnen als von
Muſtern meiſtens reden kann!



„Beinahe ein Gemaͤlde der Deutſchen Lit-
„teratur in den lezten fuͤnf Jahren!„ * Bei-
nahe! nur was lohnt es mir omiſſa anzu-
bringen. Haͤtten ſich die Berfaſſer weniger
durch Streitigkeiten hinreißen laſſen; haͤtten
ſie es nicht oͤfters vergeſſen, daß ſie mit dem
Publikum ſpraͤchen: ſo waͤre dies Gemaͤlde

voll-
* ſ. Schluß der Litt. Br.
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[192/0024] viele Deutſche Journaͤle, die die Modekrankheit unſrer Zeit ſind, in dieſen Ausſichten zu betrach- ten, und wie du es fuͤr gut findeſt, in der Stille zu ordnen. Jn der Stille! denn alle unſre Kritici ſind Richter; jedes Journal reimt ſich mit Tribunal: hierinn iſt die Deut- ſche Litteratur ihrem Vaterlande aͤhnlich; viele Fuͤrſten und kein gebietender Oberherr! Man muß alſo noch ſo lange in der Stille ur- theilen, bis man die Kunſtrichter auch als Schriftſteller anſehen lernt. — — Jch re- de von den Litteraturbriefen, und thue mir darauf zu gut, daß ich von ihnen als von Muſtern meiſtens reden kann! „Beinahe ein Gemaͤlde der Deutſchen Lit- „teratur in den lezten fuͤnf Jahren!„ * Bei- nahe! nur was lohnt es mir omiſſa anzu- bringen. Haͤtten ſich die Berfaſſer weniger durch Streitigkeiten hinreißen laſſen; haͤtten ſie es nicht oͤfters vergeſſen, daß ſie mit dem Publikum ſpraͤchen: ſo waͤre dies Gemaͤlde voll- * ſ. Schluß der Litt. Br.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/24>, abgerufen am 29.03.2024.