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Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

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rung der Dissimilirung, sondern auch mittelbar durch Steigerung
der Assimilirung in dem gereizten Theile und dessen Umgebung
wirkt; dies hat die A-Ermüdung der gereizten Stelle zur Folge,
an welcher diese indirecte Wirkung am stärksten ist.

In die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der Nachbilder im
geschlossenen Auge kommt Ordnung und Klarheit, wenn man
neben der D-Ermüdung zugleich die A-Ermüdung in Rechnung
zieht. Berücksichtigt man hierbei auch immer die Wechselwirkung
der einzelnen Theile, welche im verdunkelten Auge unter dem
Einflusse der inneren Reize ganz analog stattfindet, wie im
offenen, dem Lichtreize ausgesetzten Auge, bedenkt man, daß
diese Wechselwirkungen in der Nähe der Conturen immer am
stärksten sind, wodurch die "Säume" und "Randscheine"
(Fechner) der Nachbilder entstehen, so ist man hinreichend
ausgerüstet, um die Untersuchung dieser Erscheinungen da wie-
der aufzunehmen, wo sie Fechner leider abbrechen mußte, und
auf Grund der classischen Untersuchung dieses Forschers weiter
zu bauen. Meine späteren Mittheilungen werden, wie ich hoffe,
diese Behauptung mehr und mehr rechtfertigen. Hier wollte
ich nur den leitenden Faden zeigen, der, wie ich meine, durch
dieses Labyrinth von Erscheinungen führen kann.

Selbstverständlich kommt die A-Ermüdung oder Minderung
des A-Vermögens auch bei den in den früheren Paragraphen be-
sprochenen Erscheinungen vielfach in Betracht. Da ich aber die
Darstellung nicht gleich vom Anfang an auch durch Berücksich-
tigung dieses Factors, der dort nur das Maaß, nicht die Richtung
der Erscheinung ändert, compliciren wollte, so habe ich vorläufig
davon abgesehen.

§. 36.
Über Plateau's Theorie.

Ich habe im Obigen nur auf die jetzt ziemlich allgemein
angenommene und insbesondere von Helmholtz entwickelte
Theorie kritische Rücksicht genommen, die Theorie Plateau's
aber ganz vernachläßigt. Derselbe Vorwurf, den ich der erst-
genannten Theorie machen mußte, daß sie nämlich einen Theil
der Thatsachen aus dem Zusammenhange der übrigen heraus-
reißt und mit der Erklärung dieses Theiles das Ganze erklärt

rung der Dissimilirung, sondern auch mittelbar durch Steigerung
der Assimilirung in dem gereizten Theile und dessen Umgebung
wirkt; dies hat die A-Ermüdung der gereizten Stelle zur Folge,
an welcher diese indirecte Wirkung am stärksten ist.

In die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der Nachbilder im
geschlossenen Auge kommt Ordnung und Klarheit, wenn man
neben der D-Ermüdung zugleich die A-Ermüdung in Rechnung
zieht. Berücksichtigt man hierbei auch immer die Wechselwirkung
der einzelnen Theile, welche im verdunkelten Auge unter dem
Einflusse der inneren Reize ganz analog stattfindet, wie im
offenen, dem Lichtreize ausgesetzten Auge, bedenkt man, daß
diese Wechselwirkungen in der Nähe der Conturen immer am
stärksten sind, wodurch die „Säume“ und „Randscheine“
(Fechner) der Nachbilder entstehen, so ist man hinreichend
ausgerüstet, um die Untersuchung dieser Erscheinungen da wie-
der aufzunehmen, wo sie Fechner leider abbrechen mußte, und
auf Grund der classischen Untersuchung dieses Forschers weiter
zu bauen. Meine späteren Mittheilungen werden, wie ich hoffe,
diese Behauptung mehr und mehr rechtfertigen. Hier wollte
ich nur den leitenden Faden zeigen, der, wie ich meine, durch
dieses Labyrinth von Erscheinungen führen kann.

Selbstverständlich kommt die A-Ermüdung oder Minderung
des A-Vermögens auch bei den in den früheren Paragraphen be-
sprochenen Erscheinungen vielfach in Betracht. Da ich aber die
Darstellung nicht gleich vom Anfang an auch durch Berücksich-
tigung dieses Factors, der dort nur das Maaß, nicht die Richtung
der Erscheinung ändert, compliciren wollte, so habe ich vorläufig
davon abgesehen.

§. 36.
Über Plateau’s Theorie.

Ich habe im Obigen nur auf die jetzt ziemlich allgemein
angenommene und insbesondere von Helmholtz entwickelte
Theorie kritische Rücksicht genommen, die Theorie Plateau’s
aber ganz vernachläßigt. Derselbe Vorwurf, den ich der erst-
genannten Theorie machen mußte, daß sie nämlich einen Theil
der Thatsachen aus dem Zusammenhange der übrigen heraus-
reißt und mit der Erklärung dieses Theiles das Ganze erklärt

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[103/0111] rung der Dissimilirung, sondern auch mittelbar durch Steigerung der Assimilirung in dem gereizten Theile und dessen Umgebung wirkt; dies hat die A-Ermüdung der gereizten Stelle zur Folge, an welcher diese indirecte Wirkung am stärksten ist. In die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der Nachbilder im geschlossenen Auge kommt Ordnung und Klarheit, wenn man neben der D-Ermüdung zugleich die A-Ermüdung in Rechnung zieht. Berücksichtigt man hierbei auch immer die Wechselwirkung der einzelnen Theile, welche im verdunkelten Auge unter dem Einflusse der inneren Reize ganz analog stattfindet, wie im offenen, dem Lichtreize ausgesetzten Auge, bedenkt man, daß diese Wechselwirkungen in der Nähe der Conturen immer am stärksten sind, wodurch die „Säume“ und „Randscheine“ (Fechner) der Nachbilder entstehen, so ist man hinreichend ausgerüstet, um die Untersuchung dieser Erscheinungen da wie- der aufzunehmen, wo sie Fechner leider abbrechen mußte, und auf Grund der classischen Untersuchung dieses Forschers weiter zu bauen. Meine späteren Mittheilungen werden, wie ich hoffe, diese Behauptung mehr und mehr rechtfertigen. Hier wollte ich nur den leitenden Faden zeigen, der, wie ich meine, durch dieses Labyrinth von Erscheinungen führen kann. Selbstverständlich kommt die A-Ermüdung oder Minderung des A-Vermögens auch bei den in den früheren Paragraphen be- sprochenen Erscheinungen vielfach in Betracht. Da ich aber die Darstellung nicht gleich vom Anfang an auch durch Berücksich- tigung dieses Factors, der dort nur das Maaß, nicht die Richtung der Erscheinung ändert, compliciren wollte, so habe ich vorläufig davon abgesehen. §. 36. Über Plateau’s Theorie. Ich habe im Obigen nur auf die jetzt ziemlich allgemein angenommene und insbesondere von Helmholtz entwickelte Theorie kritische Rücksicht genommen, die Theorie Plateau’s aber ganz vernachläßigt. Derselbe Vorwurf, den ich der erst- genannten Theorie machen mußte, daß sie nämlich einen Theil der Thatsachen aus dem Zusammenhange der übrigen heraus- reißt und mit der Erklärung dieses Theiles das Ganze erklärt

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Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/111>, abgerufen am 19.03.2024.