Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 13.
Die simultane Contrastwirkung nimmt ab mit dem
gegenseitigen Abstande der contrastirenden Netz-
hautstellen
.

Die Untersuchung der successiven Lichtinduction lehrte,
daß die Helligkeit des inducirten Lichtes abnahm mit der Ent-
fernung von derjenigen Stelle, von welcher aus das Licht indu-
cirt wurde. Bei der Beziehung, welche wir soeben zwischen suc-
cessiver Lichtinduction und simultanem Contraste gefunden haben,
können wir nun schließen, daß auch die Contrastwirkung oder
negative Lichtinduction abnehmen werde mit der Entfernung von
derjenigen Netzhautstelle, von welcher aus das negative Licht
oder die Verdunklung inducirt wird. Zum Beweise dafür, daß
es sich wirklich so verhält, will ich einen einzigen, leicht zu
improvisirenden Versuch anführen; denn der Satz selbst wird
weder von den Spiritualisten noch von den Vertretern der physio-
logischen Hypothese bestritten, und mancherlei Beweise für den-
selben sind von verschiedenen Seiten bereits beigebracht worden.

Man lege zwei 4 Cm. lange und 1/2 Cm. breite Streifen
dunkelgrauen Papiers auf einen tiefdunklen Grund parallel neben-
einander bei einem gegenseitigen Abstande von etwa 1 Cm. In
der Mitte und auf mittlerer Höhe zwischen beiden Streifen mache
man auf dem Grunde eine Marke. Nachdem man dann seine
Augen einige Zeit geschlossen gehalten hat, fixire man diese
Marke und schiebe ein großes weißes Blatt von der Seite bis
dicht an den einen Streifen heran. Man wird bemerken, daß
dieser Streifen fortan deutlich dunkler erscheint, als der andere.
Zur Controle schiebe man dann das weiße Blatt von der an-
deren Seite her an den anderen Streifen, und sofort wird dieser
als der dunklere erscheinen. Ob man gleichzeitig mit der Ver-
dunklung des einen Streifens auch eine Veränderung des andern
bemerkt oder nicht, ist hier vorerst gleichgiltig; denn der Ver-
such beweist jedenfalls, besonders wenn man ihn etwas variirt,
daß die Contrastwirkung in der Nähe stärker ist, als bei größe-
rem Abstande.

Wenn man sich übrigens in der Beobachtung kleinerer
Helligkeitsunterschiede einigermaßen geübt hat oder auch nur

§. 13.
Die simultane Contrastwirkung nimmt ab mit dem
gegenseitigen Abstande der contrastirenden Netz-
hautstellen
.

Die Untersuchung der successiven Lichtinduction lehrte,
daß die Helligkeit des inducirten Lichtes abnahm mit der Ent-
fernung von derjenigen Stelle, von welcher aus das Licht indu-
cirt wurde. Bei der Beziehung, welche wir soeben zwischen suc-
cessiver Lichtinduction und simultanem Contraste gefunden haben,
können wir nun schließen, daß auch die Contrastwirkung oder
negative Lichtinduction abnehmen werde mit der Entfernung von
derjenigen Netzhautstelle, von welcher aus das negative Licht
oder die Verdunklung inducirt wird. Zum Beweise dafür, daß
es sich wirklich so verhält, will ich einen einzigen, leicht zu
improvisirenden Versuch anführen; denn der Satz selbst wird
weder von den Spiritualisten noch von den Vertretern der physio-
logischen Hypothese bestritten, und mancherlei Beweise für den-
selben sind von verschiedenen Seiten bereits beigebracht worden.

Man lege zwei 4 Cm. lange und ½ Cm. breite Streifen
dunkelgrauen Papiers auf einen tiefdunklen Grund parallel neben-
einander bei einem gegenseitigen Abstande von etwa 1 Cm. In
der Mitte und auf mittlerer Höhe zwischen beiden Streifen mache
man auf dem Grunde eine Marke. Nachdem man dann seine
Augen einige Zeit geschlossen gehalten hat, fixire man diese
Marke und schiebe ein großes weißes Blatt von der Seite bis
dicht an den einen Streifen heran. Man wird bemerken, daß
dieser Streifen fortan deutlich dunkler erscheint, als der andere.
Zur Controle schiebe man dann das weiße Blatt von der an-
deren Seite her an den anderen Streifen, und sofort wird dieser
als der dunklere erscheinen. Ob man gleichzeitig mit der Ver-
dunklung des einen Streifens auch eine Veränderung des andern
bemerkt oder nicht, ist hier vorerst gleichgiltig; denn der Ver-
such beweist jedenfalls, besonders wenn man ihn etwas variirt,
daß die Contrastwirkung in der Nähe stärker ist, als bei größe-
rem Abstande.

Wenn man sich übrigens in der Beobachtung kleinerer
Helligkeitsunterschiede einigermaßen geübt hat oder auch nur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0040" n="32"/>
        <div n="2">
          <head>§. 13.<lb/><hi rendition="#g">Die simultane Contrastwirkung nimmt ab mit dem<lb/>
gegenseitigen Abstande der contrastirenden Netz-<lb/>
hautstellen</hi>.</head><lb/>
          <p>Die Untersuchung der successiven Lichtinduction lehrte,<lb/>
daß die Helligkeit des inducirten Lichtes abnahm mit der Ent-<lb/>
fernung von derjenigen Stelle, von welcher aus das Licht indu-<lb/>
cirt wurde. Bei der Beziehung, welche wir soeben zwischen suc-<lb/>
cessiver Lichtinduction und simultanem Contraste gefunden haben,<lb/>
können wir nun schließen, daß auch die Contrastwirkung oder<lb/>
negative Lichtinduction abnehmen werde mit der Entfernung von<lb/>
derjenigen Netzhautstelle, von welcher aus das negative Licht<lb/>
oder die Verdunklung inducirt wird. Zum Beweise dafür, daß<lb/>
es sich wirklich so verhält, will ich einen einzigen, leicht zu<lb/>
improvisirenden Versuch anführen; denn der Satz selbst wird<lb/>
weder von den Spiritualisten noch von den Vertretern der physio-<lb/>
logischen Hypothese bestritten, und mancherlei Beweise für den-<lb/>
selben sind von verschiedenen Seiten bereits beigebracht worden.</p><lb/>
          <p>Man lege zwei 4 Cm. lange und ½ Cm. breite Streifen<lb/>
dunkelgrauen Papiers auf einen tiefdunklen Grund parallel neben-<lb/>
einander bei einem gegenseitigen Abstande von etwa 1 Cm. In<lb/>
der Mitte und auf mittlerer Höhe zwischen beiden Streifen mache<lb/>
man auf dem Grunde eine Marke. Nachdem man dann seine<lb/>
Augen einige Zeit geschlossen gehalten hat, fixire man diese<lb/>
Marke und schiebe ein großes weißes Blatt von der Seite bis<lb/>
dicht an den einen Streifen heran. Man wird bemerken, daß<lb/>
dieser Streifen fortan deutlich dunkler erscheint, als der andere.<lb/>
Zur Controle schiebe man dann das weiße Blatt von der an-<lb/>
deren Seite her an den anderen Streifen, und sofort wird dieser<lb/>
als der dunklere erscheinen. Ob man gleichzeitig mit der Ver-<lb/>
dunklung des einen Streifens auch eine Veränderung des andern<lb/>
bemerkt oder nicht, ist hier vorerst gleichgiltig; denn der Ver-<lb/>
such beweist jedenfalls, besonders wenn man ihn etwas variirt,<lb/>
daß die Contrastwirkung in der Nähe stärker ist, als bei größe-<lb/>
rem Abstande.</p><lb/>
          <p>Wenn man sich übrigens in der Beobachtung kleinerer<lb/>
Helligkeitsunterschiede einigermaßen geübt hat oder auch nur<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0040] §. 13. Die simultane Contrastwirkung nimmt ab mit dem gegenseitigen Abstande der contrastirenden Netz- hautstellen. Die Untersuchung der successiven Lichtinduction lehrte, daß die Helligkeit des inducirten Lichtes abnahm mit der Ent- fernung von derjenigen Stelle, von welcher aus das Licht indu- cirt wurde. Bei der Beziehung, welche wir soeben zwischen suc- cessiver Lichtinduction und simultanem Contraste gefunden haben, können wir nun schließen, daß auch die Contrastwirkung oder negative Lichtinduction abnehmen werde mit der Entfernung von derjenigen Netzhautstelle, von welcher aus das negative Licht oder die Verdunklung inducirt wird. Zum Beweise dafür, daß es sich wirklich so verhält, will ich einen einzigen, leicht zu improvisirenden Versuch anführen; denn der Satz selbst wird weder von den Spiritualisten noch von den Vertretern der physio- logischen Hypothese bestritten, und mancherlei Beweise für den- selben sind von verschiedenen Seiten bereits beigebracht worden. Man lege zwei 4 Cm. lange und ½ Cm. breite Streifen dunkelgrauen Papiers auf einen tiefdunklen Grund parallel neben- einander bei einem gegenseitigen Abstande von etwa 1 Cm. In der Mitte und auf mittlerer Höhe zwischen beiden Streifen mache man auf dem Grunde eine Marke. Nachdem man dann seine Augen einige Zeit geschlossen gehalten hat, fixire man diese Marke und schiebe ein großes weißes Blatt von der Seite bis dicht an den einen Streifen heran. Man wird bemerken, daß dieser Streifen fortan deutlich dunkler erscheint, als der andere. Zur Controle schiebe man dann das weiße Blatt von der an- deren Seite her an den anderen Streifen, und sofort wird dieser als der dunklere erscheinen. Ob man gleichzeitig mit der Ver- dunklung des einen Streifens auch eine Veränderung des andern bemerkt oder nicht, ist hier vorerst gleichgiltig; denn der Ver- such beweist jedenfalls, besonders wenn man ihn etwas variirt, daß die Contrastwirkung in der Nähe stärker ist, als bei größe- rem Abstande. Wenn man sich übrigens in der Beobachtung kleinerer Helligkeitsunterschiede einigermaßen geübt hat oder auch nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Aus pragmatischen Gründen wurde für das DTA die z… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/40
Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/40>, abgerufen am 19.04.2024.