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Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

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übrige schwarze Fläche, und zwar besonders in unmittelbarer
Nähe des Saumes noch heller.

An jedem Stückchen schwarzen Papiers, welches man auf
eine helle, weiße Fläche legt, macht man ganz analoge Be-
obachtungen.

Da bei solchen Versuchen überall da, wo helle und dunkle
Flächen zusammenstossen, bei lange dauernder Fixation die
dunklen Theile sich mehr und mehr mit Licht überziehen, so will
ich im Anschlusse an die gebräuchlichen Bezeichnungen diese
Erscheinung als simultane Lichtinduction benennen.

§. 16.
Die simultane Lichtinduction läßt sich nicht als
bloße Ermüdungserscheinung auffassen
.

Die halb physiologische, halb psychologische Erklärung,
welche die spiritualistische Theorie von der beschriebenen Er-
scheinung gibt, ist folgende:

Infolge der zunehmenden Ermüdung, welcher die vom
Weißen beleuchtete Netzhauthälfte unterworfen ist, erscheint
dieses Weiß zunehmend lichtschwächer oder grauer. Dem ent-
sprechend wird die Contrastwirkung zwischen diesem Weiß und
dem Schwarz immer schwächer, und nimmt letzteres scheinbar
an Helligkeit zu. Dieser Schein wird noch dadurch begünstigt,
daß es nicht möglich ist, ganz fest zu fixiren. Denn infolge
der unwillkürlichen Blickschwankungen schiebt sich abwechselnd
bald ein schmaler Streif des Weißen auf die Netzhauthälfte, die
zuvor Schwarz sah und daher relativ ausgeruht ist, bald ein
schmaler Streif des Schwarzen auf die zuvor durch das Weiß er-
müdete Netzhauthälfte. Im ersten Falle sieht man den entspre-
chenden Streifen des Weißen wieder in der ursprünglichen Hellig-
keit, und dagegen erscheint das übrige Weiß im Contraste noch
grauer; im andern Falle sieht man den Streifen des Schwarzen
viel dunkler als das übrige Schwarz, weil es jetzt auf einen
stark ermüdeten Netzhauttheil fällt, und im Contraste hierzu er-
scheint uns die übrige schwarze Fläche noch heller, am meisten
in unmittelbarer Nähe des tief dunklen Saumes.

Diese Erklärung legt also ein besonderes Gewicht auf das,
was ich nur als nebensächlich erwähnt habe, nämlich auf das

übrige schwarze Fläche, und zwar besonders in unmittelbarer
Nähe des Saumes noch heller.

An jedem Stückchen schwarzen Papiers, welches man auf
eine helle, weiße Fläche legt, macht man ganz analoge Be-
obachtungen.

Da bei solchen Versuchen überall da, wo helle und dunkle
Flächen zusammenstossen, bei lange dauernder Fixation die
dunklen Theile sich mehr und mehr mit Licht überziehen, so will
ich im Anschlusse an die gebräuchlichen Bezeichnungen diese
Erscheinung als simultane Lichtinduction benennen.

§. 16.
Die simultane Lichtinduction läßt sich nicht als
bloße Ermüdungserscheinung auffassen
.

Die halb physiologische, halb psychologische Erklärung,
welche die spiritualistische Theorie von der beschriebenen Er-
scheinung gibt, ist folgende:

Infolge der zunehmenden Ermüdung, welcher die vom
Weißen beleuchtete Netzhauthälfte unterworfen ist, erscheint
dieses Weiß zunehmend lichtschwächer oder grauer. Dem ent-
sprechend wird die Contrastwirkung zwischen diesem Weiß und
dem Schwarz immer schwächer, und nimmt letzteres scheinbar
an Helligkeit zu. Dieser Schein wird noch dadurch begünstigt,
daß es nicht möglich ist, ganz fest zu fixiren. Denn infolge
der unwillkürlichen Blickschwankungen schiebt sich abwechselnd
bald ein schmaler Streif des Weißen auf die Netzhauthälfte, die
zuvor Schwarz sah und daher relativ ausgeruht ist, bald ein
schmaler Streif des Schwarzen auf die zuvor durch das Weiß er-
müdete Netzhauthälfte. Im ersten Falle sieht man den entspre-
chenden Streifen des Weißen wieder in der ursprünglichen Hellig-
keit, und dagegen erscheint das übrige Weiß im Contraste noch
grauer; im andern Falle sieht man den Streifen des Schwarzen
viel dunkler als das übrige Schwarz, weil es jetzt auf einen
stark ermüdeten Netzhauttheil fällt, und im Contraste hierzu er-
scheint uns die übrige schwarze Fläche noch heller, am meisten
in unmittelbarer Nähe des tief dunklen Saumes.

Diese Erklärung legt also ein besonderes Gewicht auf das,
was ich nur als nebensächlich erwähnt habe, nämlich auf das

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[37/0045] übrige schwarze Fläche, und zwar besonders in unmittelbarer Nähe des Saumes noch heller. An jedem Stückchen schwarzen Papiers, welches man auf eine helle, weiße Fläche legt, macht man ganz analoge Be- obachtungen. Da bei solchen Versuchen überall da, wo helle und dunkle Flächen zusammenstossen, bei lange dauernder Fixation die dunklen Theile sich mehr und mehr mit Licht überziehen, so will ich im Anschlusse an die gebräuchlichen Bezeichnungen diese Erscheinung als simultane Lichtinduction benennen. §. 16. Die simultane Lichtinduction läßt sich nicht als bloße Ermüdungserscheinung auffassen. Die halb physiologische, halb psychologische Erklärung, welche die spiritualistische Theorie von der beschriebenen Er- scheinung gibt, ist folgende: Infolge der zunehmenden Ermüdung, welcher die vom Weißen beleuchtete Netzhauthälfte unterworfen ist, erscheint dieses Weiß zunehmend lichtschwächer oder grauer. Dem ent- sprechend wird die Contrastwirkung zwischen diesem Weiß und dem Schwarz immer schwächer, und nimmt letzteres scheinbar an Helligkeit zu. Dieser Schein wird noch dadurch begünstigt, daß es nicht möglich ist, ganz fest zu fixiren. Denn infolge der unwillkürlichen Blickschwankungen schiebt sich abwechselnd bald ein schmaler Streif des Weißen auf die Netzhauthälfte, die zuvor Schwarz sah und daher relativ ausgeruht ist, bald ein schmaler Streif des Schwarzen auf die zuvor durch das Weiß er- müdete Netzhauthälfte. Im ersten Falle sieht man den entspre- chenden Streifen des Weißen wieder in der ursprünglichen Hellig- keit, und dagegen erscheint das übrige Weiß im Contraste noch grauer; im andern Falle sieht man den Streifen des Schwarzen viel dunkler als das übrige Schwarz, weil es jetzt auf einen stark ermüdeten Netzhauttheil fällt, und im Contraste hierzu er- scheint uns die übrige schwarze Fläche noch heller, am meisten in unmittelbarer Nähe des tief dunklen Saumes. Diese Erklärung legt also ein besonderes Gewicht auf das, was ich nur als nebensächlich erwähnt habe, nämlich auf das

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Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/45>, abgerufen am 19.03.2024.