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[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.

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XXXII.
Wie Jakob hab' ich oft mit Gott gerungen,
Oft fühlt' ich meinen Glauben zweifelnd stocken,
Und oftmals haben Eure Kirchenglocken,
Ich läugn' es nicht, verdrießlich mir geklungen.
Ich habe gern mein eigen Lied gesungen,
Gesponnen gern von meinem eignen Rocken,
Bin nie nach eines Priesters schmalen Brocken,
Ein hungeriger Zionsheld, gesprungen.
Doch scheint auch Ihr mir nicht vom besten Stempel,
Und so verschmerz' ich Euer pfäffisch Schnauben
Und Euere für mich verschloßnen Tempel.
Wär' ich wie Schlangen klug und fromm wie Tauben,
Würd' ich ein Heiliger gar zum Exempel --
Ihr steinigtet mich wohl um meinen Glauben!
XXXII.
Wie Jakob hab' ich oft mit Gott gerungen,
Oft fühlt' ich meinen Glauben zweifelnd ſtocken,
Und oftmals haben Eure Kirchenglocken,
Ich läugn' es nicht, verdrießlich mir geklungen.
Ich habe gern mein eigen Lied geſungen,
Geſponnen gern von meinem eignen Rocken,
Bin nie nach eines Prieſters ſchmalen Brocken,
Ein hungeriger Zionsheld, geſprungen.
Doch ſcheint auch Ihr mir nicht vom beſten Stempel,
Und ſo verſchmerz' ich Euer pfäffiſch Schnauben
Und Euere für mich verſchloßnen Tempel.
Wär' ich wie Schlangen klug und fromm wie Tauben,
Würd' ich ein Heiliger gar zum Exempel —
Ihr ſteinigtet mich wohl um meinen Glauben!
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[162/0168] XXXII. Wie Jakob hab' ich oft mit Gott gerungen, Oft fühlt' ich meinen Glauben zweifelnd ſtocken, Und oftmals haben Eure Kirchenglocken, Ich läugn' es nicht, verdrießlich mir geklungen. Ich habe gern mein eigen Lied geſungen, Geſponnen gern von meinem eignen Rocken, Bin nie nach eines Prieſters ſchmalen Brocken, Ein hungeriger Zionsheld, geſprungen. Doch ſcheint auch Ihr mir nicht vom beſten Stempel, Und ſo verſchmerz' ich Euer pfäffiſch Schnauben Und Euere für mich verſchloßnen Tempel. Wär' ich wie Schlangen klug und fromm wie Tauben, Würd' ich ein Heiliger gar zum Exempel — Ihr ſteinigtet mich wohl um meinen Glauben!

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Zitationshilfe: [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/168>, abgerufen am 29.03.2024.