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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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aus nicht glauben, daß ich ein Curländer
wäre. -- Nachdem ich ihm dieses in lateini-
scher, nachhero aber, um es desto kräftiger
zu machen, auch in deutscher Sprache ver-
sicherte, fand er für gut mich zu fragen: ob
mein Vater ein Curländer wäre? Dies
setzte mich aus aller Fassung, besonders da
er diesen Ausfall in reinem Deutsch that, und
meinem Reisegefehrten diese verfängliche Frage
zu Ohren gekommen war. Ich ward Blut-
roth -- und nach einer Weile (dergleichen
Empfindung ist immer wie ein kaltes Fieber)
fühlt ich, daß ich wie eine bleich gewordene
Rose ausgesehen haben müßte. -- Der Pro-
feßor, (das merkt' ich auch,) sah mich so an,
wie man eine bleichgewordene Ros' anzuse-
hen gewohnt ist -- mit einer großen Theil-
nehmung. Er trieb diese Frage nicht weiter;
allein ich war bestimmt, bey Sr. Spekta-
bilität aus dem Regen in die Traufe zu
kommen.

Erst einige Fragen nach Art meiner Gros-
mutter mütterlicher Seits, z. E. wie sich la-
tinum
von latinitas unterschiede?

Was der Magister Saliorum für eine
Würde bekleidet? was für ein unlauteres un-
orthodoxes Wort dem Tiberius Gewissens-

bisse
O 3

aus nicht glauben, daß ich ein Curlaͤnder
waͤre. — Nachdem ich ihm dieſes in lateini-
ſcher, nachhero aber, um es deſto kraͤftiger
zu machen, auch in deutſcher Sprache ver-
ſicherte, fand er fuͤr gut mich zu fragen: ob
mein Vater ein Curlaͤnder waͤre? Dies
ſetzte mich aus aller Faſſung, beſonders da
er dieſen Ausfall in reinem Deutſch that, und
meinem Reiſegefehrten dieſe verfaͤngliche Frage
zu Ohren gekommen war. Ich ward Blut-
roth — und nach einer Weile (dergleichen
Empfindung iſt immer wie ein kaltes Fieber)
fuͤhlt ich, daß ich wie eine bleich gewordene
Roſe ausgeſehen haben muͤßte. — Der Pro-
feßor, (das merkt’ ich auch,) ſah mich ſo an,
wie man eine bleichgewordene Roſ’ anzuſe-
hen gewohnt iſt — mit einer großen Theil-
nehmung. Er trieb dieſe Frage nicht weiter;
allein ich war beſtimmt, bey Sr. Spekta-
bilitaͤt aus dem Regen in die Traufe zu
kommen.

Erſt einige Fragen nach Art meiner Gros-
mutter muͤtterlicher Seits, z. E. wie ſich la-
tinum
von latinitas unterſchiede?

Was der Magiſter Saliorum fuͤr eine
Wuͤrde bekleidet? was fuͤr ein unlauteres un-
orthodoxes Wort dem Tiberius Gewiſſens-

biſſe
O 3
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[213/0221] aus nicht glauben, daß ich ein Curlaͤnder waͤre. — Nachdem ich ihm dieſes in lateini- ſcher, nachhero aber, um es deſto kraͤftiger zu machen, auch in deutſcher Sprache ver- ſicherte, fand er fuͤr gut mich zu fragen: ob mein Vater ein Curlaͤnder waͤre? Dies ſetzte mich aus aller Faſſung, beſonders da er dieſen Ausfall in reinem Deutſch that, und meinem Reiſegefehrten dieſe verfaͤngliche Frage zu Ohren gekommen war. Ich ward Blut- roth — und nach einer Weile (dergleichen Empfindung iſt immer wie ein kaltes Fieber) fuͤhlt ich, daß ich wie eine bleich gewordene Roſe ausgeſehen haben muͤßte. — Der Pro- feßor, (das merkt’ ich auch,) ſah mich ſo an, wie man eine bleichgewordene Roſ’ anzuſe- hen gewohnt iſt — mit einer großen Theil- nehmung. Er trieb dieſe Frage nicht weiter; allein ich war beſtimmt, bey Sr. Spekta- bilitaͤt aus dem Regen in die Traufe zu kommen. Erſt einige Fragen nach Art meiner Gros- mutter muͤtterlicher Seits, z. E. wie ſich la- tinum von latinitas unterſchiede? Was der Magiſter Saliorum fuͤr eine Wuͤrde bekleidet? was fuͤr ein unlauteres un- orthodoxes Wort dem Tiberius Gewiſſens- biſſe O 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/221>, abgerufen am 28.03.2024.