Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

der Philosophie, sondern gesund. Sie waren
nicht Aristoteliker sondern Menschen. Den
Cicero machten die Wissenschaften ruhig;
denn er sprach wenigstens, wie Sokrates lebte,
und schon diese von der Naturphilosophie ent-
zündeten Worte weheten ihm Ruhe zu. --
Durch die Scholastiker ist dem Summus Ari-
stoteles
ein Ehrengedächtnis gestiftet. Der
Ausleger weiß immer ein Drittel mehr, als
sein Autor; so geht es immer, und so gieng
es auch hier! Man findet von diesem Greuel
der Verwüstung noch Ueberbleibsel, und vor-
züglich sind diese Antiquitäten noch in der Lo-
gik zu sehen. -- Da giebt es Alterthümer die
Menge, (Einen Winkelmann bey den Anti-
quitäten der Logik, wünscht ich blos der
Seltenheit wegen; dieses ist ein Wunsch der
ohne Fingerzeig weit jünger, als mein Exa-
men, ist.)

Des Aristoteles, Gott! verzeih mir mei-
ne Sünden! oder vielmehr seiner Ausleger
wegen; denn wahrlich Er, für seine Person,
war ein Mann, der sich gewaschen hatte,
solte man eine Feindschaft wider all' undeut-
sche Namen in der Philosophie haben. -- Die
Ausleger! was sind sie meistentheils und was
sind sie in casu besonders? Canäle in die kreuz

und
P 5

der Philoſophie, ſondern geſund. Sie waren
nicht Ariſtoteliker ſondern Menſchen. Den
Cicero machten die Wiſſenſchaften ruhig;
denn er ſprach wenigſtens, wie Sokrates lebte,
und ſchon dieſe von der Naturphiloſophie ent-
zuͤndeten Worte weheten ihm Ruhe zu. —
Durch die Scholaſtiker iſt dem Summus Ari-
ſtoteles
ein Ehrengedaͤchtnis geſtiftet. Der
Ausleger weiß immer ein Drittel mehr, als
ſein Autor; ſo geht es immer, und ſo gieng
es auch hier! Man findet von dieſem Greuel
der Verwuͤſtung noch Ueberbleibſel, und vor-
zuͤglich ſind dieſe Antiquitaͤten noch in der Lo-
gik zu ſehen. — Da giebt es Alterthuͤmer die
Menge, (Einen Winkelmann bey den Anti-
quitaͤten der Logik, wuͤnſcht ich blos der
Seltenheit wegen; dieſes iſt ein Wunſch der
ohne Fingerzeig weit juͤnger, als mein Exa-
men, iſt.)

Des Ariſtoteles, Gott! verzeih mir mei-
ne Suͤnden! oder vielmehr ſeiner Ausleger
wegen; denn wahrlich Er, fuͤr ſeine Perſon,
war ein Mann, der ſich gewaſchen hatte,
ſolte man eine Feindſchaft wider all’ undeut-
ſche Namen in der Philoſophie haben. — Die
Ausleger! was ſind ſie meiſtentheils und was
ſind ſie in caſu beſonders? Canaͤle in die kreuz

und
P 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0241" n="233"/>
der Philo&#x017F;ophie, &#x017F;ondern ge&#x017F;und. Sie waren<lb/>
nicht Ari&#x017F;toteliker &#x017F;ondern Men&#x017F;chen. Den<lb/>
Cicero machten die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften ruhig;<lb/>
denn er &#x017F;prach wenig&#x017F;tens, wie Sokrates lebte,<lb/>
und &#x017F;chon die&#x017F;e von der Naturphilo&#x017F;ophie ent-<lb/>
zu&#x0364;ndeten Worte weheten ihm Ruhe zu. &#x2014;<lb/>
Durch die Schola&#x017F;tiker i&#x017F;t dem <hi rendition="#aq">Summus Ari-<lb/>
&#x017F;toteles</hi> ein Ehrengeda&#x0364;chtnis ge&#x017F;tiftet. Der<lb/>
Ausleger weiß immer ein Drittel mehr, als<lb/>
&#x017F;ein Autor; &#x017F;o geht es immer, und &#x017F;o gieng<lb/>
es auch hier! Man findet von die&#x017F;em Greuel<lb/>
der Verwu&#x0364;&#x017F;tung noch Ueberbleib&#x017F;el, und vor-<lb/>
zu&#x0364;glich &#x017F;ind die&#x017F;e Antiquita&#x0364;ten noch in der Lo-<lb/>
gik zu &#x017F;ehen. &#x2014; Da giebt es Alterthu&#x0364;mer die<lb/>
Menge, (Einen <hi rendition="#fr">Winkelmann</hi> bey den Anti-<lb/>
quita&#x0364;ten der Logik, wu&#x0364;n&#x017F;cht ich blos der<lb/>
Seltenheit wegen; die&#x017F;es i&#x017F;t ein Wun&#x017F;ch der<lb/>
ohne Fingerzeig weit ju&#x0364;nger, als mein Exa-<lb/>
men, i&#x017F;t.)</p><lb/>
          <p>Des Ari&#x017F;toteles, Gott! verzeih mir mei-<lb/>
ne Su&#x0364;nden! oder vielmehr &#x017F;einer <hi rendition="#fr">Ausleger</hi><lb/>
wegen; denn wahrlich Er, fu&#x0364;r &#x017F;eine Per&#x017F;on,<lb/>
war ein Mann, der &#x017F;ich gewa&#x017F;chen hatte,<lb/>
&#x017F;olte man eine Feind&#x017F;chaft wider all&#x2019; undeut-<lb/>
&#x017F;che Namen in der Philo&#x017F;ophie haben. &#x2014; Die<lb/><hi rendition="#fr">Ausleger!</hi> was &#x017F;ind &#x017F;ie mei&#x017F;tentheils und was<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ie in ca&#x017F;u be&#x017F;onders? Cana&#x0364;le in die kreuz<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 5</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0241] der Philoſophie, ſondern geſund. Sie waren nicht Ariſtoteliker ſondern Menſchen. Den Cicero machten die Wiſſenſchaften ruhig; denn er ſprach wenigſtens, wie Sokrates lebte, und ſchon dieſe von der Naturphiloſophie ent- zuͤndeten Worte weheten ihm Ruhe zu. — Durch die Scholaſtiker iſt dem Summus Ari- ſtoteles ein Ehrengedaͤchtnis geſtiftet. Der Ausleger weiß immer ein Drittel mehr, als ſein Autor; ſo geht es immer, und ſo gieng es auch hier! Man findet von dieſem Greuel der Verwuͤſtung noch Ueberbleibſel, und vor- zuͤglich ſind dieſe Antiquitaͤten noch in der Lo- gik zu ſehen. — Da giebt es Alterthuͤmer die Menge, (Einen Winkelmann bey den Anti- quitaͤten der Logik, wuͤnſcht ich blos der Seltenheit wegen; dieſes iſt ein Wunſch der ohne Fingerzeig weit juͤnger, als mein Exa- men, iſt.) Des Ariſtoteles, Gott! verzeih mir mei- ne Suͤnden! oder vielmehr ſeiner Ausleger wegen; denn wahrlich Er, fuͤr ſeine Perſon, war ein Mann, der ſich gewaſchen hatte, ſolte man eine Feindſchaft wider all’ undeut- ſche Namen in der Philoſophie haben. — Die Ausleger! was ſind ſie meiſtentheils und was ſind ſie in caſu beſonders? Canaͤle in die kreuz und P 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/241
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/241>, abgerufen am 25.04.2024.