Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Alle diese Vorstellungen löseten sich jetzo
beim Nathanael auf, (und damit ich mit
der Erlaubniß meiner Leser vorgreife,) er legte
würklich sein Amt über ein Kleines nieder,
und ist nicht mehr Richter im Volke. Dies
Geschäfte war sein leztes. -- Ich muß eine
Stell' aus dem Briefe des Nathanaels an den
Prediger in L --, in dem er ihm seinen Er-
laß eröfnete, pränumerationsweise hersetzen,
ich mag wollen oder nicht.

"Ich lege mein Amt nieder, um dem
"Herrn zu dienen, und auf ebener Bahn zu
"wandeln. Es muß eine Zeit der Heiligung
"seyn, ein Reinigungsperiod -- ein Feg-
"feuer -- ein Selbstgericht, ehe wir vor Got-
"tes Richterstuhl treten. Diese meine Stund'
"ist kommen -- ich will mich selbst richten --
"und den Krieg Rechtens mit mir selbst an-
"stellen. Ein schön Stück Arbeit! -- Nur
"bloß auf diese Weise sollen fortan meine
"Vermuthungen, wenn sie nicht zu Gunsten
"meines Herzens ausfallen, zu Tagefahrten
"und Protokollen Gelegenheit geben."

"In diesem einzigen Fall kann Riemand
"zu strenge seyn; allein um andere zu rich-
"ten, wahrlich Niemand gelind genug --

"ich

Alle dieſe Vorſtellungen loͤſeten ſich jetzo
beim Nathanael auf, (und damit ich mit
der Erlaubniß meiner Leſer vorgreife,) er legte
wuͤrklich ſein Amt uͤber ein Kleines nieder,
und iſt nicht mehr Richter im Volke. Dies
Geſchaͤfte war ſein leztes. — Ich muß eine
Stell’ aus dem Briefe des Nathanaels an den
Prediger in L —, in dem er ihm ſeinen Er-
laß eroͤfnete, praͤnumerationsweiſe herſetzen,
ich mag wollen oder nicht.

„Ich lege mein Amt nieder, um dem
„Herrn zu dienen, und auf ebener Bahn zu
„wandeln. Es muß eine Zeit der Heiligung
„ſeyn, ein Reinigungsperiod — ein Feg-
„feuer — ein Selbſtgericht, ehe wir vor Got-
„tes Richterſtuhl treten. Dieſe meine Stund’
„iſt kommen — ich will mich ſelbſt richten —
„und den Krieg Rechtens mit mir ſelbſt an-
„ſtellen. Ein ſchoͤn Stuͤck Arbeit! — Nur
„bloß auf dieſe Weiſe ſollen fortan meine
„Vermuthungen, wenn ſie nicht zu Gunſten
„meines Herzens ausfallen, zu Tagefahrten
„und Protokollen Gelegenheit geben.„

„In dieſem einzigen Fall kann Riemand
„zu ſtrenge ſeyn; allein um andere zu rich-
„ten, wahrlich Niemand gelind genug —

„ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0512" n="502"/>
          <p>Alle die&#x017F;e Vor&#x017F;tellungen lo&#x0364;&#x017F;eten &#x017F;ich jetzo<lb/>
beim Nathanael auf, (und damit ich mit<lb/>
der Erlaubniß meiner Le&#x017F;er vorgreife,) er legte<lb/>
wu&#x0364;rklich &#x017F;ein Amt u&#x0364;ber ein Kleines nieder,<lb/>
und i&#x017F;t nicht mehr Richter im Volke. Dies<lb/>
Ge&#x017F;cha&#x0364;fte war &#x017F;ein leztes. &#x2014; Ich muß eine<lb/>
Stell&#x2019; aus dem Briefe des Nathanaels an den<lb/>
Prediger in L &#x2014;, in dem er ihm &#x017F;einen Er-<lb/>
laß ero&#x0364;fnete, pra&#x0364;numerationswei&#x017F;e her&#x017F;etzen,<lb/>
ich mag wollen oder nicht.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ich lege mein Amt nieder, um dem<lb/>
&#x201E;Herrn zu dienen, und auf ebener Bahn zu<lb/>
&#x201E;wandeln. Es muß eine Zeit der Heiligung<lb/>
&#x201E;&#x017F;eyn, ein Reinigungsperiod &#x2014; ein Feg-<lb/>
&#x201E;feuer &#x2014; ein Selb&#x017F;tgericht, ehe wir vor Got-<lb/>
&#x201E;tes Richter&#x017F;tuhl treten. Die&#x017F;e meine Stund&#x2019;<lb/>
&#x201E;i&#x017F;t kommen &#x2014; ich will mich &#x017F;elb&#x017F;t richten &#x2014;<lb/>
&#x201E;und den Krieg Rechtens mit mir &#x017F;elb&#x017F;t an-<lb/>
&#x201E;&#x017F;tellen. Ein &#x017F;cho&#x0364;n Stu&#x0364;ck Arbeit! &#x2014; Nur<lb/>
&#x201E;bloß auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e &#x017F;ollen fortan meine<lb/>
&#x201E;Vermuthungen, wenn &#x017F;ie nicht zu Gun&#x017F;ten<lb/>
&#x201E;meines Herzens ausfallen, zu Tagefahrten<lb/>
&#x201E;und Protokollen Gelegenheit geben.&#x201E;</p><lb/>
          <p>&#x201E;In die&#x017F;em einzigen Fall kann Riemand<lb/>
&#x201E;zu &#x017F;trenge &#x017F;eyn; allein um andere zu rich-<lb/>
&#x201E;ten, wahrlich Niemand gelind genug &#x2014;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[502/0512] Alle dieſe Vorſtellungen loͤſeten ſich jetzo beim Nathanael auf, (und damit ich mit der Erlaubniß meiner Leſer vorgreife,) er legte wuͤrklich ſein Amt uͤber ein Kleines nieder, und iſt nicht mehr Richter im Volke. Dies Geſchaͤfte war ſein leztes. — Ich muß eine Stell’ aus dem Briefe des Nathanaels an den Prediger in L —, in dem er ihm ſeinen Er- laß eroͤfnete, praͤnumerationsweiſe herſetzen, ich mag wollen oder nicht. „Ich lege mein Amt nieder, um dem „Herrn zu dienen, und auf ebener Bahn zu „wandeln. Es muß eine Zeit der Heiligung „ſeyn, ein Reinigungsperiod — ein Feg- „feuer — ein Selbſtgericht, ehe wir vor Got- „tes Richterſtuhl treten. Dieſe meine Stund’ „iſt kommen — ich will mich ſelbſt richten — „und den Krieg Rechtens mit mir ſelbſt an- „ſtellen. Ein ſchoͤn Stuͤck Arbeit! — Nur „bloß auf dieſe Weiſe ſollen fortan meine „Vermuthungen, wenn ſie nicht zu Gunſten „meines Herzens ausfallen, zu Tagefahrten „und Protokollen Gelegenheit geben.„ „In dieſem einzigen Fall kann Riemand „zu ſtrenge ſeyn; allein um andere zu rich- „ten, wahrlich Niemand gelind genug — „ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/512
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/512>, abgerufen am 23.04.2024.