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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Herrn sterben! -- Deinen Namen, mein Ge-
liebter, will ich tausendmal aussprechen und
dir die kalte Hand zureichen, wenn du auch
nicht da bist. Deinen Namen will ich mir
auch beym Scheiden vorstammeln, so daß ich
noch mit der lezten Sylbe bis in den Him-
mel, bis in die andere Welt, lange. Ich
werd', ich kann ihn nicht vergessen, auch wenn
ich deinen himmlischen Namen erfahre, will
ich deinen irrdischen nicht vergessen! Ich habe
dich sehr, sehr geliebt, mehr als du gedacht,
mehr als ich dir gesagt hab' und sagen konnte.
Meine Mutter will ich dort von dir grüßen,
und ihr sagen, welch ein guter edler Junge
du gewesen bist, bis in meinen Tod -- Gott
sey mit seiner Gnade, mit seinem Segen über
dir, hier zeitlich nnd dort ewiglich. Das
fühl' ich im Sterben! im Sterben, bey der
lezten Probe von dem, was gut ist, und
was es nicht ist! Das fühl ich, daß eine
Liebe, wie die unsrige, eine himmlische Liebe
sey. Sie war nicht für diese Welt, sie war
nicht von dieser Welt. -- Ich empfehle dich
Gott und seiner Gnade, der walt' über
dich -- wieder schwach -- ich lege die Feder
noch nicht weg -- ich hoffe Stärke. Nein
-- schwach noch immer, sehr! sehr schwach! --

Noch
L l 2

Herrn ſterben! — Deinen Namen, mein Ge-
liebter, will ich tauſendmal ausſprechen und
dir die kalte Hand zureichen, wenn du auch
nicht da biſt. Deinen Namen will ich mir
auch beym Scheiden vorſtammeln, ſo daß ich
noch mit der lezten Sylbe bis in den Him-
mel, bis in die andere Welt, lange. Ich
werd’, ich kann ihn nicht vergeſſen, auch wenn
ich deinen himmliſchen Namen erfahre, will
ich deinen irrdiſchen nicht vergeſſen! Ich habe
dich ſehr, ſehr geliebt, mehr als du gedacht,
mehr als ich dir geſagt hab’ und ſagen konnte.
Meine Mutter will ich dort von dir gruͤßen,
und ihr ſagen, welch ein guter edler Junge
du geweſen biſt, bis in meinen Tod — Gott
ſey mit ſeiner Gnade, mit ſeinem Segen uͤber
dir, hier zeitlich nnd dort ewiglich. Das
fuͤhl’ ich im Sterben! im Sterben, bey der
lezten Probe von dem, was gut iſt, und
was es nicht iſt! Das fuͤhl ich, daß eine
Liebe, wie die unſrige, eine himmliſche Liebe
ſey. Sie war nicht fuͤr dieſe Welt, ſie war
nicht von dieſer Welt. — Ich empfehle dich
Gott und ſeiner Gnade, der walt’ uͤber
dich — wieder ſchwach — ich lege die Feder
noch nicht weg — ich hoffe Staͤrke. Nein
— ſchwach noch immer, ſehr! ſehr ſchwach! —

Noch
L l 2
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[531/0543] Herrn ſterben! — Deinen Namen, mein Ge- liebter, will ich tauſendmal ausſprechen und dir die kalte Hand zureichen, wenn du auch nicht da biſt. Deinen Namen will ich mir auch beym Scheiden vorſtammeln, ſo daß ich noch mit der lezten Sylbe bis in den Him- mel, bis in die andere Welt, lange. Ich werd’, ich kann ihn nicht vergeſſen, auch wenn ich deinen himmliſchen Namen erfahre, will ich deinen irrdiſchen nicht vergeſſen! Ich habe dich ſehr, ſehr geliebt, mehr als du gedacht, mehr als ich dir geſagt hab’ und ſagen konnte. Meine Mutter will ich dort von dir gruͤßen, und ihr ſagen, welch ein guter edler Junge du geweſen biſt, bis in meinen Tod — Gott ſey mit ſeiner Gnade, mit ſeinem Segen uͤber dir, hier zeitlich nnd dort ewiglich. Das fuͤhl’ ich im Sterben! im Sterben, bey der lezten Probe von dem, was gut iſt, und was es nicht iſt! Das fuͤhl ich, daß eine Liebe, wie die unſrige, eine himmliſche Liebe ſey. Sie war nicht fuͤr dieſe Welt, ſie war nicht von dieſer Welt. — Ich empfehle dich Gott und ſeiner Gnade, der walt’ uͤber dich — wieder ſchwach — ich lege die Feder noch nicht weg — ich hoffe Staͤrke. Nein — ſchwach noch immer, ſehr! ſehr ſchwach! — Noch L l 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/543>, abgerufen am 23.04.2024.