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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Eben hab' ich einem Freunde im Ganzen
Mienchens Gedanken, in Gretchens Abschrift,
vorgelesen. Seine Aufforderung, diesen Auf-
satz entweder ganz oder gar nicht mitzuthei-
len, hemmt Text und Noten. Es ist ein beson-
derer Gedankengang in diesem Aufsatz. Die
Stellen, die ich herausnahm, sind nicht genom-
men, weil sie charakteristisch waren, sondern
weil sie eben meinen Empfindungen, da ich
dieses schrieb, accompagnirten --

Zur Beylage A. hab' ich meinen Lesern
diejenigen Stücke bestimmt, die mein Engel
in einer ziemlich angewachsenen Sammlung
gezeichnet hatte. Diese Sammlung war ent-
standen, wie alle Sammlungen entstehen sol-
ten, ohne daß man zu samlen dachte. Je nach-
dem Minen dies oder jenes Stück gefiel,
schrieb ich es ihr auf -- ihr. -- Viele Stücke
sind aus der lettischen Garbe meines Vaters,
die aus lauter curschen zärtlichen Liedlein be-
stehet, die ich halb und halb öffentlich mitzu-
theilen verheißen habe. Viele sind Ueberse-
tzungen aus andern nordischen Zungen und
Sprachen. Mein Vater, der gewiß Natur-
kenner war, pflegte zu sagen, daß die mei-
sten dieser Stücke (er hat sie alle gelesen) er-

neu-

Eben hab’ ich einem Freunde im Ganzen
Mienchens Gedanken, in Gretchens Abſchrift,
vorgeleſen. Seine Aufforderung, dieſen Auf-
ſatz entweder ganz oder gar nicht mitzuthei-
len, hemmt Text und Noten. Es iſt ein beſon-
derer Gedankengang in dieſem Aufſatz. Die
Stellen, die ich herausnahm, ſind nicht genom-
men, weil ſie charakteriſtiſch waren, ſondern
weil ſie eben meinen Empfindungen, da ich
dieſes ſchrieb, accompagnirten —

Zur Beylage A. hab’ ich meinen Leſern
diejenigen Stuͤcke beſtimmt, die mein Engel
in einer ziemlich angewachſenen Sammlung
gezeichnet hatte. Dieſe Sammlung war ent-
ſtanden, wie alle Sammlungen entſtehen ſol-
ten, ohne daß man zu ſamlen dachte. Je nach-
dem Minen dies oder jenes Stuͤck gefiel,
ſchrieb ich es ihr auf — ihr. — Viele Stuͤcke
ſind aus der lettiſchen Garbe meines Vaters,
die aus lauter curſchen zaͤrtlichen Liedlein be-
ſtehet, die ich halb und halb oͤffentlich mitzu-
theilen verheißen habe. Viele ſind Ueberſe-
tzungen aus andern nordiſchen Zungen und
Sprachen. Mein Vater, der gewiß Natur-
kenner war, pflegte zu ſagen, daß die mei-
ſten dieſer Stuͤcke (er hat ſie alle geleſen) er-

neu-
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[552/0564] Eben hab’ ich einem Freunde im Ganzen Mienchens Gedanken, in Gretchens Abſchrift, vorgeleſen. Seine Aufforderung, dieſen Auf- ſatz entweder ganz oder gar nicht mitzuthei- len, hemmt Text und Noten. Es iſt ein beſon- derer Gedankengang in dieſem Aufſatz. Die Stellen, die ich herausnahm, ſind nicht genom- men, weil ſie charakteriſtiſch waren, ſondern weil ſie eben meinen Empfindungen, da ich dieſes ſchrieb, accompagnirten — Zur Beylage A. hab’ ich meinen Leſern diejenigen Stuͤcke beſtimmt, die mein Engel in einer ziemlich angewachſenen Sammlung gezeichnet hatte. Dieſe Sammlung war ent- ſtanden, wie alle Sammlungen entſtehen ſol- ten, ohne daß man zu ſamlen dachte. Je nach- dem Minen dies oder jenes Stuͤck gefiel, ſchrieb ich es ihr auf — ihr. — Viele Stuͤcke ſind aus der lettiſchen Garbe meines Vaters, die aus lauter curſchen zaͤrtlichen Liedlein be- ſtehet, die ich halb und halb oͤffentlich mitzu- theilen verheißen habe. Viele ſind Ueberſe- tzungen aus andern nordiſchen Zungen und Sprachen. Mein Vater, der gewiß Natur- kenner war, pflegte zu ſagen, daß die mei- ſten dieſer Stuͤcke (er hat ſie alle geleſen) er- neu-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/564>, abgerufen am 28.03.2024.