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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Grab bis zur Helfte zu sehen, bis zur Helfte! --
Genug, Freunde! Mond! Kreuz! Grab!
Das sey unsre Losung, bis auch wir begraben
werden im stillen Thal, wie es uns geziemet.
Ein kleines Gräblein, das sich nichts über
das Thal heraus nehmen und kein Hügel
seyn darf, sey unser Hauß. Ein Orden, ein
Kreuz, gebühret nur Helden. Wenn der
Geisterseher der Seelenvertraute Mond, wenn
er mit den Gräbern der Helden fertig ist, und
noch einen Blick übrig hat; er wird ungebe-
ten mit ein Paar holden Stralen unsere Grä-
ber beehren, damit ein Minnesänger unser
Ruhethal bemerke, und auf unser Grab durch
heilige Ahndung gebracht, ein Grablied auf
seine Geliebte singe, und auf sich selbst eins,
weil jene ihm starb! --

Dank sey Euch, ihr Treuen, ihr Lieben
des Helden, die er beschützet hat! Wir ha-
ben eine heilige Pflicht erfüllet und Ehre ge-
geben, dem Ehre gebühret und einen Hel-
den und einen Berg verbunden! -- Gleich
mit gleich. -- Laßt uns froh heim gehen;
denn es läßt nicht, wenn Helden weinen, und
wer kann einen Berg mit Thränen im Aug'
ansehen, wer? Er hat überwunden und ist
mit Ehren vom dritten Tod' überwunden.

Noch

Grab bis zur Helfte zu ſehen, bis zur Helfte! —
Genug, Freunde! Mond! Kreuz! Grab!
Das ſey unſre Loſung, bis auch wir begraben
werden im ſtillen Thal, wie es uns geziemet.
Ein kleines Graͤblein, das ſich nichts uͤber
das Thal heraus nehmen und kein Huͤgel
ſeyn darf, ſey unſer Hauß. Ein Orden, ein
Kreuz, gebuͤhret nur Helden. Wenn der
Geiſterſeher der Seelenvertraute Mond, wenn
er mit den Graͤbern der Helden fertig iſt, und
noch einen Blick uͤbrig hat; er wird ungebe-
ten mit ein Paar holden Stralen unſere Graͤ-
ber beehren, damit ein Minneſaͤnger unſer
Ruhethal bemerke, und auf unſer Grab durch
heilige Ahndung gebracht, ein Grablied auf
ſeine Geliebte ſinge, und auf ſich ſelbſt eins,
weil jene ihm ſtarb! —

Dank ſey Euch, ihr Treuen, ihr Lieben
des Helden, die er beſchuͤtzet hat! Wir ha-
ben eine heilige Pflicht erfuͤllet und Ehre ge-
geben, dem Ehre gebuͤhret und einen Hel-
den und einen Berg verbunden! — Gleich
mit gleich. — Laßt uns froh heim gehen;
denn es laͤßt nicht, wenn Helden weinen, und
wer kann einen Berg mit Thraͤnen im Aug’
anſehen, wer? Er hat uͤberwunden und iſt
mit Ehren vom dritten Tod’ uͤberwunden.

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[589/0601] Grab bis zur Helfte zu ſehen, bis zur Helfte! — Genug, Freunde! Mond! Kreuz! Grab! Das ſey unſre Loſung, bis auch wir begraben werden im ſtillen Thal, wie es uns geziemet. Ein kleines Graͤblein, das ſich nichts uͤber das Thal heraus nehmen und kein Huͤgel ſeyn darf, ſey unſer Hauß. Ein Orden, ein Kreuz, gebuͤhret nur Helden. Wenn der Geiſterſeher der Seelenvertraute Mond, wenn er mit den Graͤbern der Helden fertig iſt, und noch einen Blick uͤbrig hat; er wird ungebe- ten mit ein Paar holden Stralen unſere Graͤ- ber beehren, damit ein Minneſaͤnger unſer Ruhethal bemerke, und auf unſer Grab durch heilige Ahndung gebracht, ein Grablied auf ſeine Geliebte ſinge, und auf ſich ſelbſt eins, weil jene ihm ſtarb! — Dank ſey Euch, ihr Treuen, ihr Lieben des Helden, die er beſchuͤtzet hat! Wir ha- ben eine heilige Pflicht erfuͤllet und Ehre ge- geben, dem Ehre gebuͤhret und einen Hel- den und einen Berg verbunden! — Gleich mit gleich. — Laßt uns froh heim gehen; denn es laͤßt nicht, wenn Helden weinen, und wer kann einen Berg mit Thraͤnen im Aug’ anſehen, wer? Er hat uͤberwunden und iſt mit Ehren vom dritten Tod’ uͤberwunden. Noch

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/601>, abgerufen am 24.04.2024.