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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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sie mehr, als daß ihr Geliebter im Feld' ist,
weiß sie seinen Tod? Weiß sie die Losung:
Kreuz! Grab! Tod!

Louise! sie ists, Freunde! O wär' es ihr
Geist; dann wären Franz und Louise doch bey
einander! Wie hat ihr Gesang sich verändert?
Hätt' ich sie nicht gesehen; durchs Gehör
hätte sie niemand gekannt, der singen kann,
niemand, der nur singen hören kann! Louise!
Louise
! Seufz't ihren Namen, Freunde!
seufzt inwärts! So wie der Seufzer aus
dem Herzen kommt, stoß ihn ins Herz --
sie könnt uns sonst merken, und wir wären
verloren. -- Auf unserer Stirn würde sie
lesen, was sie nicht wissen soll. Wir wä-
ren ihre Mörder! Die geheimen Worte:
Kreuz! Grab! Tod! sind uns angeschrie-
ben an der Stirn einmal! zweymal! drey-
mal! überall -- Stecket die Köpf' ins Ge-
büsche. Jüngling! Du hast noch zu wenig
Kreuz gehabt, du verstehst nicht Seufzer zu
dämpfen, lern es von uns, du wirst es be-
nutzen. Freunde, wenn euch die Hände zit-
tern und die Füß' auch; schlagt sie ins Kreuz,
damit eins das andre halte, und Louise nichts
merke! -- Ins Kreuz, Freunde --

Wo

ſie mehr, als daß ihr Geliebter im Feld’ iſt,
weiß ſie ſeinen Tod? Weiß ſie die Loſung:
Kreuz! Grab! Tod!

Louiſe! ſie iſts, Freunde! O waͤr’ es ihr
Geiſt; dann waͤren Franz und Louiſe doch bey
einander! Wie hat ihr Geſang ſich veraͤndert?
Haͤtt’ ich ſie nicht geſehen; durchs Gehoͤr
haͤtte ſie niemand gekannt, der ſingen kann,
niemand, der nur ſingen hoͤren kann! Louiſe!
Louiſe
! Seufz’t ihren Namen, Freunde!
ſeufzt inwaͤrts! So wie der Seufzer aus
dem Herzen kommt, ſtoß ihn ins Herz —
ſie koͤnnt uns ſonſt merken, und wir waͤren
verloren. — Auf unſerer Stirn wuͤrde ſie
leſen, was ſie nicht wiſſen ſoll. Wir waͤ-
ren ihre Moͤrder! Die geheimen Worte:
Kreuz! Grab! Tod! ſind uns angeſchrie-
ben an der Stirn einmal! zweymal! drey-
mal! uͤberall — Stecket die Koͤpf’ ins Ge-
buͤſche. Juͤngling! Du haſt noch zu wenig
Kreuz gehabt, du verſtehſt nicht Seufzer zu
daͤmpfen, lern es von uns, du wirſt es be-
nutzen. Freunde, wenn euch die Haͤnde zit-
tern und die Fuͤß’ auch; ſchlagt ſie ins Kreuz,
damit eins das andre halte, und Louiſe nichts
merke! — Ins Kreuz, Freunde —

Wo
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[592/0604] ſie mehr, als daß ihr Geliebter im Feld’ iſt, weiß ſie ſeinen Tod? Weiß ſie die Loſung: Kreuz! Grab! Tod! Louiſe! ſie iſts, Freunde! O waͤr’ es ihr Geiſt; dann waͤren Franz und Louiſe doch bey einander! Wie hat ihr Geſang ſich veraͤndert? Haͤtt’ ich ſie nicht geſehen; durchs Gehoͤr haͤtte ſie niemand gekannt, der ſingen kann, niemand, der nur ſingen hoͤren kann! Louiſe! Louiſe! Seufz’t ihren Namen, Freunde! ſeufzt inwaͤrts! So wie der Seufzer aus dem Herzen kommt, ſtoß ihn ins Herz — ſie koͤnnt uns ſonſt merken, und wir waͤren verloren. — Auf unſerer Stirn wuͤrde ſie leſen, was ſie nicht wiſſen ſoll. Wir waͤ- ren ihre Moͤrder! Die geheimen Worte: Kreuz! Grab! Tod! ſind uns angeſchrie- ben an der Stirn einmal! zweymal! drey- mal! uͤberall — Stecket die Koͤpf’ ins Ge- buͤſche. Juͤngling! Du haſt noch zu wenig Kreuz gehabt, du verſtehſt nicht Seufzer zu daͤmpfen, lern es von uns, du wirſt es be- nutzen. Freunde, wenn euch die Haͤnde zit- tern und die Fuͤß’ auch; ſchlagt ſie ins Kreuz, damit eins das andre halte, und Louiſe nichts merke! — Ins Kreuz, Freunde — Wo

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/604>, abgerufen am 28.03.2024.