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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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an die Seele, als an den Leib, gegangen --
jezt war sie -- frisch wie ein Fisch worden,
würde meine Mutter des Reims wegen ge-
sagt haben. --

Luischen, sagte sie, da sie ihre Beglei-
terin wie todt liegen sah. Ich nahm einen
Hut mit Waßer, um Luischen ins Seyn zu-
rückzubringen; allein das Wort ihrer Pfleg-
befohlnen: Luischen, hatte sie schon aufer-
weckt. Ich kam mit meinem Hut voll Was-
ser zu spät, und goß dies Waßer, welches
zum Schlagwaßer bestimmt und eingeweihet
war, so andächtig aus, als meine Mutter
das Restchen vom Taufwaßer ausgegos-
sen haben würde, welches nach ihrer Mei-
nung ein paradisisches Grün befördert. --
Wir wollen, sagt' ich zu Luisen, unser
Schäfchen aufs Trockne bringen. Es lief
Waßer von ihr herab, wie nach einem star-
ken Regen von den Dächern. Luise wolt
sie schelten, daß sie einem Steige zu sehr ge-
trauet hätte; allein Luise sahe wohl ein, daß
das Wiedervergeltungsrecht zu Hause nicht
ausbleiben würde. Es ward also verabredet,
daß sich das Fräulein v. W. ganz sauber
und schön ankleiden, und darauf erst ihrer
Mutter den Vorfall erzählen sollte. Wißen,

sagte
D 4

an die Seele, als an den Leib, gegangen —
jezt war ſie — friſch wie ein Fiſch worden,
wuͤrde meine Mutter des Reims wegen ge-
ſagt haben. —

Luischen, ſagte ſie, da ſie ihre Beglei-
terin wie todt liegen ſah. Ich nahm einen
Hut mit Waßer, um Luischen ins Seyn zu-
ruͤckzubringen; allein das Wort ihrer Pfleg-
befohlnen: Luischen, hatte ſie ſchon aufer-
weckt. Ich kam mit meinem Hut voll Waſ-
ſer zu ſpaͤt, und goß dies Waßer, welches
zum Schlagwaßer beſtimmt und eingeweihet
war, ſo andaͤchtig aus, als meine Mutter
das Reſtchen vom Taufwaßer ausgegoſ-
ſen haben wuͤrde, welches nach ihrer Mei-
nung ein paradiſiſches Gruͤn befoͤrdert. —
Wir wollen, ſagt’ ich zu Luiſen, unſer
Schaͤfchen aufs Trockne bringen. Es lief
Waßer von ihr herab, wie nach einem ſtar-
ken Regen von den Daͤchern. Luiſe wolt
ſie ſchelten, daß ſie einem Steige zu ſehr ge-
trauet haͤtte; allein Luiſe ſahe wohl ein, daß
das Wiedervergeltungsrecht zu Hauſe nicht
ausbleiben wuͤrde. Es ward alſo verabredet,
daß ſich das Fraͤulein v. W. ganz ſauber
und ſchoͤn ankleiden, und darauf erſt ihrer
Mutter den Vorfall erzaͤhlen ſollte. Wißen,

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[55/0061] an die Seele, als an den Leib, gegangen — jezt war ſie — friſch wie ein Fiſch worden, wuͤrde meine Mutter des Reims wegen ge- ſagt haben. — Luischen, ſagte ſie, da ſie ihre Beglei- terin wie todt liegen ſah. Ich nahm einen Hut mit Waßer, um Luischen ins Seyn zu- ruͤckzubringen; allein das Wort ihrer Pfleg- befohlnen: Luischen, hatte ſie ſchon aufer- weckt. Ich kam mit meinem Hut voll Waſ- ſer zu ſpaͤt, und goß dies Waßer, welches zum Schlagwaßer beſtimmt und eingeweihet war, ſo andaͤchtig aus, als meine Mutter das Reſtchen vom Taufwaßer ausgegoſ- ſen haben wuͤrde, welches nach ihrer Mei- nung ein paradiſiſches Gruͤn befoͤrdert. — Wir wollen, ſagt’ ich zu Luiſen, unſer Schaͤfchen aufs Trockne bringen. Es lief Waßer von ihr herab, wie nach einem ſtar- ken Regen von den Daͤchern. Luiſe wolt ſie ſchelten, daß ſie einem Steige zu ſehr ge- trauet haͤtte; allein Luiſe ſahe wohl ein, daß das Wiedervergeltungsrecht zu Hauſe nicht ausbleiben wuͤrde. Es ward alſo verabredet, daß ſich das Fraͤulein v. W. ganz ſauber und ſchoͤn ankleiden, und darauf erſt ihrer Mutter den Vorfall erzaͤhlen ſollte. Wißen, ſagte D 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/61>, abgerufen am 28.03.2024.