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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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muß aufrichtig gestehen, daß sich der Herr
v. G. darüber so ungefehr, wie über die be-
ste Welt, ausdrücke.

Unser Pastor, fuhr Herr v. G. fort,
nachdem er sich von so vielen daß losgemacht,
unser Pastor besitzet etwas, was man nicht
aussprechen kann, in diesem Punkte. Er
ist ein Gegenfüßler von einem Lauen, und
ich kenne keinen Menschen, der mehr Theil-
nehmer wär' als er!

Obgleich der Herr v. G. diesen Zug in
meines Vaters Charakter nicht in seinem hei-
ligen Dunkel störte, so daß er höchstens nur
den heiligen, nicht aber den lezten, den al-
lerhöchsten Vorhang, hohepriesterlich zog,
und in gewisser Art eben so unbegreiflich blieb,
als mein Vater selbst; so muß ich doch bey
dieser Gelegenheit gestehen, daß mein Vater
würklich in diesem Stück was ganz besonders
eigenthümliches besaß. Ich hab' ihn einen
im Himmel Angeschriebenen, einen Verklär-
ten genannt, und als einen aus dem Reiche
Gottes dargestelt, von welchem wir beten:
dein Reich komme!

Ich weiß nicht mehr, wer von ihm in
seinem eigenen Pastorat, da er eben den Rü-
cken gekehret hatte, das Urtheil aussprach,

daß

muß aufrichtig geſtehen, daß ſich der Herr
v. G. daruͤber ſo ungefehr, wie uͤber die be-
ſte Welt, ausdruͤcke.

Unſer Paſtor, fuhr Herr v. G. fort,
nachdem er ſich von ſo vielen daß losgemacht,
unſer Paſtor beſitzet etwas, was man nicht
ausſprechen kann, in dieſem Punkte. Er
iſt ein Gegenfuͤßler von einem Lauen, und
ich kenne keinen Menſchen, der mehr Theil-
nehmer waͤr’ als er!

Obgleich der Herr v. G. dieſen Zug in
meines Vaters Charakter nicht in ſeinem hei-
ligen Dunkel ſtoͤrte, ſo daß er hoͤchſtens nur
den heiligen, nicht aber den lezten, den al-
lerhoͤchſten Vorhang, hoheprieſterlich zog,
und in gewiſſer Art eben ſo unbegreiflich blieb,
als mein Vater ſelbſt; ſo muß ich doch bey
dieſer Gelegenheit geſtehen, daß mein Vater
wuͤrklich in dieſem Stuͤck was ganz beſonders
eigenthuͤmliches beſaß. Ich hab’ ihn einen
im Himmel Angeſchriebenen, einen Verklaͤr-
ten genannt, und als einen aus dem Reiche
Gottes dargeſtelt, von welchem wir beten:
dein Reich komme!

Ich weiß nicht mehr, wer von ihm in
ſeinem eigenen Paſtorat, da er eben den Ruͤ-
cken gekehret hatte, das Urtheil ausſprach,

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[76/0082] muß aufrichtig geſtehen, daß ſich der Herr v. G. daruͤber ſo ungefehr, wie uͤber die be- ſte Welt, ausdruͤcke. Unſer Paſtor, fuhr Herr v. G. fort, nachdem er ſich von ſo vielen daß losgemacht, unſer Paſtor beſitzet etwas, was man nicht ausſprechen kann, in dieſem Punkte. Er iſt ein Gegenfuͤßler von einem Lauen, und ich kenne keinen Menſchen, der mehr Theil- nehmer waͤr’ als er! Obgleich der Herr v. G. dieſen Zug in meines Vaters Charakter nicht in ſeinem hei- ligen Dunkel ſtoͤrte, ſo daß er hoͤchſtens nur den heiligen, nicht aber den lezten, den al- lerhoͤchſten Vorhang, hoheprieſterlich zog, und in gewiſſer Art eben ſo unbegreiflich blieb, als mein Vater ſelbſt; ſo muß ich doch bey dieſer Gelegenheit geſtehen, daß mein Vater wuͤrklich in dieſem Stuͤck was ganz beſonders eigenthuͤmliches beſaß. Ich hab’ ihn einen im Himmel Angeſchriebenen, einen Verklaͤr- ten genannt, und als einen aus dem Reiche Gottes dargeſtelt, von welchem wir beten: dein Reich komme! Ich weiß nicht mehr, wer von ihm in ſeinem eigenen Paſtorat, da er eben den Ruͤ- cken gekehret hatte, das Urtheil ausſprach, daß

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/82>, abgerufen am 25.04.2024.