Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

men, waren auf einen andern Fuß genom-
men. Er fieng an zu seufzen, und Char-
lotten förmlich die Cour zu machen. Wenn
niemand dabey war, küßt er ihr die Hände,
und das Cammermädchen seiner Frau Ge-
mahlin Gnaden hatt' ihn auf Knien vor
Charlotten gesehen. Dieses verdroß dem
Cammermädchen beynahe mehr, als der
gnädigen Frau, welche letztere die Kunst sich
zu entschädigen aus dem Grunde verstand, und
den Herrn Gemahl länger verloren hatte,
als die Cammerzofe den Liebhaber. Indes-
sen fand auch die entschädigte gnädige Frau
unschicklich, daß Se. Hochwohlgebohrnen
einem Dienstmädchen die Cour machten.
Die Cour! auf Knien! So was hielte Sie
ihrer Ehre zu nahe, und das Cammermäd-
chen setzte hinzu: wenn Charlotte noch eine
Cammerjungfer wäre!

Charlotte hätte, wenn sie den Plan der
gnädigen Frau und des Cammermädchens
befolgen, und den gnädigen Herrn öffentlich
lächerlich machen wollen, ein ziemlich gros-
ses Spiel gewonnen; allein sie wolte nicht
durchs Spiel reich werden. Sie suchte Se.
Hochwohlgebohrnen auf den rechten Weg zu
bringen, er aber blieb auf dem Irwege zu

ihrem

men, waren auf einen andern Fuß genom-
men. Er fieng an zu ſeufzen, und Char-
lotten foͤrmlich die Cour zu machen. Wenn
niemand dabey war, kuͤßt er ihr die Haͤnde,
und das Cammermaͤdchen ſeiner Frau Ge-
mahlin Gnaden hatt’ ihn auf Knien vor
Charlotten geſehen. Dieſes verdroß dem
Cammermaͤdchen beynahe mehr, als der
gnaͤdigen Frau, welche letztere die Kunſt ſich
zu entſchaͤdigen aus dem Grunde verſtand, und
den Herrn Gemahl laͤnger verloren hatte,
als die Cammerzofe den Liebhaber. Indeſ-
ſen fand auch die entſchaͤdigte gnaͤdige Frau
unſchicklich, daß Se. Hochwohlgebohrnen
einem Dienſtmaͤdchen die Cour machten.
Die Cour! auf Knien! So was hielte Sie
ihrer Ehre zu nahe, und das Cammermaͤd-
chen ſetzte hinzu: wenn Charlotte noch eine
Cammerjungfer waͤre!

Charlotte haͤtte, wenn ſie den Plan der
gnaͤdigen Frau und des Cammermaͤdchens
befolgen, und den gnaͤdigen Herrn oͤffentlich
laͤcherlich machen wollen, ein ziemlich groſ-
ſes Spiel gewonnen; allein ſie wolte nicht
durchs Spiel reich werden. Sie ſuchte Se.
Hochwohlgebohrnen auf den rechten Weg zu
bringen, er aber blieb auf dem Irwege zu

ihrem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0094" n="88"/>
men, waren auf einen andern Fuß genom-<lb/>
men. Er fieng an zu &#x017F;eufzen, und Char-<lb/>
lotten fo&#x0364;rmlich die Cour zu machen. Wenn<lb/>
niemand dabey war, ku&#x0364;ßt er ihr die Ha&#x0364;nde,<lb/>
und das Cammerma&#x0364;dchen &#x017F;einer Frau Ge-<lb/>
mahlin Gnaden hatt&#x2019; ihn auf Knien vor<lb/>
Charlotten ge&#x017F;ehen. Die&#x017F;es verdroß dem<lb/>
Cammerma&#x0364;dchen beynahe mehr, als der<lb/>
gna&#x0364;digen Frau, welche letztere die Kun&#x017F;t &#x017F;ich<lb/>
zu ent&#x017F;cha&#x0364;digen aus dem Grunde ver&#x017F;tand, und<lb/>
den Herrn Gemahl la&#x0364;nger verloren hatte,<lb/>
als die Cammerzofe den Liebhaber. Inde&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en fand auch die ent&#x017F;cha&#x0364;digte gna&#x0364;dige Frau<lb/>
un&#x017F;chicklich, daß Se. Hochwohlgebohrnen<lb/>
einem Dien&#x017F;tma&#x0364;dchen die Cour machten.<lb/>
Die Cour! auf Knien! So was hielte Sie<lb/>
ihrer Ehre zu nahe, und das Cammerma&#x0364;d-<lb/>
chen &#x017F;etzte hinzu: wenn Charlotte noch eine<lb/>
Cammerjungfer wa&#x0364;re!</p><lb/>
        <p>Charlotte ha&#x0364;tte, wenn &#x017F;ie den Plan der<lb/>
gna&#x0364;digen Frau und des Cammerma&#x0364;dchens<lb/>
befolgen, und den gna&#x0364;digen Herrn o&#x0364;ffentlich<lb/>
la&#x0364;cherlich machen wollen, ein ziemlich gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es Spiel gewonnen; allein &#x017F;ie wolte nicht<lb/>
durchs Spiel reich werden. Sie &#x017F;uchte Se.<lb/>
Hochwohlgebohrnen auf den rechten Weg zu<lb/>
bringen, er aber blieb auf dem Irwege zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihrem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0094] men, waren auf einen andern Fuß genom- men. Er fieng an zu ſeufzen, und Char- lotten foͤrmlich die Cour zu machen. Wenn niemand dabey war, kuͤßt er ihr die Haͤnde, und das Cammermaͤdchen ſeiner Frau Ge- mahlin Gnaden hatt’ ihn auf Knien vor Charlotten geſehen. Dieſes verdroß dem Cammermaͤdchen beynahe mehr, als der gnaͤdigen Frau, welche letztere die Kunſt ſich zu entſchaͤdigen aus dem Grunde verſtand, und den Herrn Gemahl laͤnger verloren hatte, als die Cammerzofe den Liebhaber. Indeſ- ſen fand auch die entſchaͤdigte gnaͤdige Frau unſchicklich, daß Se. Hochwohlgebohrnen einem Dienſtmaͤdchen die Cour machten. Die Cour! auf Knien! So was hielte Sie ihrer Ehre zu nahe, und das Cammermaͤd- chen ſetzte hinzu: wenn Charlotte noch eine Cammerjungfer waͤre! Charlotte haͤtte, wenn ſie den Plan der gnaͤdigen Frau und des Cammermaͤdchens befolgen, und den gnaͤdigen Herrn oͤffentlich laͤcherlich machen wollen, ein ziemlich groſ- ſes Spiel gewonnen; allein ſie wolte nicht durchs Spiel reich werden. Sie ſuchte Se. Hochwohlgebohrnen auf den rechten Weg zu bringen, er aber blieb auf dem Irwege zu ihrem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/94
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/94>, abgerufen am 23.04.2024.