Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ter, zu zerhauen die unästhetische Dreistigkeit
hatte. Ständen wir dem Wann und Wo, der
Zeit und dem Raume nach, näher; so würde
es wahrscheinlich keines Oedips bedürfen, um
bei dieser Meisterfrage eine akademische Prä-
mie von dreissig Silberlingen zu gewinnen,
und das Wie obendrein zur allgemeinen Befrie-
digung zu beantworten. Allein da über das
Wann und Wo in keiner Chronik und keiner
Topographie ein todtes, geschweige denn ein
lebendiges, Wort zu finden ist; so müssen,
bis die Hieroglyphen an den Pyramiden ent-
hüllt seyn werden, oder bis uns ein bisher
verborgenes Denkmahl darüber seine Aufschlüsse
nicht länger vorenthält, das Irgendwo und das
Irgendwann bei dieser grossen Katastrophe zur
Unterlage dienen, und das Wie, in Ermange-
lung der Geschichte, durch eine Conjektur
der Vernunft aufgelöset oder -- zerhauen wer-
den. Alles, wobei es auf Thatsachen an-
kommt, kann nur bis auf einen gewissen Zeit-
punkt hin verfolgt werden. Da wo die Sonne
der Geschichte untergeht und sogar der Mond
der Fabel sein entlehntes Licht entzieht, bleibt

ter, zu zerhauen die unästhetische Dreistigkeit
hatte. Ständen wir dem Wann und Wo, der
Zeit und dem Raume nach, näher; so würde
es wahrscheinlich keines Oedips bedürfen, um
bei dieser Meisterfrage eine akademische Prä-
mie von dreiſsig Silberlingen zu gewinnen,
und das Wie obendrein zur allgemeinen Befrie-
digung zu beantworten. Allein da über das
Wann und Wo in keiner Chronik und keiner
Topographie ein todtes, geschweige denn ein
lebendiges, Wort zu finden ist; so müssen,
bis die Hieroglyphen an den Pyramiden ent-
hüllt seyn werden, oder bis uns ein bisher
verborgenes Denkmahl darüber seine Aufschlüsse
nicht länger vorenthält, das Irgendwo und das
Irgendwann bei dieser groſsen Katastrophe zur
Unterlage dienen, und das Wie, in Ermange-
lung der Geschichte, durch eine Conjektur
der Vernunft aufgelöset oder — zerhauen wer-
den. Alles, wobei es auf Thatsachen an-
kommt, kann nur bis auf einen gewissen Zeit-
punkt hin verfolgt werden. Da wo die Sonne
der Geschichte untergeht und sogar der Mond
der Fabel sein entlehntes Licht entzieht, bleibt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0084" n="76"/>
ter, zu zerhauen die unästhetische Dreistigkeit<lb/>
hatte. Ständen wir dem <hi rendition="#i">Wann</hi> und <hi rendition="#i">Wo,</hi> der<lb/>
Zeit und dem Raume nach, näher; so würde<lb/>
es wahrscheinlich keines <hi rendition="#i">Oedips</hi> bedürfen, um<lb/>
bei dieser Meisterfrage eine akademische Prä-<lb/>
mie von drei&#x017F;sig Silberlingen zu gewinnen,<lb/>
und das <hi rendition="#i">Wie</hi> obendrein zur allgemeinen Befrie-<lb/>
digung zu beantworten. Allein da über das<lb/><hi rendition="#i">Wann</hi> und <hi rendition="#i">Wo</hi> in keiner Chronik und keiner<lb/>
Topographie ein todtes, geschweige denn ein<lb/>
lebendiges, Wort zu finden ist; so müssen,<lb/>
bis die Hieroglyphen an den Pyramiden ent-<lb/>
hüllt seyn werden, oder bis uns ein bisher<lb/>
verborgenes Denkmahl darüber seine Aufschlüsse<lb/>
nicht länger vorenthält, das <hi rendition="#i">Irgendwo</hi> und das<lb/><hi rendition="#i">Irgendwann</hi> bei dieser gro&#x017F;sen Katastrophe zur<lb/>
Unterlage dienen, und das <hi rendition="#i">Wie,</hi> in Ermange-<lb/>
lung der Geschichte, durch eine Conjektur<lb/>
der Vernunft aufgelöset oder &#x2014; zerhauen wer-<lb/>
den. Alles, wobei es auf Thatsachen an-<lb/>
kommt, kann nur bis auf einen gewissen Zeit-<lb/>
punkt hin verfolgt werden. Da wo die Sonne<lb/>
der Geschichte untergeht und sogar der Mond<lb/>
der Fabel sein entlehntes Licht entzieht, bleibt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0084] ter, zu zerhauen die unästhetische Dreistigkeit hatte. Ständen wir dem Wann und Wo, der Zeit und dem Raume nach, näher; so würde es wahrscheinlich keines Oedips bedürfen, um bei dieser Meisterfrage eine akademische Prä- mie von dreiſsig Silberlingen zu gewinnen, und das Wie obendrein zur allgemeinen Befrie- digung zu beantworten. Allein da über das Wann und Wo in keiner Chronik und keiner Topographie ein todtes, geschweige denn ein lebendiges, Wort zu finden ist; so müssen, bis die Hieroglyphen an den Pyramiden ent- hüllt seyn werden, oder bis uns ein bisher verborgenes Denkmahl darüber seine Aufschlüsse nicht länger vorenthält, das Irgendwo und das Irgendwann bei dieser groſsen Katastrophe zur Unterlage dienen, und das Wie, in Ermange- lung der Geschichte, durch eine Conjektur der Vernunft aufgelöset oder — zerhauen wer- den. Alles, wobei es auf Thatsachen an- kommt, kann nur bis auf einen gewissen Zeit- punkt hin verfolgt werden. Da wo die Sonne der Geschichte untergeht und sogar der Mond der Fabel sein entlehntes Licht entzieht, bleibt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/84
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/84>, abgerufen am 19.04.2024.