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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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Erster Abschnitt. Aussicht in die Gärten
und angenehm macht. Rechter Hand dieses Platzes führt eine schöne Brücke von
fünf Bogen über den Tagus, und jenseits liegt wieder ein großer Obstgarten. Von
einer andern Brücke, die über einen kleinen Arm des Tagus geht, hat man auf der
linken Seite des Flusses einen angenehmen Prospect in einen nach der Natur wild
wachsenden Wald. Vor der Brücke steht ein Pavillon, der durch die wild gepflanz-
ten Bäume auf beyden Ufern und durch den Fluß, der hier mit starkem Geräusch
an dem Felsen vorbeyeilet, überaus reizend gemacht wird. Von dem Pavillon geht
man in eine große Laube von Linden. Bey einem andern Platz, der mit unzähligen
ausländischen Blumen besetzt ist, liegt das artige Gärtnerhaus, daran eine angeneh-
me Wiese stößt, die mit hohen und dicken Bäumen beschattet ist. Nicht weit von
dem Gärtnerhause trifft man eine andere Cascade vom Wasser des Tagus an, dessen
helle Fluth das Auge, und dessen Geräusch, das bald schwach, bald stark ist, das
Ohr ergötzt. Bey derselben liegt ein anderer Pavillon, dessen Lage dem ersten wenig
nachgiebt; hinter sich hat man die Cascade, und vor sich die Fontaine des Herkules,
die größte im Garten. Baretti, der so viel gesehen, versichert, daß er keinen ange-
nehmern Aufenthalt kenne.

[Abbildung]
5.
Gärten in den Niederlanden.

Die Aussichten in den Niederlanden sind wenig abwechselnd und meistens
durch Bäume eingeschränkt. Sie umfassen einen kleinen Gesichtskreis und gar keine
Berge; weswegen verschiedene berühmte Landschaftmaler die Gegenden um Lüttich,

Mastricht

Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten
und angenehm macht. Rechter Hand dieſes Platzes fuͤhrt eine ſchoͤne Bruͤcke von
fuͤnf Bogen uͤber den Tagus, und jenſeits liegt wieder ein großer Obſtgarten. Von
einer andern Bruͤcke, die uͤber einen kleinen Arm des Tagus geht, hat man auf der
linken Seite des Fluſſes einen angenehmen Proſpect in einen nach der Natur wild
wachſenden Wald. Vor der Bruͤcke ſteht ein Pavillon, der durch die wild gepflanz-
ten Baͤume auf beyden Ufern und durch den Fluß, der hier mit ſtarkem Geraͤuſch
an dem Felſen vorbeyeilet, uͤberaus reizend gemacht wird. Von dem Pavillon geht
man in eine große Laube von Linden. Bey einem andern Platz, der mit unzaͤhligen
auslaͤndiſchen Blumen beſetzt iſt, liegt das artige Gaͤrtnerhaus, daran eine angeneh-
me Wieſe ſtoͤßt, die mit hohen und dicken Baͤumen beſchattet iſt. Nicht weit von
dem Gaͤrtnerhauſe trifft man eine andere Caſcade vom Waſſer des Tagus an, deſſen
helle Fluth das Auge, und deſſen Geraͤuſch, das bald ſchwach, bald ſtark iſt, das
Ohr ergoͤtzt. Bey derſelben liegt ein anderer Pavillon, deſſen Lage dem erſten wenig
nachgiebt; hinter ſich hat man die Caſcade, und vor ſich die Fontaine des Herkules,
die groͤßte im Garten. Baretti, der ſo viel geſehen, verſichert, daß er keinen ange-
nehmern Aufenthalt kenne.

[Abbildung]
5.
Gaͤrten in den Niederlanden.

Die Ausſichten in den Niederlanden ſind wenig abwechſelnd und meiſtens
durch Baͤume eingeſchraͤnkt. Sie umfaſſen einen kleinen Geſichtskreis und gar keine
Berge; weswegen verſchiedene beruͤhmte Landſchaftmaler die Gegenden um Luͤttich,

Maſtricht
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[50/0064] Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten und angenehm macht. Rechter Hand dieſes Platzes fuͤhrt eine ſchoͤne Bruͤcke von fuͤnf Bogen uͤber den Tagus, und jenſeits liegt wieder ein großer Obſtgarten. Von einer andern Bruͤcke, die uͤber einen kleinen Arm des Tagus geht, hat man auf der linken Seite des Fluſſes einen angenehmen Proſpect in einen nach der Natur wild wachſenden Wald. Vor der Bruͤcke ſteht ein Pavillon, der durch die wild gepflanz- ten Baͤume auf beyden Ufern und durch den Fluß, der hier mit ſtarkem Geraͤuſch an dem Felſen vorbeyeilet, uͤberaus reizend gemacht wird. Von dem Pavillon geht man in eine große Laube von Linden. Bey einem andern Platz, der mit unzaͤhligen auslaͤndiſchen Blumen beſetzt iſt, liegt das artige Gaͤrtnerhaus, daran eine angeneh- me Wieſe ſtoͤßt, die mit hohen und dicken Baͤumen beſchattet iſt. Nicht weit von dem Gaͤrtnerhauſe trifft man eine andere Caſcade vom Waſſer des Tagus an, deſſen helle Fluth das Auge, und deſſen Geraͤuſch, das bald ſchwach, bald ſtark iſt, das Ohr ergoͤtzt. Bey derſelben liegt ein anderer Pavillon, deſſen Lage dem erſten wenig nachgiebt; hinter ſich hat man die Caſcade, und vor ſich die Fontaine des Herkules, die groͤßte im Garten. Baretti, der ſo viel geſehen, verſichert, daß er keinen ange- nehmern Aufenthalt kenne. [Abbildung] 5. Gaͤrten in den Niederlanden. Die Ausſichten in den Niederlanden ſind wenig abwechſelnd und meiſtens durch Baͤume eingeſchraͤnkt. Sie umfaſſen einen kleinen Geſichtskreis und gar keine Berge; weswegen verſchiedene beruͤhmte Landſchaftmaler die Gegenden um Luͤttich, Maſtricht

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/64>, abgerufen am 28.03.2024.