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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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I.
Beschreibung des Heeschenbergs.
*)

Zwo Meilen von Kiel nach der westlichen Seite hin, erhebt sich in dem adelichen
Gute Schirensee der ansehnliche Heeschenberg, dem die Natur eine reizende
Lage mitten in einer fruchtbaren und bebaueten Landschaft, eine reiche Bekleidung mit
Waldung, mannichfaltige Ungleichheiten und Abhänge zur Vervielfältigung der in-
nern und äußern Prospecte gab.

Die Landschaft umher vereinigt alle Annehmlichkeiten der ländlichen Natur in be-
scheidener Einfalt. Keine prächtige, der Bewunderung oder des Erstaunens würdige Ge-
genstände, keine Gebürge, keine Felsen, keine von ihnen herabhangende Wälder, kei-
ne Aussichten auf die Unermeßlichkeit des Meers. Aber dagegen alles, was den
Charakter der angenehmsten Landschaft bilden, was sanfte Ruhe und reine Naturfreu-
den einflößen kann. Ueberall umher beständige Abwechselung und Unterbrechung
von Anhöhen und Vertiefungen, einzelnen Bäumen und Gruppen, Waldungen und
Gebüschen, eingezäunten Wegen und Feldern, Wiesen, Viehtriften, reifenden
Saaten, deren Glanz auf den Hügeln. zwischen dunklern Einfassungen hervorspielt
-- alles in einer malerischen Lage und verschwenderischen Verschiedenheit der Ver-
bindung. Mit einem noch höhern Reiz hat die Natur die südliche und westliche
Gegend ausgezeichnet. Hier wird das Auge durch sanfte Erhebungen des Bodens,
durch einige hinter einander aufsteigende Berge, auf deren Abhängen Viehweiden
grünen und Kornfluren schimmern, und auf dem Hintergrunde dieser Anhöhen durch
einen Kranz von schönen Wäldern ergötzt, die aus verschiedenen einzelnen Massen
bestehen, aber dennoch in der Aussicht zusammenhängen, und einen herrlichen Um-

zug
*) [Spaltenumbruch] Ein Park in dem adelichen Gute
Schirensee in Holstein, dem russisch-kai-
serlichen wirklichen Geheimenrath und
Staatsminister, vormaligen Ambassadeur
[Spaltenumbruch] und Principalcommissarius, Ritter vom
Elephanten- und andern Orden, Herrn-
Caspar von Saldern zuständig.
II Band. S

I.
Beſchreibung des Heeſchenbergs.
*)

Zwo Meilen von Kiel nach der weſtlichen Seite hin, erhebt ſich in dem adelichen
Gute Schirenſee der anſehnliche Heeſchenberg, dem die Natur eine reizende
Lage mitten in einer fruchtbaren und bebaueten Landſchaft, eine reiche Bekleidung mit
Waldung, mannichfaltige Ungleichheiten und Abhaͤnge zur Vervielfaͤltigung der in-
nern und aͤußern Proſpecte gab.

Die Landſchaft umher vereinigt alle Annehmlichkeiten der laͤndlichen Natur in be-
ſcheidener Einfalt. Keine praͤchtige, der Bewunderung oder des Erſtaunens wuͤrdige Ge-
genſtaͤnde, keine Gebuͤrge, keine Felſen, keine von ihnen herabhangende Waͤlder, kei-
ne Ausſichten auf die Unermeßlichkeit des Meers. Aber dagegen alles, was den
Charakter der angenehmſten Landſchaft bilden, was ſanfte Ruhe und reine Naturfreu-
den einfloͤßen kann. Ueberall umher beſtaͤndige Abwechſelung und Unterbrechung
von Anhoͤhen und Vertiefungen, einzelnen Baͤumen und Gruppen, Waldungen und
Gebuͤſchen, eingezaͤunten Wegen und Feldern, Wieſen, Viehtriften, reifenden
Saaten, deren Glanz auf den Huͤgeln. zwiſchen dunklern Einfaſſungen hervorſpielt
— alles in einer maleriſchen Lage und verſchwenderiſchen Verſchiedenheit der Ver-
bindung. Mit einem noch hoͤhern Reiz hat die Natur die ſuͤdliche und weſtliche
Gegend ausgezeichnet. Hier wird das Auge durch ſanfte Erhebungen des Bodens,
durch einige hinter einander aufſteigende Berge, auf deren Abhaͤngen Viehweiden
gruͤnen und Kornfluren ſchimmern, und auf dem Hintergrunde dieſer Anhoͤhen durch
einen Kranz von ſchoͤnen Waͤldern ergoͤtzt, die aus verſchiedenen einzelnen Maſſen
beſtehen, aber dennoch in der Ausſicht zuſammenhaͤngen, und einen herrlichen Um-

zug
*) [Spaltenumbruch] Ein Park in dem adelichen Gute
Schirenſee in Holſtein, dem ruſſiſch-kai-
ſerlichen wirklichen Geheimenrath und
Staatsminiſter, vormaligen Ambaſſadeur
[Spaltenumbruch] und Principalcommiſſarius, Ritter vom
Elephanten- und andern Orden, Herrn-
Caſpar von Saldern zuſtaͤndig.
II Band. S
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[137/0141] I. Beſchreibung des Heeſchenbergs. *) Zwo Meilen von Kiel nach der weſtlichen Seite hin, erhebt ſich in dem adelichen Gute Schirenſee der anſehnliche Heeſchenberg, dem die Natur eine reizende Lage mitten in einer fruchtbaren und bebaueten Landſchaft, eine reiche Bekleidung mit Waldung, mannichfaltige Ungleichheiten und Abhaͤnge zur Vervielfaͤltigung der in- nern und aͤußern Proſpecte gab. Die Landſchaft umher vereinigt alle Annehmlichkeiten der laͤndlichen Natur in be- ſcheidener Einfalt. Keine praͤchtige, der Bewunderung oder des Erſtaunens wuͤrdige Ge- genſtaͤnde, keine Gebuͤrge, keine Felſen, keine von ihnen herabhangende Waͤlder, kei- ne Ausſichten auf die Unermeßlichkeit des Meers. Aber dagegen alles, was den Charakter der angenehmſten Landſchaft bilden, was ſanfte Ruhe und reine Naturfreu- den einfloͤßen kann. Ueberall umher beſtaͤndige Abwechſelung und Unterbrechung von Anhoͤhen und Vertiefungen, einzelnen Baͤumen und Gruppen, Waldungen und Gebuͤſchen, eingezaͤunten Wegen und Feldern, Wieſen, Viehtriften, reifenden Saaten, deren Glanz auf den Huͤgeln. zwiſchen dunklern Einfaſſungen hervorſpielt — alles in einer maleriſchen Lage und verſchwenderiſchen Verſchiedenheit der Ver- bindung. Mit einem noch hoͤhern Reiz hat die Natur die ſuͤdliche und weſtliche Gegend ausgezeichnet. Hier wird das Auge durch ſanfte Erhebungen des Bodens, durch einige hinter einander aufſteigende Berge, auf deren Abhaͤngen Viehweiden gruͤnen und Kornfluren ſchimmern, und auf dem Hintergrunde dieſer Anhoͤhen durch einen Kranz von ſchoͤnen Waͤldern ergoͤtzt, die aus verſchiedenen einzelnen Maſſen beſtehen, aber dennoch in der Ausſicht zuſammenhaͤngen, und einen herrlichen Um- zug *) Ein Park in dem adelichen Gute Schirenſee in Holſtein, dem ruſſiſch-kai- ſerlichen wirklichen Geheimenrath und Staatsminiſter, vormaligen Ambaſſadeur und Principalcommiſſarius, Ritter vom Elephanten- und andern Orden, Herrn- Caſpar von Saldern zuſtaͤndig. II Band. S

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/141>, abgerufen am 28.03.2024.