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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Anhang.
wird. Der ganze Ort ist in Saatfelder und Triften abgetheilt; und diese sind
durch Hecken, durch lebendiges Gehölz und Dickigte von einander abgesondert.
Kleinere Gruppen und einzelne Bäume stehen auf den Wiesen im Freyen; und
Häuser und andere zum Feldbau gehörige Gebäude sind hier und da unter den-
felben herumgestreut. Diese so bearbeitete Natur macht mit einer so wilden, von
der sie umringt ist, eine höchst reizende Landschaft aus.

Man kömmt zu den verschiedenen für die Aussicht bestimmten Oertern insgemein
durch dichte Alleen. Allein bey dem chinesischen Palaste hören die Hecken auf, und
von da führet ein Fußsteig, durch den obern Theil des Parks, zu einem ländlichen
Tempel, von welchem man auf der einen Seite einige von den bisher beschriebenen ro-
manhaften Scenen, und auf der andern die angebaueten Berge und reichen Thäler
von Monmouthshire übersehen kann. Auf die rauhen und prächtigen Auftritte der
Natur folget nunmehr eine angenehme, fruchtbare und schöne Landgegend, die durch
Umzäunungen abgetheilt, aber mit keinem Gehölze besetzt, noch durch Felsen und
steile Abstürze unterbrochen ist, sondern deren ganze Abwechfelung blos in kleinen Er-
höhungen und allmähligen Abhängen bestehet. Dennoch aber ist die Aussicht nicht
unbelebt. Die Berge erscheinen in derselben sehr hoch; und ein großes Stück von
der Severn, welche hier in einer Strecke von etlichen (englischen) Meilen gesehen wer-
den kann, indem sich zugleich die Wye und der Avon mit ihr vereinigen, macht die
Gränze derselben.

Von dem Tempel kommt man auf einer Straße zu der sogenannten Windeliff, ei-
ner Höhe, welche alle die übrigen übersteigt, und von der man das Ganze mit einem
Blick übersehen kann. Die Wye fließt am Fuße des Berges vorbey; die Halbinsel
liegt gleich vor demselben; die tiefe Bucht des halbcirkelförmigen abhängigen Wal-
des fällt völlig in die Augen; über einem Theile desselben erscheinet der große Fels; sein
ganzer Fuß, alle seine Nebentheile sind hier zu sehen; die unmittelbar hinter demsel-
ben liegende Landgegend ist mit angenehmen Hügeln angefüllt; und die höhern Land-
schaften in den Grafschaften Somerset und Gloucester erheben sich am Horizont.
Die Severn scheinet hinter Chepstowe drey bis vier (englische) Meilen breit zu seyn,
wie sie es denn auch wirklich ist. Denn nicht weit von der Stadt erweitert sie sich beyna-
he in einen See. Die Grafschaft Monmouth macht da das diesseitige Ufer; und
zwischen den schönen Bergen derselben erscheinen in einer weiten Entfernung die Gebir-
ge von Brecnock und Glamonganshire. Wenige Prospecte kommen diesem in der
Größe, Abwechselung und Hoheit gleich. Er schließt alle die edelsten Auftritte von
Persfield in sich, die mit einigen der schönsten Landschaften in England umringt sind.



VIII. Be-

Anhang.
wird. Der ganze Ort iſt in Saatfelder und Triften abgetheilt; und dieſe ſind
durch Hecken, durch lebendiges Gehoͤlz und Dickigte von einander abgeſondert.
Kleinere Gruppen und einzelne Baͤume ſtehen auf den Wieſen im Freyen; und
Haͤuſer und andere zum Feldbau gehoͤrige Gebaͤude ſind hier und da unter den-
felben herumgeſtreut. Dieſe ſo bearbeitete Natur macht mit einer ſo wilden, von
der ſie umringt iſt, eine hoͤchſt reizende Landſchaft aus.

Man koͤmmt zu den verſchiedenen fuͤr die Ausſicht beſtimmten Oertern insgemein
durch dichte Alleen. Allein bey dem chineſiſchen Palaſte hoͤren die Hecken auf, und
von da fuͤhret ein Fußſteig, durch den obern Theil des Parks, zu einem laͤndlichen
Tempel, von welchem man auf der einen Seite einige von den bisher beſchriebenen ro-
manhaften Scenen, und auf der andern die angebaueten Berge und reichen Thaͤler
von Monmouthſhire uͤberſehen kann. Auf die rauhen und praͤchtigen Auftritte der
Natur folget nunmehr eine angenehme, fruchtbare und ſchoͤne Landgegend, die durch
Umzaͤunungen abgetheilt, aber mit keinem Gehoͤlze beſetzt, noch durch Felſen und
ſteile Abſtuͤrze unterbrochen iſt, ſondern deren ganze Abwechfelung blos in kleinen Er-
hoͤhungen und allmaͤhligen Abhaͤngen beſtehet. Dennoch aber iſt die Ausſicht nicht
unbelebt. Die Berge erſcheinen in derſelben ſehr hoch; und ein großes Stuͤck von
der Severn, welche hier in einer Strecke von etlichen (engliſchen) Meilen geſehen wer-
den kann, indem ſich zugleich die Wye und der Avon mit ihr vereinigen, macht die
Graͤnze derſelben.

Von dem Tempel kommt man auf einer Straße zu der ſogenannten Windeliff, ei-
ner Hoͤhe, welche alle die uͤbrigen uͤberſteigt, und von der man das Ganze mit einem
Blick uͤberſehen kann. Die Wye fließt am Fuße des Berges vorbey; die Halbinſel
liegt gleich vor demſelben; die tiefe Bucht des halbcirkelfoͤrmigen abhaͤngigen Wal-
des faͤllt voͤllig in die Augen; uͤber einem Theile deſſelben erſcheinet der große Fels; ſein
ganzer Fuß, alle ſeine Nebentheile ſind hier zu ſehen; die unmittelbar hinter demſel-
ben liegende Landgegend iſt mit angenehmen Huͤgeln angefuͤllt; und die hoͤhern Land-
ſchaften in den Grafſchaften Somerſet und Glouceſter erheben ſich am Horizont.
Die Severn ſcheinet hinter Chepſtowe drey bis vier (engliſche) Meilen breit zu ſeyn,
wie ſie es denn auch wirklich iſt. Denn nicht weit von der Stadt erweitert ſie ſich beyna-
he in einen See. Die Grafſchaft Monmouth macht da das diesſeitige Ufer; und
zwiſchen den ſchoͤnen Bergen derſelben erſcheinen in einer weiten Entfernung die Gebir-
ge von Brecnock und Glamonganſhire. Wenige Proſpecte kommen dieſem in der
Groͤße, Abwechſelung und Hoheit gleich. Er ſchließt alle die edelſten Auftritte von
Persfield in ſich, die mit einigen der ſchoͤnſten Landſchaften in England umringt ſind.



VIII. Be-
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[186/0190] Anhang. wird. Der ganze Ort iſt in Saatfelder und Triften abgetheilt; und dieſe ſind durch Hecken, durch lebendiges Gehoͤlz und Dickigte von einander abgeſondert. Kleinere Gruppen und einzelne Baͤume ſtehen auf den Wieſen im Freyen; und Haͤuſer und andere zum Feldbau gehoͤrige Gebaͤude ſind hier und da unter den- felben herumgeſtreut. Dieſe ſo bearbeitete Natur macht mit einer ſo wilden, von der ſie umringt iſt, eine hoͤchſt reizende Landſchaft aus. Man koͤmmt zu den verſchiedenen fuͤr die Ausſicht beſtimmten Oertern insgemein durch dichte Alleen. Allein bey dem chineſiſchen Palaſte hoͤren die Hecken auf, und von da fuͤhret ein Fußſteig, durch den obern Theil des Parks, zu einem laͤndlichen Tempel, von welchem man auf der einen Seite einige von den bisher beſchriebenen ro- manhaften Scenen, und auf der andern die angebaueten Berge und reichen Thaͤler von Monmouthſhire uͤberſehen kann. Auf die rauhen und praͤchtigen Auftritte der Natur folget nunmehr eine angenehme, fruchtbare und ſchoͤne Landgegend, die durch Umzaͤunungen abgetheilt, aber mit keinem Gehoͤlze beſetzt, noch durch Felſen und ſteile Abſtuͤrze unterbrochen iſt, ſondern deren ganze Abwechfelung blos in kleinen Er- hoͤhungen und allmaͤhligen Abhaͤngen beſtehet. Dennoch aber iſt die Ausſicht nicht unbelebt. Die Berge erſcheinen in derſelben ſehr hoch; und ein großes Stuͤck von der Severn, welche hier in einer Strecke von etlichen (engliſchen) Meilen geſehen wer- den kann, indem ſich zugleich die Wye und der Avon mit ihr vereinigen, macht die Graͤnze derſelben. Von dem Tempel kommt man auf einer Straße zu der ſogenannten Windeliff, ei- ner Hoͤhe, welche alle die uͤbrigen uͤberſteigt, und von der man das Ganze mit einem Blick uͤberſehen kann. Die Wye fließt am Fuße des Berges vorbey; die Halbinſel liegt gleich vor demſelben; die tiefe Bucht des halbcirkelfoͤrmigen abhaͤngigen Wal- des faͤllt voͤllig in die Augen; uͤber einem Theile deſſelben erſcheinet der große Fels; ſein ganzer Fuß, alle ſeine Nebentheile ſind hier zu ſehen; die unmittelbar hinter demſel- ben liegende Landgegend iſt mit angenehmen Huͤgeln angefuͤllt; und die hoͤhern Land- ſchaften in den Grafſchaften Somerſet und Glouceſter erheben ſich am Horizont. Die Severn ſcheinet hinter Chepſtowe drey bis vier (engliſche) Meilen breit zu ſeyn, wie ſie es denn auch wirklich iſt. Denn nicht weit von der Stadt erweitert ſie ſich beyna- he in einen See. Die Grafſchaft Monmouth macht da das diesſeitige Ufer; und zwiſchen den ſchoͤnen Bergen derſelben erſcheinen in einer weiten Entfernung die Gebir- ge von Brecnock und Glamonganſhire. Wenige Proſpecte kommen dieſem in der Groͤße, Abwechſelung und Hoheit gleich. Er ſchließt alle die edelſten Auftritte von Persfield in ſich, die mit einigen der ſchoͤnſten Landſchaften in England umringt ſind. VIII. Be-

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/190>, abgerufen am 19.04.2024.