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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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von Lustschlössern.


V.
Friedrichsberg.
[Spaltenumbruch] *)

Der Garten bey diesem Schlosse ward zu einer Zeit angelegt, als die Symmetrie
noch über alle Gärten in Europa herrschte. Allein die Symmetrie, die auch
hier die Anlagen vorschrieb, wird doch etwas wieder durch die hohen Bäume gemil-
dert, die in den Zwischenräumen der Hecken sich erheben, und aus Tannen und eini-
gen sehr bejahrten und astreichen Roßkastanien bestehen, die schattigte Lauben bilden,
welche hin und wieder von kleinen Grasplätzen umgeben sind. Der Garten besteht
aus einer Ebene, aus lauter geraden Alleen von Linden, aus Hecken, Teichen und
runden Rasenstücken, alles dem strengen Gebot der Regelmäßigkeit unterworfen.
Von der Nordseite des Schlosses geht eine Terrasse mit sechs Absätzen, an welchen
auf beyden Seiten sechs schattenreiche Lindenalleen mit Rasenstücken liegen, die sich
von der Anhöhe mit hinabsenken, nach dem Garten in die Tiefe hinunter.

Sollte dieser Garten, der wegen seiner niedrigen Lage wenig erfrischende Aus-
sichten verstattet, keine neue Umbildung von dem reinern Geschmack zu erwarten ha-
ben; so könnte doch das große Stück auf der gegenüber liegenden Mittagsseite des
Schlosses vortreffliche Anlagen mit geringen Kosten annehmen. Dieses Stück hat
etwa eine kleine halbe Meile im Umkreis. Es liegt hoch und hat sanfte Abhänge und
einen sehr fruchtbaren Boden, wie man an den schon angebrachten Pflanzungen von
Linden und andern Bäumen, und den schönen Grasplätzen sieht. Man genießet hier
die herrlichsten Aussichten auf die Landschaften umher, auf die Ostsee, die Insel
Amak, das jenseitige Meer und die dort segelnden Schiffe, die Stadt Kopenhagen
und besonders das prächtige Residenzschloß Christiansburg. Hier könnten durch
neue Anpflanzungen und einige edle Gebäude bald sehr interessante Scenen von dem
Geschmack gebildet werden.

Das Schloß, ein längliches Viereck mit zwey auf beyden Seiten hervortreten-
den Flügeln, ist ein schönes Werk der Architectur; die Zimmer sind mit Vergoldun-

gen
*) Ein königl. Lustschloß, eine Viertel-
meile von Kopenhagen. Im 2ten Th. des
dänischen Vitruv findet man sowohl einen
[Spaltenumbruch] Grundriß des Gartens, als auch Abbil-
dungen des Schlosses.
III Band. E e
von Luſtſchloͤſſern.


V.
Friedrichsberg.
[Spaltenumbruch] *)

Der Garten bey dieſem Schloſſe ward zu einer Zeit angelegt, als die Symmetrie
noch uͤber alle Gaͤrten in Europa herrſchte. Allein die Symmetrie, die auch
hier die Anlagen vorſchrieb, wird doch etwas wieder durch die hohen Baͤume gemil-
dert, die in den Zwiſchenraͤumen der Hecken ſich erheben, und aus Tannen und eini-
gen ſehr bejahrten und aſtreichen Roßkaſtanien beſtehen, die ſchattigte Lauben bilden,
welche hin und wieder von kleinen Grasplaͤtzen umgeben ſind. Der Garten beſteht
aus einer Ebene, aus lauter geraden Alleen von Linden, aus Hecken, Teichen und
runden Raſenſtuͤcken, alles dem ſtrengen Gebot der Regelmaͤßigkeit unterworfen.
Von der Nordſeite des Schloſſes geht eine Terraſſe mit ſechs Abſaͤtzen, an welchen
auf beyden Seiten ſechs ſchattenreiche Lindenalleen mit Raſenſtuͤcken liegen, die ſich
von der Anhoͤhe mit hinabſenken, nach dem Garten in die Tiefe hinunter.

Sollte dieſer Garten, der wegen ſeiner niedrigen Lage wenig erfriſchende Aus-
ſichten verſtattet, keine neue Umbildung von dem reinern Geſchmack zu erwarten ha-
ben; ſo koͤnnte doch das große Stuͤck auf der gegenuͤber liegenden Mittagsſeite des
Schloſſes vortreffliche Anlagen mit geringen Koſten annehmen. Dieſes Stuͤck hat
etwa eine kleine halbe Meile im Umkreis. Es liegt hoch und hat ſanfte Abhaͤnge und
einen ſehr fruchtbaren Boden, wie man an den ſchon angebrachten Pflanzungen von
Linden und andern Baͤumen, und den ſchoͤnen Grasplaͤtzen ſieht. Man genießet hier
die herrlichſten Ausſichten auf die Landſchaften umher, auf die Oſtſee, die Inſel
Amak, das jenſeitige Meer und die dort ſegelnden Schiffe, die Stadt Kopenhagen
und beſonders das praͤchtige Reſidenzſchloß Chriſtiansburg. Hier koͤnnten durch
neue Anpflanzungen und einige edle Gebaͤude bald ſehr intereſſante Scenen von dem
Geſchmack gebildet werden.

Das Schloß, ein laͤngliches Viereck mit zwey auf beyden Seiten hervortreten-
den Fluͤgeln, iſt ein ſchoͤnes Werk der Architectur; die Zimmer ſind mit Vergoldun-

gen
*) Ein koͤnigl. Luſtſchloß, eine Viertel-
meile von Kopenhagen. Im 2ten Th. des
daͤniſchen Vitruv findet man ſowohl einen
[Spaltenumbruch] Grundriß des Gartens, als auch Abbil-
dungen des Schloſſes.
III Band. E e
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[217/0228] von Luſtſchloͤſſern. V. Friedrichsberg. *) Der Garten bey dieſem Schloſſe ward zu einer Zeit angelegt, als die Symmetrie noch uͤber alle Gaͤrten in Europa herrſchte. Allein die Symmetrie, die auch hier die Anlagen vorſchrieb, wird doch etwas wieder durch die hohen Baͤume gemil- dert, die in den Zwiſchenraͤumen der Hecken ſich erheben, und aus Tannen und eini- gen ſehr bejahrten und aſtreichen Roßkaſtanien beſtehen, die ſchattigte Lauben bilden, welche hin und wieder von kleinen Grasplaͤtzen umgeben ſind. Der Garten beſteht aus einer Ebene, aus lauter geraden Alleen von Linden, aus Hecken, Teichen und runden Raſenſtuͤcken, alles dem ſtrengen Gebot der Regelmaͤßigkeit unterworfen. Von der Nordſeite des Schloſſes geht eine Terraſſe mit ſechs Abſaͤtzen, an welchen auf beyden Seiten ſechs ſchattenreiche Lindenalleen mit Raſenſtuͤcken liegen, die ſich von der Anhoͤhe mit hinabſenken, nach dem Garten in die Tiefe hinunter. Sollte dieſer Garten, der wegen ſeiner niedrigen Lage wenig erfriſchende Aus- ſichten verſtattet, keine neue Umbildung von dem reinern Geſchmack zu erwarten ha- ben; ſo koͤnnte doch das große Stuͤck auf der gegenuͤber liegenden Mittagsſeite des Schloſſes vortreffliche Anlagen mit geringen Koſten annehmen. Dieſes Stuͤck hat etwa eine kleine halbe Meile im Umkreis. Es liegt hoch und hat ſanfte Abhaͤnge und einen ſehr fruchtbaren Boden, wie man an den ſchon angebrachten Pflanzungen von Linden und andern Baͤumen, und den ſchoͤnen Grasplaͤtzen ſieht. Man genießet hier die herrlichſten Ausſichten auf die Landſchaften umher, auf die Oſtſee, die Inſel Amak, das jenſeitige Meer und die dort ſegelnden Schiffe, die Stadt Kopenhagen und beſonders das praͤchtige Reſidenzſchloß Chriſtiansburg. Hier koͤnnten durch neue Anpflanzungen und einige edle Gebaͤude bald ſehr intereſſante Scenen von dem Geſchmack gebildet werden. Das Schloß, ein laͤngliches Viereck mit zwey auf beyden Seiten hervortreten- den Fluͤgeln, iſt ein ſchoͤnes Werk der Architectur; die Zimmer ſind mit Vergoldun- gen *) Ein koͤnigl. Luſtſchloß, eine Viertel- meile von Kopenhagen. Im 2ten Th. des daͤniſchen Vitruv findet man ſowohl einen Grundriß des Gartens, als auch Abbil- dungen des Schloſſes. III Band. E e

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/228>, abgerufen am 28.03.2024.