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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten,
5.

Nach ihrem Beyspiel können wir auch Tempel zu Denkmälern anwenden, in-
dem wir sie Männern von vorzüglichen Verdiensten in unsern Gärten widmen. Kei-
ne Arten von Gebäuden scheinen sich dazu mehr zu schicken, als diese. Sie erhalten
dadurch eine nähere Bestimmung, die ihrem Charakter so wohl ansteht, und einen
Theil der Würde wieder, die sie im Alterthum hatten, wo sie, nach den Göttern,
auch den Helden, den Patrioten und den Weisen heilig waren. Sie stellen weit ed-
lere und angenehmere Denkmäler vor, als Urnen und andere Monumente der Sterb-
lichkeit. Sie sind in der Macht eines jeden Eigenthümers, der dadurch seine Gar-
tenreviere zu dem Rang der heiligen Oerter erheben kann, wo dem Verdienste geopfert
wird, Oerter, die bey den Griechen so häufig waren, und selbst in unsern größten
Städten so selten sind. Die Tempel der Freundschaft, der berühmten Britten,
der alten Tugend zu Stowe, gehören als die ersten Muster in diese Klasse. Allein
in eben diesem Garten ist der Tempel der neuen Tugend, der mit einer zerbrochenen
Statüe und zerstörten Arcade, mit Epheu und Brombeerstrauch bewachsen in Ruinen
liegt, ein ungerechter Vorwurf für unser Zeitalter, und hier um so weniger schicklich,
da er mit dem Gebäude, das die Brustbilder so vieler edlen Männer Großbritan-
niens
enthält, im Widerspruch steht. -- Denkmäler, zur Ehre der Helden und der
Gesetzgeber, der Männer, deren Bestrebungen zunächst die Glückseligkeit der bürger-
lichen Gesellschaft betrafen, deren Verdienst mehr in einer erhabenen Thätigkeit, als
in einer stillen Erfindsamkeit bestand, gehören für die öffentlichen Plätze in Städten.
In Gärten aber suchen wir vornehmlich Monumente für solche Gattungen des Ver-
dienstes, die mit diesen Scenen in einer gewissen Verwandtschaft stehen, Tempel zum
Andenken der Männer, deren Geist über die Naturkenntniß, und die mannigfaltigen
Theile des Landbaues und der nützlichen Gartencultur einen neuen Tag verbreitete,
die den Menschen die Schönheiten der Schöpfung bald in begeisternden Gesängen,
bald in nacheifernden Gemälden empfinden lehrten. Das Eigenthümliche eines je-
den Verdienstes giebt Veranlassung sowohl zu angemessenen Lagen der Gebäude, als
auch zu ihrer Verzierung. Sinnbilder bieten hiezu wieder ihre gefällige Hülfe an;
indessen sind hier Inschriften ein leichteres und kürzeres Mittel der Bezeichnung.
Der bloße Name in dem Fries ist schon hinreichend; er läßt keinen Zweifel mehr
übrig, er entscheidet auf den ersten Blick.

Nach allen diesen Vorschlägen zur Anwendung der Tempel wollen wir jedoch
den Gartenbesitzern gerne verstatten, Gebäude dieser Art zuweilen, blos der Nachah-

mung
Dritter Abſchnitt. Von Tempeln, Grotten,
5.

Nach ihrem Beyſpiel koͤnnen wir auch Tempel zu Denkmaͤlern anwenden, in-
dem wir ſie Maͤnnern von vorzuͤglichen Verdienſten in unſern Gaͤrten widmen. Kei-
ne Arten von Gebaͤuden ſcheinen ſich dazu mehr zu ſchicken, als dieſe. Sie erhalten
dadurch eine naͤhere Beſtimmung, die ihrem Charakter ſo wohl anſteht, und einen
Theil der Wuͤrde wieder, die ſie im Alterthum hatten, wo ſie, nach den Goͤttern,
auch den Helden, den Patrioten und den Weiſen heilig waren. Sie ſtellen weit ed-
lere und angenehmere Denkmaͤler vor, als Urnen und andere Monumente der Sterb-
lichkeit. Sie ſind in der Macht eines jeden Eigenthuͤmers, der dadurch ſeine Gar-
tenreviere zu dem Rang der heiligen Oerter erheben kann, wo dem Verdienſte geopfert
wird, Oerter, die bey den Griechen ſo haͤufig waren, und ſelbſt in unſern groͤßten
Staͤdten ſo ſelten ſind. Die Tempel der Freundſchaft, der beruͤhmten Britten,
der alten Tugend zu Stowe, gehoͤren als die erſten Muſter in dieſe Klaſſe. Allein
in eben dieſem Garten iſt der Tempel der neuen Tugend, der mit einer zerbrochenen
Statuͤe und zerſtoͤrten Arcade, mit Epheu und Brombeerſtrauch bewachſen in Ruinen
liegt, ein ungerechter Vorwurf fuͤr unſer Zeitalter, und hier um ſo weniger ſchicklich,
da er mit dem Gebaͤude, das die Bruſtbilder ſo vieler edlen Maͤnner Großbritan-
niens
enthaͤlt, im Widerſpruch ſteht. — Denkmaͤler, zur Ehre der Helden und der
Geſetzgeber, der Maͤnner, deren Beſtrebungen zunaͤchſt die Gluͤckſeligkeit der buͤrger-
lichen Geſellſchaft betrafen, deren Verdienſt mehr in einer erhabenen Thaͤtigkeit, als
in einer ſtillen Erfindſamkeit beſtand, gehoͤren fuͤr die oͤffentlichen Plaͤtze in Staͤdten.
In Gaͤrten aber ſuchen wir vornehmlich Monumente fuͤr ſolche Gattungen des Ver-
dienſtes, die mit dieſen Scenen in einer gewiſſen Verwandtſchaft ſtehen, Tempel zum
Andenken der Maͤnner, deren Geiſt uͤber die Naturkenntniß, und die mannigfaltigen
Theile des Landbaues und der nuͤtzlichen Gartencultur einen neuen Tag verbreitete,
die den Menſchen die Schoͤnheiten der Schoͤpfung bald in begeiſternden Geſaͤngen,
bald in nacheifernden Gemaͤlden empfinden lehrten. Das Eigenthuͤmliche eines je-
den Verdienſtes giebt Veranlaſſung ſowohl zu angemeſſenen Lagen der Gebaͤude, als
auch zu ihrer Verzierung. Sinnbilder bieten hiezu wieder ihre gefaͤllige Huͤlfe an;
indeſſen ſind hier Inſchriften ein leichteres und kuͤrzeres Mittel der Bezeichnung.
Der bloße Name in dem Fries iſt ſchon hinreichend; er laͤßt keinen Zweifel mehr
uͤbrig, er entſcheidet auf den erſten Blick.

Nach allen dieſen Vorſchlaͤgen zur Anwendung der Tempel wollen wir jedoch
den Gartenbeſitzern gerne verſtatten, Gebaͤude dieſer Art zuweilen, blos der Nachah-

mung
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[80/0084] Dritter Abſchnitt. Von Tempeln, Grotten, 5. Nach ihrem Beyſpiel koͤnnen wir auch Tempel zu Denkmaͤlern anwenden, in- dem wir ſie Maͤnnern von vorzuͤglichen Verdienſten in unſern Gaͤrten widmen. Kei- ne Arten von Gebaͤuden ſcheinen ſich dazu mehr zu ſchicken, als dieſe. Sie erhalten dadurch eine naͤhere Beſtimmung, die ihrem Charakter ſo wohl anſteht, und einen Theil der Wuͤrde wieder, die ſie im Alterthum hatten, wo ſie, nach den Goͤttern, auch den Helden, den Patrioten und den Weiſen heilig waren. Sie ſtellen weit ed- lere und angenehmere Denkmaͤler vor, als Urnen und andere Monumente der Sterb- lichkeit. Sie ſind in der Macht eines jeden Eigenthuͤmers, der dadurch ſeine Gar- tenreviere zu dem Rang der heiligen Oerter erheben kann, wo dem Verdienſte geopfert wird, Oerter, die bey den Griechen ſo haͤufig waren, und ſelbſt in unſern groͤßten Staͤdten ſo ſelten ſind. Die Tempel der Freundſchaft, der beruͤhmten Britten, der alten Tugend zu Stowe, gehoͤren als die erſten Muſter in dieſe Klaſſe. Allein in eben dieſem Garten iſt der Tempel der neuen Tugend, der mit einer zerbrochenen Statuͤe und zerſtoͤrten Arcade, mit Epheu und Brombeerſtrauch bewachſen in Ruinen liegt, ein ungerechter Vorwurf fuͤr unſer Zeitalter, und hier um ſo weniger ſchicklich, da er mit dem Gebaͤude, das die Bruſtbilder ſo vieler edlen Maͤnner Großbritan- niens enthaͤlt, im Widerſpruch ſteht. — Denkmaͤler, zur Ehre der Helden und der Geſetzgeber, der Maͤnner, deren Beſtrebungen zunaͤchſt die Gluͤckſeligkeit der buͤrger- lichen Geſellſchaft betrafen, deren Verdienſt mehr in einer erhabenen Thaͤtigkeit, als in einer ſtillen Erfindſamkeit beſtand, gehoͤren fuͤr die oͤffentlichen Plaͤtze in Staͤdten. In Gaͤrten aber ſuchen wir vornehmlich Monumente fuͤr ſolche Gattungen des Ver- dienſtes, die mit dieſen Scenen in einer gewiſſen Verwandtſchaft ſtehen, Tempel zum Andenken der Maͤnner, deren Geiſt uͤber die Naturkenntniß, und die mannigfaltigen Theile des Landbaues und der nuͤtzlichen Gartencultur einen neuen Tag verbreitete, die den Menſchen die Schoͤnheiten der Schoͤpfung bald in begeiſternden Geſaͤngen, bald in nacheifernden Gemaͤlden empfinden lehrten. Das Eigenthuͤmliche eines je- den Verdienſtes giebt Veranlaſſung ſowohl zu angemeſſenen Lagen der Gebaͤude, als auch zu ihrer Verzierung. Sinnbilder bieten hiezu wieder ihre gefaͤllige Huͤlfe an; indeſſen ſind hier Inſchriften ein leichteres und kuͤrzeres Mittel der Bezeichnung. Der bloße Name in dem Fries iſt ſchon hinreichend; er laͤßt keinen Zweifel mehr uͤbrig, er entſcheidet auf den erſten Blick. Nach allen dieſen Vorſchlaͤgen zur Anwendung der Tempel wollen wir jedoch den Gartenbeſitzern gerne verſtatten, Gebaͤude dieſer Art zuweilen, blos der Nachah- mung

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/84>, abgerufen am 28.03.2024.