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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Vierter Abschnitt. Von Ruhesitzen,
III.
Thore.

Thore oder Portale in Gärten können theils bey dem Haupteingang in einen Park
oder Garten, theils in den verschiedenen abgesonderten Revieren als Mittel der
Verbindung gebraucht werden. Sie sind aber nicht immer nöthig. Oft ist es weit
angenehmer, wenn, ohne einen besonders bezeichneten Eingang, der Garten gleich bey
dem Lustschlosse oder Landhause anfängt; und wenn die verschiedenen Theile eines Gar-
tens sich durch ihren eigenen Charakter merklich unterscheiden, oder durch weniger auf-
sallende Uebergänge verbunden werden. Indessen wird man z. B. bey Gärten in
Städten, die von den Gebäuden durch einen dazwischen liegenden Hof abgesondert sind,
bey Thiergärten, in weitläuftigen Parks bey manchen Gelegenheiten Thore anzulegen
berechtigt seyn.

Einfachheit ist das höchste Gesetz für diese Werke der Baukunst. Sie dürfen
weder künstliche Formen, noch reiche Verzierungen haben, so sehr sie auch ein falscher
Geschmack damit zu überladen pflegt. Die toscanische Ordnung, die einfachste und
entblößt von allem Schnitzwerk, schickt sich für Gartenthore am besten. Bey der nö-
thigen Festigkeit hat der Architect doch zu sorgen, daß sie kein plumpes, sondern viel-
mehr, so weit als es die Natur des Werks erlaubt, ein leichtes und gefallendes Anse-
hen erhalten. Der Charakter des Gartens kann zuweilen dem Hauptportal, zumal
wenn es von dem Wohngebäude aus gesehen wird, einige kleine Verzierungen verstat-
ten; doch müssen sie nicht zu merklich von der Einfalt des Werks abweichen, und
außerdem in einem gartenmäßigen Styl seyn; nichts ist unschicklicher, als hier Schil-
der und Wappen der Besitzer auszuhängen.

Bey den Haupteingängen der Gärten haben Thore die meiste Schicklichkeit,
und es ist nicht schwer, ihre gute Anlage zu bestimmen. Allein sie mitten in den
verschiedenen Revieren der Gärten so anzulegen, daß sie nicht überflüßig und unschick-
lich, sondern so sehr sie auch entbehrlich seyn mögen, ihrem Ort doch zu gehören schei-
nen, ist schon wichtiger und erfordert eine reife Ueberlegung. Indessen sind sie hier
auch nur in wenig Fällen nothwendig, und überhaupt eben keine Gegenstände, die zur
Verzierung einer Scene nachgeahmt werden könnten. Man sieht sie daher mit Wi-
derwillen, wo keine scheinbare Nothwendigkeit ihre Gegenwart rechtfertigt. Uebri-
gens fallen Gartenthore anmuthiger ins Auge, wenn sie zum Theil, wenigstens auf
einer Seite, mit überragendem Gebüsch und Bäumen bedeckt sind, als wenn sie ganz
frey da liegen.

Ein
Vierter Abſchnitt. Von Ruheſitzen,
III.
Thore.

Thore oder Portale in Gaͤrten koͤnnen theils bey dem Haupteingang in einen Park
oder Garten, theils in den verſchiedenen abgeſonderten Revieren als Mittel der
Verbindung gebraucht werden. Sie ſind aber nicht immer noͤthig. Oft iſt es weit
angenehmer, wenn, ohne einen beſonders bezeichneten Eingang, der Garten gleich bey
dem Luſtſchloſſe oder Landhauſe anfaͤngt; und wenn die verſchiedenen Theile eines Gar-
tens ſich durch ihren eigenen Charakter merklich unterſcheiden, oder durch weniger auf-
ſallende Uebergaͤnge verbunden werden. Indeſſen wird man z. B. bey Gaͤrten in
Staͤdten, die von den Gebaͤuden durch einen dazwiſchen liegenden Hof abgeſondert ſind,
bey Thiergaͤrten, in weitlaͤuftigen Parks bey manchen Gelegenheiten Thore anzulegen
berechtigt ſeyn.

Einfachheit iſt das hoͤchſte Geſetz fuͤr dieſe Werke der Baukunſt. Sie duͤrfen
weder kuͤnſtliche Formen, noch reiche Verzierungen haben, ſo ſehr ſie auch ein falſcher
Geſchmack damit zu uͤberladen pflegt. Die toſcaniſche Ordnung, die einfachſte und
entbloͤßt von allem Schnitzwerk, ſchickt ſich fuͤr Gartenthore am beſten. Bey der noͤ-
thigen Feſtigkeit hat der Architect doch zu ſorgen, daß ſie kein plumpes, ſondern viel-
mehr, ſo weit als es die Natur des Werks erlaubt, ein leichtes und gefallendes Anſe-
hen erhalten. Der Charakter des Gartens kann zuweilen dem Hauptportal, zumal
wenn es von dem Wohngebaͤude aus geſehen wird, einige kleine Verzierungen verſtat-
ten; doch muͤſſen ſie nicht zu merklich von der Einfalt des Werks abweichen, und
außerdem in einem gartenmaͤßigen Styl ſeyn; nichts iſt unſchicklicher, als hier Schil-
der und Wappen der Beſitzer auszuhaͤngen.

Bey den Haupteingaͤngen der Gaͤrten haben Thore die meiſte Schicklichkeit,
und es iſt nicht ſchwer, ihre gute Anlage zu beſtimmen. Allein ſie mitten in den
verſchiedenen Revieren der Gaͤrten ſo anzulegen, daß ſie nicht uͤberfluͤßig und unſchick-
lich, ſondern ſo ſehr ſie auch entbehrlich ſeyn moͤgen, ihrem Ort doch zu gehoͤren ſchei-
nen, iſt ſchon wichtiger und erfordert eine reife Ueberlegung. Indeſſen ſind ſie hier
auch nur in wenig Faͤllen nothwendig, und uͤberhaupt eben keine Gegenſtaͤnde, die zur
Verzierung einer Scene nachgeahmt werden koͤnnten. Man ſieht ſie daher mit Wi-
derwillen, wo keine ſcheinbare Nothwendigkeit ihre Gegenwart rechtfertigt. Uebri-
gens fallen Gartenthore anmuthiger ins Auge, wenn ſie zum Theil, wenigſtens auf
einer Seite, mit uͤberragendem Gebuͤſch und Baͤumen bedeckt ſind, als wenn ſie ganz
frey da liegen.

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[124/0128] Vierter Abſchnitt. Von Ruheſitzen, III. Thore. Thore oder Portale in Gaͤrten koͤnnen theils bey dem Haupteingang in einen Park oder Garten, theils in den verſchiedenen abgeſonderten Revieren als Mittel der Verbindung gebraucht werden. Sie ſind aber nicht immer noͤthig. Oft iſt es weit angenehmer, wenn, ohne einen beſonders bezeichneten Eingang, der Garten gleich bey dem Luſtſchloſſe oder Landhauſe anfaͤngt; und wenn die verſchiedenen Theile eines Gar- tens ſich durch ihren eigenen Charakter merklich unterſcheiden, oder durch weniger auf- ſallende Uebergaͤnge verbunden werden. Indeſſen wird man z. B. bey Gaͤrten in Staͤdten, die von den Gebaͤuden durch einen dazwiſchen liegenden Hof abgeſondert ſind, bey Thiergaͤrten, in weitlaͤuftigen Parks bey manchen Gelegenheiten Thore anzulegen berechtigt ſeyn. Einfachheit iſt das hoͤchſte Geſetz fuͤr dieſe Werke der Baukunſt. Sie duͤrfen weder kuͤnſtliche Formen, noch reiche Verzierungen haben, ſo ſehr ſie auch ein falſcher Geſchmack damit zu uͤberladen pflegt. Die toſcaniſche Ordnung, die einfachſte und entbloͤßt von allem Schnitzwerk, ſchickt ſich fuͤr Gartenthore am beſten. Bey der noͤ- thigen Feſtigkeit hat der Architect doch zu ſorgen, daß ſie kein plumpes, ſondern viel- mehr, ſo weit als es die Natur des Werks erlaubt, ein leichtes und gefallendes Anſe- hen erhalten. Der Charakter des Gartens kann zuweilen dem Hauptportal, zumal wenn es von dem Wohngebaͤude aus geſehen wird, einige kleine Verzierungen verſtat- ten; doch muͤſſen ſie nicht zu merklich von der Einfalt des Werks abweichen, und außerdem in einem gartenmaͤßigen Styl ſeyn; nichts iſt unſchicklicher, als hier Schil- der und Wappen der Beſitzer auszuhaͤngen. Bey den Haupteingaͤngen der Gaͤrten haben Thore die meiſte Schicklichkeit, und es iſt nicht ſchwer, ihre gute Anlage zu beſtimmen. Allein ſie mitten in den verſchiedenen Revieren der Gaͤrten ſo anzulegen, daß ſie nicht uͤberfluͤßig und unſchick- lich, ſondern ſo ſehr ſie auch entbehrlich ſeyn moͤgen, ihrem Ort doch zu gehoͤren ſchei- nen, iſt ſchon wichtiger und erfordert eine reife Ueberlegung. Indeſſen ſind ſie hier auch nur in wenig Faͤllen nothwendig, und uͤberhaupt eben keine Gegenſtaͤnde, die zur Verzierung einer Scene nachgeahmt werden koͤnnten. Man ſieht ſie daher mit Wi- derwillen, wo keine ſcheinbare Nothwendigkeit ihre Gegenwart rechtfertigt. Uebri- gens fallen Gartenthore anmuthiger ins Auge, wenn ſie zum Theil, wenigſtens auf einer Seite, mit uͤberragendem Gebuͤſch und Baͤumen bedeckt ſind, als wenn ſie ganz frey da liegen. Ein

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/128>, abgerufen am 19.04.2024.