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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Fünfter Abschnitt. Von Statüen,
sammlungen sind, wo das Volk verweilt, begeisternde Erinnerungen zu verbreiten.
Ein Denkmal, dem weisen und edlen Mann errichtet, ist nicht blos ein Triumph,
den man der Tugend verstattet; es ist zugleich eine öffentliche Aufforderung zu einer
ähnlichen Tugend, nicht blos an die Zeitgenossen, sondern auch an die Nachkommen-
schaft gerichtet.

2.

Wenn wir nach dem Beyspiele der Alten die Kraft der Denkmäler mehr schätzen
lernten, so würden selbst manche Gegenden in den Gärten, mit dem Genuß der länd-
lichen Annehmlichkeiten, die Erweckung des Andenkens an ein schönes oder nützliches
Verdienst, und die Unterhaltung moralischer Empfindungen verbinden können. Es
kostet wenig Ueberlegung, um auf eine mit dem guten Geschmack übereinstimmende
Weise einen Garten, den Aufenthalt des Vergnügens, zugleich hie und da zu einer
Schule der Weisheit einzurichten; und dazu sind Monumente des Verdienstes weit
geschickter und anständiger, als der kindische Einfall in den Gärten zu Versailles,
durch Fontainen äsopische Fabeln vorzustellen, deren Bedeutung man jedoch erst durch
Inschriften in der Nähe aufzuklären sich genöthigt fühlte.

Unter den verschiedenen Gattungen von Denkmälern schicken sich einige mehr für
öffentliche Plätze in den Städten, andere mehr für Gärten. Regenten, Helden,
Staatsmänner, große Wohlthäter der menschlichen Gesellschaft, Verdienste von ei-
nem allgemeinen Einfluß in den Staat, haben einen Anspruch auf öffentliche Monu-
mente in den Residenzstädten, wo sie auf Kosten der Nation errichtet, oder doch ihrem
Auge ausgestellt sind. In Gärten aber schicken sich mehr Denkmäler, die der Pri-
vatmann stiften kann, Denkmäler, nicht sowohl für die glänzenden, als vielmehr für
die angenehmen Gattungen des Verdienstes, und zwar solche, die mit gartenmäßigen
Vorstellungen eine gewisse Verbindung haben, oder sich auf Naturscenen und ihre
Veredelung beziehen.

Man kann hier die Monumente Philosophen, Dichtern, Künstlern, nützlichen
Bürgern oder Freunden, lebenden sowohl als verstorbenen, widmen. Sie können
nicht weniger Denkmäler des Vergnügens, als der Trauer seyn. Sie erfordern alle-
mal eine ihrem Charakter angemessene Scene. Ein Monument, irgend einer frohen
Begebenheit, irgend einer Empfindung oder Wiedererinnerung von der angenehmen
Art geweihet, reize von einem schönen Hügel das Auge; ein Denkmal des Schmerzes

oder

Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen,
ſammlungen ſind, wo das Volk verweilt, begeiſternde Erinnerungen zu verbreiten.
Ein Denkmal, dem weiſen und edlen Mann errichtet, iſt nicht blos ein Triumph,
den man der Tugend verſtattet; es iſt zugleich eine oͤffentliche Aufforderung zu einer
aͤhnlichen Tugend, nicht blos an die Zeitgenoſſen, ſondern auch an die Nachkommen-
ſchaft gerichtet.

2.

Wenn wir nach dem Beyſpiele der Alten die Kraft der Denkmaͤler mehr ſchaͤtzen
lernten, ſo wuͤrden ſelbſt manche Gegenden in den Gaͤrten, mit dem Genuß der laͤnd-
lichen Annehmlichkeiten, die Erweckung des Andenkens an ein ſchoͤnes oder nuͤtzliches
Verdienſt, und die Unterhaltung moraliſcher Empfindungen verbinden koͤnnen. Es
koſtet wenig Ueberlegung, um auf eine mit dem guten Geſchmack uͤbereinſtimmende
Weiſe einen Garten, den Aufenthalt des Vergnuͤgens, zugleich hie und da zu einer
Schule der Weisheit einzurichten; und dazu ſind Monumente des Verdienſtes weit
geſchickter und anſtaͤndiger, als der kindiſche Einfall in den Gaͤrten zu Verſailles,
durch Fontainen aͤſopiſche Fabeln vorzuſtellen, deren Bedeutung man jedoch erſt durch
Inſchriften in der Naͤhe aufzuklaͤren ſich genoͤthigt fuͤhlte.

Unter den verſchiedenen Gattungen von Denkmaͤlern ſchicken ſich einige mehr fuͤr
oͤffentliche Plaͤtze in den Staͤdten, andere mehr fuͤr Gaͤrten. Regenten, Helden,
Staatsmaͤnner, große Wohlthaͤter der menſchlichen Geſellſchaft, Verdienſte von ei-
nem allgemeinen Einfluß in den Staat, haben einen Anſpruch auf oͤffentliche Monu-
mente in den Reſidenzſtaͤdten, wo ſie auf Koſten der Nation errichtet, oder doch ihrem
Auge ausgeſtellt ſind. In Gaͤrten aber ſchicken ſich mehr Denkmaͤler, die der Pri-
vatmann ſtiften kann, Denkmaͤler, nicht ſowohl fuͤr die glaͤnzenden, als vielmehr fuͤr
die angenehmen Gattungen des Verdienſtes, und zwar ſolche, die mit gartenmaͤßigen
Vorſtellungen eine gewiſſe Verbindung haben, oder ſich auf Naturſcenen und ihre
Veredelung beziehen.

Man kann hier die Monumente Philoſophen, Dichtern, Kuͤnſtlern, nuͤtzlichen
Buͤrgern oder Freunden, lebenden ſowohl als verſtorbenen, widmen. Sie koͤnnen
nicht weniger Denkmaͤler des Vergnuͤgens, als der Trauer ſeyn. Sie erfordern alle-
mal eine ihrem Charakter angemeſſene Scene. Ein Monument, irgend einer frohen
Begebenheit, irgend einer Empfindung oder Wiedererinnerung von der angenehmen
Art geweihet, reize von einem ſchoͤnen Huͤgel das Auge; ein Denkmal des Schmerzes

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[142/0146] Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen, ſammlungen ſind, wo das Volk verweilt, begeiſternde Erinnerungen zu verbreiten. Ein Denkmal, dem weiſen und edlen Mann errichtet, iſt nicht blos ein Triumph, den man der Tugend verſtattet; es iſt zugleich eine oͤffentliche Aufforderung zu einer aͤhnlichen Tugend, nicht blos an die Zeitgenoſſen, ſondern auch an die Nachkommen- ſchaft gerichtet. 2. Wenn wir nach dem Beyſpiele der Alten die Kraft der Denkmaͤler mehr ſchaͤtzen lernten, ſo wuͤrden ſelbſt manche Gegenden in den Gaͤrten, mit dem Genuß der laͤnd- lichen Annehmlichkeiten, die Erweckung des Andenkens an ein ſchoͤnes oder nuͤtzliches Verdienſt, und die Unterhaltung moraliſcher Empfindungen verbinden koͤnnen. Es koſtet wenig Ueberlegung, um auf eine mit dem guten Geſchmack uͤbereinſtimmende Weiſe einen Garten, den Aufenthalt des Vergnuͤgens, zugleich hie und da zu einer Schule der Weisheit einzurichten; und dazu ſind Monumente des Verdienſtes weit geſchickter und anſtaͤndiger, als der kindiſche Einfall in den Gaͤrten zu Verſailles, durch Fontainen aͤſopiſche Fabeln vorzuſtellen, deren Bedeutung man jedoch erſt durch Inſchriften in der Naͤhe aufzuklaͤren ſich genoͤthigt fuͤhlte. Unter den verſchiedenen Gattungen von Denkmaͤlern ſchicken ſich einige mehr fuͤr oͤffentliche Plaͤtze in den Staͤdten, andere mehr fuͤr Gaͤrten. Regenten, Helden, Staatsmaͤnner, große Wohlthaͤter der menſchlichen Geſellſchaft, Verdienſte von ei- nem allgemeinen Einfluß in den Staat, haben einen Anſpruch auf oͤffentliche Monu- mente in den Reſidenzſtaͤdten, wo ſie auf Koſten der Nation errichtet, oder doch ihrem Auge ausgeſtellt ſind. In Gaͤrten aber ſchicken ſich mehr Denkmaͤler, die der Pri- vatmann ſtiften kann, Denkmaͤler, nicht ſowohl fuͤr die glaͤnzenden, als vielmehr fuͤr die angenehmen Gattungen des Verdienſtes, und zwar ſolche, die mit gartenmaͤßigen Vorſtellungen eine gewiſſe Verbindung haben, oder ſich auf Naturſcenen und ihre Veredelung beziehen. Man kann hier die Monumente Philoſophen, Dichtern, Kuͤnſtlern, nuͤtzlichen Buͤrgern oder Freunden, lebenden ſowohl als verſtorbenen, widmen. Sie koͤnnen nicht weniger Denkmaͤler des Vergnuͤgens, als der Trauer ſeyn. Sie erfordern alle- mal eine ihrem Charakter angemeſſene Scene. Ein Monument, irgend einer frohen Begebenheit, irgend einer Empfindung oder Wiedererinnerung von der angenehmen Art geweihet, reize von einem ſchoͤnen Huͤgel das Auge; ein Denkmal des Schmerzes oder

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/146>, abgerufen am 19.04.2024.