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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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von Lustschlössern.
Waldung, keine mehr malerische Wölbungen der Gebüsche vorstellen. Alles ist dicht
und verschlossen, und doch dabey frey und anmuthig. Nur eine einzige geringe Oeff-
nung verstattet die Aussicht auf einen hügelichten Vorgrund der Feldgegend hinaus.
Nach der nordlichen Seite, wo unten zur Linken ein kleines heiteres Rasenstück hervor-
bricht, ist der Berg steil abfallend; man sieht in eine büschigte Tiefe hinab. Diese
Tiefe, die Höhe der Bäume auf dem Berge, der schattenvolle waldigte Umzug, und
die feyerliche Einsamkeit die hier herrscht, vereinigen sich, einen Sitz der ernsten Be-
trachtung zu bilden.

Unten am Berge auf der südlichen Seite führt der schlängelnde Gang am Ge-
büsche weiter durch ein Waldstück, und biegt zur Linken in eine große angenehme Wild-
niß, besonders von Tannen. Ueberall tiefe Schatten und Kühlung; überall Gesänge
von tausend Waldbewohnern, die das Glück der Freyheit in dieser ungestörten Ruhe
besingen. Verschiedene Gänge winden sich in dieser Wildniß herum; einige laufen
in die äußere Hauptallee hinein; ein gerader Weg führt oben hinauf, und bringt un-
vermuthet mit einer Ueberraschung in die große mittlere Kastanienallee.

Ein andrer Weg führt oben vom Berge ab, und läuft auf dem Rande andrer
anliegenden Höhen in der Waldung fort; man sieht über sich dickbelaubte Bäume den
Wolken entgegen steigen, und an den Abhängen zur Rechten blickt man in eine waldig-
te Tiefe hinab. Dieser Weg bringt in die vorher erwähnte Wildniß, oder, wenn
man will, in die äußere Hauptallee, oder darüber in die reizenden Spaziergänge, die
in dem Waldstück an der Schloßallee herumleiten.

5.
Die Gegenden zwischen der äußern Hauptallee und der
Schloßallee.

Diese äußere Hauptallee hat zur Linken noch besondere Gegenden, die an die
Schloßallee angränzen, und sich nach unten hinabziehen.

Gleich oben liegt zur Linken ein durchgepflanztes Waldstück, worinn ein Teich
erscheint. Von da läuft ein windender Weg durch dieses ansehnliche Waldstück, geht
schräg über die mittlere große Kastanienallee, und nachdem er eine sehr angenehme Un-
terhaltung zwischen abwechselnden Waldscenen gegeben, so biegt er ganz unten in den
Grasplatz ein, der in der Schloßallee am Ende liegt; und geht, indem er hier die rei-
zende Aussicht auf einen Theil des Essomersees und die hinter ihm sich verdüsternden
Wälder eröffnet, in das Westrevier über. Von diesem langen Weg laufen zur

Rechten
III Band. A a

von Luſtſchloͤſſern.
Waldung, keine mehr maleriſche Woͤlbungen der Gebuͤſche vorſtellen. Alles iſt dicht
und verſchloſſen, und doch dabey frey und anmuthig. Nur eine einzige geringe Oeff-
nung verſtattet die Ausſicht auf einen huͤgelichten Vorgrund der Feldgegend hinaus.
Nach der nordlichen Seite, wo unten zur Linken ein kleines heiteres Raſenſtuͤck hervor-
bricht, iſt der Berg ſteil abfallend; man ſieht in eine buͤſchigte Tiefe hinab. Dieſe
Tiefe, die Hoͤhe der Baͤume auf dem Berge, der ſchattenvolle waldigte Umzug, und
die feyerliche Einſamkeit die hier herrſcht, vereinigen ſich, einen Sitz der ernſten Be-
trachtung zu bilden.

Unten am Berge auf der ſuͤdlichen Seite fuͤhrt der ſchlaͤngelnde Gang am Ge-
buͤſche weiter durch ein Waldſtuͤck, und biegt zur Linken in eine große angenehme Wild-
niß, beſonders von Tannen. Ueberall tiefe Schatten und Kuͤhlung; uͤberall Geſaͤnge
von tauſend Waldbewohnern, die das Gluͤck der Freyheit in dieſer ungeſtoͤrten Ruhe
beſingen. Verſchiedene Gaͤnge winden ſich in dieſer Wildniß herum; einige laufen
in die aͤußere Hauptallee hinein; ein gerader Weg fuͤhrt oben hinauf, und bringt un-
vermuthet mit einer Ueberraſchung in die große mittlere Kaſtanienallee.

Ein andrer Weg fuͤhrt oben vom Berge ab, und laͤuft auf dem Rande andrer
anliegenden Hoͤhen in der Waldung fort; man ſieht uͤber ſich dickbelaubte Baͤume den
Wolken entgegen ſteigen, und an den Abhaͤngen zur Rechten blickt man in eine waldig-
te Tiefe hinab. Dieſer Weg bringt in die vorher erwaͤhnte Wildniß, oder, wenn
man will, in die aͤußere Hauptallee, oder daruͤber in die reizenden Spaziergaͤnge, die
in dem Waldſtuͤck an der Schloßallee herumleiten.

5.
Die Gegenden zwiſchen der aͤußern Hauptallee und der
Schloßallee.

Dieſe aͤußere Hauptallee hat zur Linken noch beſondere Gegenden, die an die
Schloßallee angraͤnzen, und ſich nach unten hinabziehen.

Gleich oben liegt zur Linken ein durchgepflanztes Waldſtuͤck, worinn ein Teich
erſcheint. Von da laͤuft ein windender Weg durch dieſes anſehnliche Waldſtuͤck, geht
ſchraͤg uͤber die mittlere große Kaſtanienallee, und nachdem er eine ſehr angenehme Un-
terhaltung zwiſchen abwechſelnden Waldſcenen gegeben, ſo biegt er ganz unten in den
Grasplatz ein, der in der Schloßallee am Ende liegt; und geht, indem er hier die rei-
zende Ausſicht auf einen Theil des Eſſomerſees und die hinter ihm ſich verduͤſternden
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Rechten
III Band. A a
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[185/0196] von Luſtſchloͤſſern. Waldung, keine mehr maleriſche Woͤlbungen der Gebuͤſche vorſtellen. Alles iſt dicht und verſchloſſen, und doch dabey frey und anmuthig. Nur eine einzige geringe Oeff- nung verſtattet die Ausſicht auf einen huͤgelichten Vorgrund der Feldgegend hinaus. Nach der nordlichen Seite, wo unten zur Linken ein kleines heiteres Raſenſtuͤck hervor- bricht, iſt der Berg ſteil abfallend; man ſieht in eine buͤſchigte Tiefe hinab. Dieſe Tiefe, die Hoͤhe der Baͤume auf dem Berge, der ſchattenvolle waldigte Umzug, und die feyerliche Einſamkeit die hier herrſcht, vereinigen ſich, einen Sitz der ernſten Be- trachtung zu bilden. Unten am Berge auf der ſuͤdlichen Seite fuͤhrt der ſchlaͤngelnde Gang am Ge- buͤſche weiter durch ein Waldſtuͤck, und biegt zur Linken in eine große angenehme Wild- niß, beſonders von Tannen. Ueberall tiefe Schatten und Kuͤhlung; uͤberall Geſaͤnge von tauſend Waldbewohnern, die das Gluͤck der Freyheit in dieſer ungeſtoͤrten Ruhe beſingen. Verſchiedene Gaͤnge winden ſich in dieſer Wildniß herum; einige laufen in die aͤußere Hauptallee hinein; ein gerader Weg fuͤhrt oben hinauf, und bringt un- vermuthet mit einer Ueberraſchung in die große mittlere Kaſtanienallee. Ein andrer Weg fuͤhrt oben vom Berge ab, und laͤuft auf dem Rande andrer anliegenden Hoͤhen in der Waldung fort; man ſieht uͤber ſich dickbelaubte Baͤume den Wolken entgegen ſteigen, und an den Abhaͤngen zur Rechten blickt man in eine waldig- te Tiefe hinab. Dieſer Weg bringt in die vorher erwaͤhnte Wildniß, oder, wenn man will, in die aͤußere Hauptallee, oder daruͤber in die reizenden Spaziergaͤnge, die in dem Waldſtuͤck an der Schloßallee herumleiten. 5. Die Gegenden zwiſchen der aͤußern Hauptallee und der Schloßallee. Dieſe aͤußere Hauptallee hat zur Linken noch beſondere Gegenden, die an die Schloßallee angraͤnzen, und ſich nach unten hinabziehen. Gleich oben liegt zur Linken ein durchgepflanztes Waldſtuͤck, worinn ein Teich erſcheint. Von da laͤuft ein windender Weg durch dieſes anſehnliche Waldſtuͤck, geht ſchraͤg uͤber die mittlere große Kaſtanienallee, und nachdem er eine ſehr angenehme Un- terhaltung zwiſchen abwechſelnden Waldſcenen gegeben, ſo biegt er ganz unten in den Grasplatz ein, der in der Schloßallee am Ende liegt; und geht, indem er hier die rei- zende Ausſicht auf einen Theil des Eſſomerſees und die hinter ihm ſich verduͤſternden Waͤlder eroͤffnet, in das Weſtrevier uͤber. Von dieſem langen Weg laufen zur Rechten III Band. A a

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/196>, abgerufen am 24.04.2024.