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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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und Landhäusern.

Sowohl in dem Innern des Gebäudes als auch bey dem Eingange hüte man
sich, die Statüen in Nischen zu verstecken, so gemein auch diese seltsame Gewohnheit
ist. Eine Statüe nimmt sich nie schöner aus, als wenn sie frey stehend auf einem
Fußgestell gesehen wird. Der Eindruck ihrer Schönheit ist unvollständig, so lange
sie nicht in ihrem ganzen Umriß betrachtet werden kann. Und warum eben die
Hälfte einer schönen Bildung in einer Mauer vergraben? Warum ein Gebäude mit
Aushöhlungen verunstalten?

Blumentöpfe, Schilder, Figuren von Thieren und andere Zierrathen von die-
sem Schlag auf den Dächern, fallen so offenbar in das Unschickliche, daß man dar-
über kein Wort mehr verlieren darf; und zum Glück ist dieser sonderbare Geschmack
schon an vielen Oertern aus seinem Besitz vertrieben. Da es scheint, daß man auf
den Dächern, zumal auf den ganz flachen, nicht alle Verzierung entbehren kann, so
wäre es für Architekten, die mit Geschmack und Beurtheilung eine glückliche Erfin-
dungskraft verbinden, eine rühmliche Beschäftigung, anstatt der gewöhnlichen Zier-
rathen neue zu bestimmen, die sowohl den Gebäuden überhaupt, als auch den verschie-
denen besondern Charakteren, deren sie fähig sind, angemessen wären.

[Abbildung]
III Band. E
und Landhaͤuſern.

Sowohl in dem Innern des Gebaͤudes als auch bey dem Eingange huͤte man
ſich, die Statuͤen in Niſchen zu verſtecken, ſo gemein auch dieſe ſeltſame Gewohnheit
iſt. Eine Statuͤe nimmt ſich nie ſchoͤner aus, als wenn ſie frey ſtehend auf einem
Fußgeſtell geſehen wird. Der Eindruck ihrer Schoͤnheit iſt unvollſtaͤndig, ſo lange
ſie nicht in ihrem ganzen Umriß betrachtet werden kann. Und warum eben die
Haͤlfte einer ſchoͤnen Bildung in einer Mauer vergraben? Warum ein Gebaͤude mit
Aushoͤhlungen verunſtalten?

Blumentoͤpfe, Schilder, Figuren von Thieren und andere Zierrathen von die-
ſem Schlag auf den Daͤchern, fallen ſo offenbar in das Unſchickliche, daß man dar-
uͤber kein Wort mehr verlieren darf; und zum Gluͤck iſt dieſer ſonderbare Geſchmack
ſchon an vielen Oertern aus ſeinem Beſitz vertrieben. Da es ſcheint, daß man auf
den Daͤchern, zumal auf den ganz flachen, nicht alle Verzierung entbehren kann, ſo
waͤre es fuͤr Architekten, die mit Geſchmack und Beurtheilung eine gluͤckliche Erfin-
dungskraft verbinden, eine ruͤhmliche Beſchaͤftigung, anſtatt der gewoͤhnlichen Zier-
rathen neue zu beſtimmen, die ſowohl den Gebaͤuden uͤberhaupt, als auch den verſchie-
denen beſondern Charakteren, deren ſie faͤhig ſind, angemeſſen waͤren.

[Abbildung]
III Band. E
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[33/0037] und Landhaͤuſern. Sowohl in dem Innern des Gebaͤudes als auch bey dem Eingange huͤte man ſich, die Statuͤen in Niſchen zu verſtecken, ſo gemein auch dieſe ſeltſame Gewohnheit iſt. Eine Statuͤe nimmt ſich nie ſchoͤner aus, als wenn ſie frey ſtehend auf einem Fußgeſtell geſehen wird. Der Eindruck ihrer Schoͤnheit iſt unvollſtaͤndig, ſo lange ſie nicht in ihrem ganzen Umriß betrachtet werden kann. Und warum eben die Haͤlfte einer ſchoͤnen Bildung in einer Mauer vergraben? Warum ein Gebaͤude mit Aushoͤhlungen verunſtalten? Blumentoͤpfe, Schilder, Figuren von Thieren und andere Zierrathen von die- ſem Schlag auf den Daͤchern, fallen ſo offenbar in das Unſchickliche, daß man dar- uͤber kein Wort mehr verlieren darf; und zum Gluͤck iſt dieſer ſonderbare Geſchmack ſchon an vielen Oertern aus ſeinem Beſitz vertrieben. Da es ſcheint, daß man auf den Daͤchern, zumal auf den ganz flachen, nicht alle Verzierung entbehren kann, ſo waͤre es fuͤr Architekten, die mit Geſchmack und Beurtheilung eine gluͤckliche Erfin- dungskraft verbinden, eine ruͤhmliche Beſchaͤftigung, anſtatt der gewoͤhnlichen Zier- rathen neue zu beſtimmen, die ſowohl den Gebaͤuden uͤberhaupt, als auch den verſchie- denen beſondern Charakteren, deren ſie faͤhig ſind, angemeſſen waͤren. [Abbildung] III Band. E

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/37>, abgerufen am 25.04.2024.