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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten,
tannien die vornehmsten Producte überreichen, die jedem eigen sind. Auf dem Gi-
pfel des Vordertheils stehen drey Statüen; eben so viele über dem Hintertheil. In
den Fries ist die Inschrift gegraben:

Concordiae et Victoriae.

Auf beyden Seiten der Thüre, die in Blau und Gold gemalt ist, sind an der Wand
zwey große Medaillons, in deren einem man die Worte:

Concordia foederatorum

in dem andern die Worte:

Concordia civium

erblickt. Ueber der Thüre selbst ist diese Stelle des Valerius Maximus einge-
graben:

Quo tempore salus eorum in ultimas angustias deducta, nullum ambi-
tioni locum relinquebat.

Das Innere des Tempels zeugt von einer großen Simplicität. Man erblickt darinn
vierzehn leere Nischen, die von einer andern unabhängig sind, worinn man eine Sta-
tüe mit der Inschrift sieht:

Libertas publica.

Ueber der Nische findet man diese Stelle aus dem Valerius Maximus:

Candidis autem animis voluptatem praebuerint in conspicuo posita,
quae cuique magnifica merito contigerunt.

Ueber den Nischen, die nicht hätten leer bleiben sollen, sind eben so viele Medaillons,
worinnen die Siege der Engländer über die Franzosen in halb erhabener Arbeit
vorgestellt sind.

Dieser Tempel würde, nach seinem besondern Charakter betrachtet, sich besser
in den Park des Königs schicken, noch besser auf einen schönen Platz in der Residenz,
als ein öffentliches Nationalgebäude. So erhebend die Vorstellung der Eintracht ist,
so niederschlagend ist auf der andern Seite der Gedanke, daß diese Eintracht eine
Folge der Uebermacht und eine Wirkung der Siege ist. Gar zu bald hängt sich an
die Idee des Sieges das traurige Bild von Thränen, von Blut, von Verwüstung.
Und Vorstellungen dieser Art vertragen sich nicht wohl mit der glücklichen Ruhe des
Landlebens und mit dem Frieden der Natur. Inzwischen kann nichts reizender seyn,
als die Scene, worinn dieser prächtige Tempel liegt.

Ein

Dritter Abſchnitt. Von Tempeln, Grotten,
tannien die vornehmſten Producte uͤberreichen, die jedem eigen ſind. Auf dem Gi-
pfel des Vordertheils ſtehen drey Statuͤen; eben ſo viele uͤber dem Hintertheil. In
den Fries iſt die Inſchrift gegraben:

Concordiae et Victoriae.

Auf beyden Seiten der Thuͤre, die in Blau und Gold gemalt iſt, ſind an der Wand
zwey große Medaillons, in deren einem man die Worte:

Concordia foederatorum

in dem andern die Worte:

Concordia civium

erblickt. Ueber der Thuͤre ſelbſt iſt dieſe Stelle des Valerius Maximus einge-
graben:

Quo tempore ſalus eorum in ultimas anguſtias deducta, nullum ambi-
tioni locum relinquebat.

Das Innere des Tempels zeugt von einer großen Simplicitaͤt. Man erblickt darinn
vierzehn leere Niſchen, die von einer andern unabhaͤngig ſind, worinn man eine Sta-
tuͤe mit der Inſchrift ſieht:

Libertas publica.

Ueber der Niſche findet man dieſe Stelle aus dem Valerius Maximus:

Candidis autem animis voluptatem praebuerint in conſpicuo poſita,
quae cuique magnifica merito contigerunt.

Ueber den Niſchen, die nicht haͤtten leer bleiben ſollen, ſind eben ſo viele Medaillons,
worinnen die Siege der Englaͤnder uͤber die Franzoſen in halb erhabener Arbeit
vorgeſtellt ſind.

Dieſer Tempel wuͤrde, nach ſeinem beſondern Charakter betrachtet, ſich beſſer
in den Park des Koͤnigs ſchicken, noch beſſer auf einen ſchoͤnen Platz in der Reſidenz,
als ein oͤffentliches Nationalgebaͤude. So erhebend die Vorſtellung der Eintracht iſt,
ſo niederſchlagend iſt auf der andern Seite der Gedanke, daß dieſe Eintracht eine
Folge der Uebermacht und eine Wirkung der Siege iſt. Gar zu bald haͤngt ſich an
die Idee des Sieges das traurige Bild von Thraͤnen, von Blut, von Verwuͤſtung.
Und Vorſtellungen dieſer Art vertragen ſich nicht wohl mit der gluͤcklichen Ruhe des
Landlebens und mit dem Frieden der Natur. Inzwiſchen kann nichts reizender ſeyn,
als die Scene, worinn dieſer praͤchtige Tempel liegt.

Ein
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[66/0070] Dritter Abſchnitt. Von Tempeln, Grotten, tannien die vornehmſten Producte uͤberreichen, die jedem eigen ſind. Auf dem Gi- pfel des Vordertheils ſtehen drey Statuͤen; eben ſo viele uͤber dem Hintertheil. In den Fries iſt die Inſchrift gegraben: Concordiae et Victoriae. Auf beyden Seiten der Thuͤre, die in Blau und Gold gemalt iſt, ſind an der Wand zwey große Medaillons, in deren einem man die Worte: Concordia foederatorum in dem andern die Worte: Concordia civium erblickt. Ueber der Thuͤre ſelbſt iſt dieſe Stelle des Valerius Maximus einge- graben: Quo tempore ſalus eorum in ultimas anguſtias deducta, nullum ambi- tioni locum relinquebat. Das Innere des Tempels zeugt von einer großen Simplicitaͤt. Man erblickt darinn vierzehn leere Niſchen, die von einer andern unabhaͤngig ſind, worinn man eine Sta- tuͤe mit der Inſchrift ſieht: Libertas publica. Ueber der Niſche findet man dieſe Stelle aus dem Valerius Maximus: Candidis autem animis voluptatem praebuerint in conſpicuo poſita, quae cuique magnifica merito contigerunt. Ueber den Niſchen, die nicht haͤtten leer bleiben ſollen, ſind eben ſo viele Medaillons, worinnen die Siege der Englaͤnder uͤber die Franzoſen in halb erhabener Arbeit vorgeſtellt ſind. Dieſer Tempel wuͤrde, nach ſeinem beſondern Charakter betrachtet, ſich beſſer in den Park des Koͤnigs ſchicken, noch beſſer auf einen ſchoͤnen Platz in der Reſidenz, als ein oͤffentliches Nationalgebaͤude. So erhebend die Vorſtellung der Eintracht iſt, ſo niederſchlagend iſt auf der andern Seite der Gedanke, daß dieſe Eintracht eine Folge der Uebermacht und eine Wirkung der Siege iſt. Gar zu bald haͤngt ſich an die Idee des Sieges das traurige Bild von Thraͤnen, von Blut, von Verwuͤſtung. Und Vorſtellungen dieſer Art vertragen ſich nicht wohl mit der gluͤcklichen Ruhe des Landlebens und mit dem Frieden der Natur. Inzwiſchen kann nichts reizender ſeyn, als die Scene, worinn dieſer praͤchtige Tempel liegt. Ein

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/70>, abgerufen am 19.04.2024.