Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

Bild:
<< vorherige Seite

I.
Louisenlund.
*)

Die Freygebigkeit der Natur und der Fleiß des Geschmacks haben sich hier verei-
nigt, um den Sommeraufenthalt eines Fürsten zu schmücken, der, Seiner
eigenen Verdienste unbewußt, voll offener freyer Gefühle für jedes Gute, das die
Menschheit ziert, an dem Arme einer der edelsten Prinzessinnen des dänischen Hau-
ses, und umringt von den Scherzen Seiner kleinen liebenswürdigen Familie, alle
Freuden des Landes mit der Mäßigkeit und Stille eines glücklichen Privatlebens zu
genießen weiß. Man sieht hier kein leeres Gepränge, kein betäubendes Gefolge.
Aber desto mehr herrscht hier Liebe der Natur, Heiterkeit der Blicke, die sich aus
ihrem Anschauen bildet, und die ganze Freundlichkeit der Empfindungen, die Frey-
heit, Zärtlichkeit und Güte der Seele einflößen.

Louisenlund hat bis itzt mehr von der Hand der Natur und von der Aufmerk-
samkeit, die sie zu ihrer eigenen Verschönerung leitete, als von der Baukunst gewon-
nen. Das Gebäude, worinn bisher die fürstliche Familie wohnt, hat blos das be-
scheidne Ansehen einer Privatwohnung. Es ruhet in der Niedrigung einer Anhöhe,
und hat aus seiner Vorderseite die Aussicht auf die etwa hundert Schritte entfernt vor-
bey fließende Schley, und auf die jenseits sich verbreitende Landschaft. Dieses Ge-
wässer, das nicht weit von Kappeln sich aus dem baltischen Meere in das Herzog-
thum Schleswig auf einige Meilen hineinzieht, und, wiewohl ein Arm der Ostsee,
einen breiten, sich anmuthig zwischen den überaus fruchtbaren Landschaften Angeln
und Schwansee dahin schlängelnden Fluß bildet, wälzt sich hier in einer ansehnlichen
Fläche. Es ist mit Schiffen und kleinen Fahrzeugen belebt, und enthält einen Ue-
berfluß von mancherley Fischen. Eine artig gebaute Jagd ruhet vor der Terrasse,
die sich in der Länge vor dem Wohngebäude am Rande der Schley hinzieht, und in
einigen Absätzen, mit Bäumen bepflanzt, kühle Spatziergänge anbietet. Man steigt
hier ein, um nach Schleswig zu segeln.

Die Nähe des Wassers, das der Prinz mit einer besondern Zuneigung liebt,
fächelt die Wohnung mit der Kühlung erfrischender Winde. Ein mit Linden auf den

Seiten
*) [Spaltenumbruch] Ein Sommersitz, zwey Meilen von
Schleswig, Sr. Durchl. dem Prinzen
Carl, Landgrafen zu Hessen-Cassel, königl.
dänischen General-Feldmarschall, und
[Spaltenumbruch] Statthalter der Herzogthümer Schleswig
und Hollstein etc. etc. zugehörig. Er führt
den Namen von der Gemahlinn des
Prinzen.

I.
Louiſenlund.
*)

Die Freygebigkeit der Natur und der Fleiß des Geſchmacks haben ſich hier verei-
nigt, um den Sommeraufenthalt eines Fuͤrſten zu ſchmuͤcken, der, Seiner
eigenen Verdienſte unbewußt, voll offener freyer Gefuͤhle fuͤr jedes Gute, das die
Menſchheit ziert, an dem Arme einer der edelſten Prinzeſſinnen des daͤniſchen Hau-
ſes, und umringt von den Scherzen Seiner kleinen liebenswuͤrdigen Familie, alle
Freuden des Landes mit der Maͤßigkeit und Stille eines gluͤcklichen Privatlebens zu
genießen weiß. Man ſieht hier kein leeres Gepraͤnge, kein betaͤubendes Gefolge.
Aber deſto mehr herrſcht hier Liebe der Natur, Heiterkeit der Blicke, die ſich aus
ihrem Anſchauen bildet, und die ganze Freundlichkeit der Empfindungen, die Frey-
heit, Zaͤrtlichkeit und Guͤte der Seele einfloͤßen.

Louiſenlund hat bis itzt mehr von der Hand der Natur und von der Aufmerk-
ſamkeit, die ſie zu ihrer eigenen Verſchoͤnerung leitete, als von der Baukunſt gewon-
nen. Das Gebaͤude, worinn bisher die fuͤrſtliche Familie wohnt, hat blos das be-
ſcheidne Anſehen einer Privatwohnung. Es ruhet in der Niedrigung einer Anhoͤhe,
und hat aus ſeiner Vorderſeite die Ausſicht auf die etwa hundert Schritte entfernt vor-
bey fließende Schley, und auf die jenſeits ſich verbreitende Landſchaft. Dieſes Ge-
waͤſſer, das nicht weit von Kappeln ſich aus dem baltiſchen Meere in das Herzog-
thum Schleswig auf einige Meilen hineinzieht, und, wiewohl ein Arm der Oſtſee,
einen breiten, ſich anmuthig zwiſchen den uͤberaus fruchtbaren Landſchaften Angeln
und Schwanſee dahin ſchlaͤngelnden Fluß bildet, waͤlzt ſich hier in einer anſehnlichen
Flaͤche. Es iſt mit Schiffen und kleinen Fahrzeugen belebt, und enthaͤlt einen Ue-
berfluß von mancherley Fiſchen. Eine artig gebaute Jagd ruhet vor der Terraſſe,
die ſich in der Laͤnge vor dem Wohngebaͤude am Rande der Schley hinzieht, und in
einigen Abſaͤtzen, mit Baͤumen bepflanzt, kuͤhle Spatziergaͤnge anbietet. Man ſteigt
hier ein, um nach Schleswig zu ſegeln.

Die Naͤhe des Waſſers, das der Prinz mit einer beſondern Zuneigung liebt,
faͤchelt die Wohnung mit der Kuͤhlung erfriſchender Winde. Ein mit Linden auf den

Seiten
*) [Spaltenumbruch] Ein Sommerſitz, zwey Meilen von
Schleswig, Sr. Durchl. dem Prinzen
Carl, Landgrafen zu Heſſen-Caſſel, koͤnigl.
daͤniſchen General-Feldmarſchall, und
[Spaltenumbruch] Statthalter der Herzogthuͤmer Schleswig
und Hollſtein ꝛc. ꝛc. zugehoͤrig. Er fuͤhrt
den Namen von der Gemahlinn des
Prinzen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0179" n="175"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi><lb/><hi rendition="#g">Loui&#x017F;enlund</hi>.</hi> <note place="foot" n="*)"><cb/>
Ein Sommer&#x017F;itz, zwey Meilen von<lb/>
Schleswig, Sr. Durchl. dem Prinzen<lb/>
Carl, Landgrafen zu He&#x017F;&#x017F;en-Ca&#x017F;&#x017F;el, ko&#x0364;nigl.<lb/>
da&#x0364;ni&#x017F;chen General-Feldmar&#x017F;chall, und<lb/><cb/>
Statthalter der Herzogthu&#x0364;mer Schleswig<lb/>
und Holl&#x017F;tein &#xA75B;c. &#xA75B;c. zugeho&#x0364;rig. Er fu&#x0364;hrt<lb/>
den Namen von der Gemahlinn des<lb/>
Prinzen.</note>
          </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Freygebigkeit der Natur und der Fleiß des Ge&#x017F;chmacks haben &#x017F;ich hier verei-<lb/>
nigt, um den Sommeraufenthalt eines Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu &#x017F;chmu&#x0364;cken, der, Seiner<lb/>
eigenen Verdien&#x017F;te unbewußt, voll offener freyer Gefu&#x0364;hle fu&#x0364;r jedes Gute, das die<lb/>
Men&#x017F;chheit ziert, an dem Arme einer der edel&#x017F;ten Prinze&#x017F;&#x017F;innen des <hi rendition="#fr">da&#x0364;ni&#x017F;chen</hi> Hau-<lb/>
&#x017F;es, und umringt von den Scherzen Seiner kleinen liebenswu&#x0364;rdigen Familie, alle<lb/>
Freuden des Landes mit der Ma&#x0364;ßigkeit und Stille eines glu&#x0364;cklichen Privatlebens zu<lb/>
genießen weiß. Man &#x017F;ieht hier kein leeres Gepra&#x0364;nge, kein beta&#x0364;ubendes Gefolge.<lb/>
Aber de&#x017F;to mehr herr&#x017F;cht hier Liebe der Natur, Heiterkeit der Blicke, die &#x017F;ich aus<lb/>
ihrem An&#x017F;chauen bildet, und die ganze Freundlichkeit der Empfindungen, die Frey-<lb/>
heit, Za&#x0364;rtlichkeit und Gu&#x0364;te der Seele einflo&#x0364;ßen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Loui&#x017F;enlund</hi> hat bis itzt mehr von der Hand der Natur und von der Aufmerk-<lb/>
&#x017F;amkeit, die &#x017F;ie zu ihrer eigenen Ver&#x017F;cho&#x0364;nerung leitete, als von der Baukun&#x017F;t gewon-<lb/>
nen. Das Geba&#x0364;ude, worinn bisher die fu&#x0364;r&#x017F;tliche Familie wohnt, hat blos das be-<lb/>
&#x017F;cheidne An&#x017F;ehen einer Privatwohnung. Es ruhet in der Niedrigung einer Anho&#x0364;he,<lb/>
und hat aus &#x017F;einer Vorder&#x017F;eite die Aus&#x017F;icht auf die etwa hundert Schritte entfernt vor-<lb/>
bey fließende <hi rendition="#fr">Schley</hi>, und auf die jen&#x017F;eits &#x017F;ich verbreitende Land&#x017F;chaft. Die&#x017F;es Ge-<lb/>
wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, das nicht weit von <hi rendition="#fr">Kappeln</hi> &#x017F;ich aus dem <hi rendition="#fr">balti&#x017F;chen</hi> Meere in das Herzog-<lb/>
thum <hi rendition="#fr">Schleswig</hi> auf einige Meilen hineinzieht, und, wiewohl ein Arm der <hi rendition="#fr">O&#x017F;t&#x017F;ee</hi>,<lb/>
einen breiten, &#x017F;ich anmuthig zwi&#x017F;chen den u&#x0364;beraus fruchtbaren Land&#x017F;chaften <hi rendition="#fr">Angeln</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Schwan&#x017F;ee</hi> dahin &#x017F;chla&#x0364;ngelnden Fluß bildet, wa&#x0364;lzt &#x017F;ich hier in einer an&#x017F;ehnlichen<lb/>
Fla&#x0364;che. Es i&#x017F;t mit Schiffen und kleinen Fahrzeugen belebt, und entha&#x0364;lt einen Ue-<lb/>
berfluß von mancherley Fi&#x017F;chen. Eine artig gebaute Jagd ruhet vor der Terra&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
die &#x017F;ich in der La&#x0364;nge vor dem Wohngeba&#x0364;ude am Rande der <hi rendition="#fr">Schley</hi> hinzieht, und in<lb/>
einigen Ab&#x017F;a&#x0364;tzen, mit Ba&#x0364;umen bepflanzt, ku&#x0364;hle Spatzierga&#x0364;nge anbietet. Man &#x017F;teigt<lb/>
hier ein, um nach <hi rendition="#fr">Schleswig</hi> zu &#x017F;egeln.</p><lb/>
          <p>Die Na&#x0364;he des Wa&#x017F;&#x017F;ers, das der Prinz mit einer be&#x017F;ondern Zuneigung liebt,<lb/>
fa&#x0364;chelt die Wohnung mit der Ku&#x0364;hlung erfri&#x017F;chender Winde. Ein mit Linden auf den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Seiten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0179] I. Louiſenlund. *) Die Freygebigkeit der Natur und der Fleiß des Geſchmacks haben ſich hier verei- nigt, um den Sommeraufenthalt eines Fuͤrſten zu ſchmuͤcken, der, Seiner eigenen Verdienſte unbewußt, voll offener freyer Gefuͤhle fuͤr jedes Gute, das die Menſchheit ziert, an dem Arme einer der edelſten Prinzeſſinnen des daͤniſchen Hau- ſes, und umringt von den Scherzen Seiner kleinen liebenswuͤrdigen Familie, alle Freuden des Landes mit der Maͤßigkeit und Stille eines gluͤcklichen Privatlebens zu genießen weiß. Man ſieht hier kein leeres Gepraͤnge, kein betaͤubendes Gefolge. Aber deſto mehr herrſcht hier Liebe der Natur, Heiterkeit der Blicke, die ſich aus ihrem Anſchauen bildet, und die ganze Freundlichkeit der Empfindungen, die Frey- heit, Zaͤrtlichkeit und Guͤte der Seele einfloͤßen. Louiſenlund hat bis itzt mehr von der Hand der Natur und von der Aufmerk- ſamkeit, die ſie zu ihrer eigenen Verſchoͤnerung leitete, als von der Baukunſt gewon- nen. Das Gebaͤude, worinn bisher die fuͤrſtliche Familie wohnt, hat blos das be- ſcheidne Anſehen einer Privatwohnung. Es ruhet in der Niedrigung einer Anhoͤhe, und hat aus ſeiner Vorderſeite die Ausſicht auf die etwa hundert Schritte entfernt vor- bey fließende Schley, und auf die jenſeits ſich verbreitende Landſchaft. Dieſes Ge- waͤſſer, das nicht weit von Kappeln ſich aus dem baltiſchen Meere in das Herzog- thum Schleswig auf einige Meilen hineinzieht, und, wiewohl ein Arm der Oſtſee, einen breiten, ſich anmuthig zwiſchen den uͤberaus fruchtbaren Landſchaften Angeln und Schwanſee dahin ſchlaͤngelnden Fluß bildet, waͤlzt ſich hier in einer anſehnlichen Flaͤche. Es iſt mit Schiffen und kleinen Fahrzeugen belebt, und enthaͤlt einen Ue- berfluß von mancherley Fiſchen. Eine artig gebaute Jagd ruhet vor der Terraſſe, die ſich in der Laͤnge vor dem Wohngebaͤude am Rande der Schley hinzieht, und in einigen Abſaͤtzen, mit Baͤumen bepflanzt, kuͤhle Spatziergaͤnge anbietet. Man ſteigt hier ein, um nach Schleswig zu ſegeln. Die Naͤhe des Waſſers, das der Prinz mit einer beſondern Zuneigung liebt, faͤchelt die Wohnung mit der Kuͤhlung erfriſchender Winde. Ein mit Linden auf den Seiten *) Ein Sommerſitz, zwey Meilen von Schleswig, Sr. Durchl. dem Prinzen Carl, Landgrafen zu Heſſen-Caſſel, koͤnigl. daͤniſchen General-Feldmarſchall, und Statthalter der Herzogthuͤmer Schleswig und Hollſtein ꝛc. ꝛc. zugehoͤrig. Er fuͤhrt den Namen von der Gemahlinn des Prinzen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/179
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/179>, abgerufen am 29.03.2024.