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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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Anhang. Beschreibungen
werden, bald in Lauben, die über ihrem Haupte zu einem fortgehenden Obdach sich
wölben, bald auf lichte Plätze, oder Wiesen, mit kleinen Gruppen von Bäumen oder
hohen Schattenlinden besetzt. Die Gebüsche wimmeln von Fasanen, wie im Früh-
ling von Nachtigallen, und bestehen aus inländischen und vielen fremden, sonderlich
nordamerikanischen Hölzern, womit der Garten zu Kew, und seine Besitzerinn,
die verstorbene Prinzessinn von Wallis, den hiesigen größtentheils bereichert hat.
Der Duft von einigen dieser Hölzer, vermischt mit dem Balsam der blühenden Sträu-
cher und Pflanzen, worunter fast alle Gattungen von Rosen sich befinden, verbreitet
in den schönen Jahrszeiten durch diese Gänge einen Wohlgeruch, der sich nur empfin-
den läßt. Sie finden auch hier die so genannte Blutbuche; ich erwähne ihrer, weil
wir Deutsche gewissermaßen mit ihr den englischen und amerikanischen Gärten
einen Theil unsrer Schuld abgetragen haben; denn man hat mich versichert, daß die
Mutter aller der Blutbuchen, die in die Parks der Britten und sogar nach Nordame-
rika
verpflanzt worden sind, sich auf der Hagelweide bey Sondershausen
besinde.

Von den Erweiterungen dieses Gartens, und den Gärten der regierenden Her-
zoginn und des Prinzen August, des Bruders des Herzogs, die jetzt im Entstehen
sind, werde ich Sie in der Folge unterhalten; vielleicht alsdann auch von d[e]m Garten
des Herzogs in der schönen Waldgegend des alten Klosters Reinhardsbrunn.

2.

Ich versprach, Ihnen von einigen neuen Anlagen um Weimar Nachricht zu
geben; ich erfülle jetzt mein Versprechen getreu oder untreu, nachdem mich mein Ge-
dächtniß unterstützen wird.

Das Kloster ist eine kleine Einsiedeley, mit einer Kapelle, am Ilma-Fluß.
Man kommt durch Wege dahin, die sich durch Felsen schlängeln, bald Gewölbe sind,
bald zu lichten Plätzen werden, und mit ihrem öden, wilden Anblick, hie und da an-
gebrachten Höhlen und Sitzen, eine Vorstellung von den berühmten Felsengängen der
sinesischen Gärten geben können. Unten schleicht der Ilm-Fluß in seinen schattig-
ten Ufern, und oben erblickt man die künstlichen Ruinen eines weitläuftigen Gebäudes.
Die Einsiedeley und Kapelle sind mit Moos und Baumrinden bekleidet, und werden
durch das Wasser und eine Wiese von dem Stern, einem öffentlichen Spatziergange,
und Göthens Garten geschieden, der sich Terrassenweis hebt, und schöne Aussichten,
z. B. über die Wiesen nach Belvedere, hat. Die Vorderseite des Wohnhauses war

bis

Anhang. Beſchreibungen
werden, bald in Lauben, die uͤber ihrem Haupte zu einem fortgehenden Obdach ſich
woͤlben, bald auf lichte Plaͤtze, oder Wieſen, mit kleinen Gruppen von Baͤumen oder
hohen Schattenlinden beſetzt. Die Gebuͤſche wimmeln von Faſanen, wie im Fruͤh-
ling von Nachtigallen, und beſtehen aus inlaͤndiſchen und vielen fremden, ſonderlich
nordamerikaniſchen Hoͤlzern, womit der Garten zu Kew, und ſeine Beſitzerinn,
die verſtorbene Prinzeſſinn von Wallis, den hieſigen groͤßtentheils bereichert hat.
Der Duft von einigen dieſer Hoͤlzer, vermiſcht mit dem Balſam der bluͤhenden Straͤu-
cher und Pflanzen, worunter faſt alle Gattungen von Roſen ſich befinden, verbreitet
in den ſchoͤnen Jahrszeiten durch dieſe Gaͤnge einen Wohlgeruch, der ſich nur empfin-
den laͤßt. Sie finden auch hier die ſo genannte Blutbuche; ich erwaͤhne ihrer, weil
wir Deutſche gewiſſermaßen mit ihr den engliſchen und amerikaniſchen Gaͤrten
einen Theil unſrer Schuld abgetragen haben; denn man hat mich verſichert, daß die
Mutter aller der Blutbuchen, die in die Parks der Britten und ſogar nach Nordame-
rika
verpflanzt worden ſind, ſich auf der Hagelweide bey Sondershauſen
beſinde.

Von den Erweiterungen dieſes Gartens, und den Gaͤrten der regierenden Her-
zoginn und des Prinzen Auguſt, des Bruders des Herzogs, die jetzt im Entſtehen
ſind, werde ich Sie in der Folge unterhalten; vielleicht alsdann auch von d[e]m Garten
des Herzogs in der ſchoͤnen Waldgegend des alten Kloſters Reinhardsbrunn.

2.

Ich verſprach, Ihnen von einigen neuen Anlagen um Weimar Nachricht zu
geben; ich erfuͤlle jetzt mein Verſprechen getreu oder untreu, nachdem mich mein Ge-
daͤchtniß unterſtuͤtzen wird.

Das Kloſter iſt eine kleine Einſiedeley, mit einer Kapelle, am Ilma-Fluß.
Man kommt durch Wege dahin, die ſich durch Felſen ſchlaͤngeln, bald Gewoͤlbe ſind,
bald zu lichten Plaͤtzen werden, und mit ihrem oͤden, wilden Anblick, hie und da an-
gebrachten Hoͤhlen und Sitzen, eine Vorſtellung von den beruͤhmten Felſengaͤngen der
ſineſiſchen Gaͤrten geben koͤnnen. Unten ſchleicht der Ilm-Fluß in ſeinen ſchattig-
ten Ufern, und oben erblickt man die kuͤnſtlichen Ruinen eines weitlaͤuftigen Gebaͤudes.
Die Einſiedeley und Kapelle ſind mit Moos und Baumrinden bekleidet, und werden
durch das Waſſer und eine Wieſe von dem Stern, einem oͤffentlichen Spatziergange,
und Goͤthens Garten geſchieden, der ſich Terraſſenweis hebt, und ſchoͤne Ausſichten,
z. B. uͤber die Wieſen nach Belvedere, hat. Die Vorderſeite des Wohnhauſes war

bis
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[238/0242] Anhang. Beſchreibungen werden, bald in Lauben, die uͤber ihrem Haupte zu einem fortgehenden Obdach ſich woͤlben, bald auf lichte Plaͤtze, oder Wieſen, mit kleinen Gruppen von Baͤumen oder hohen Schattenlinden beſetzt. Die Gebuͤſche wimmeln von Faſanen, wie im Fruͤh- ling von Nachtigallen, und beſtehen aus inlaͤndiſchen und vielen fremden, ſonderlich nordamerikaniſchen Hoͤlzern, womit der Garten zu Kew, und ſeine Beſitzerinn, die verſtorbene Prinzeſſinn von Wallis, den hieſigen groͤßtentheils bereichert hat. Der Duft von einigen dieſer Hoͤlzer, vermiſcht mit dem Balſam der bluͤhenden Straͤu- cher und Pflanzen, worunter faſt alle Gattungen von Roſen ſich befinden, verbreitet in den ſchoͤnen Jahrszeiten durch dieſe Gaͤnge einen Wohlgeruch, der ſich nur empfin- den laͤßt. Sie finden auch hier die ſo genannte Blutbuche; ich erwaͤhne ihrer, weil wir Deutſche gewiſſermaßen mit ihr den engliſchen und amerikaniſchen Gaͤrten einen Theil unſrer Schuld abgetragen haben; denn man hat mich verſichert, daß die Mutter aller der Blutbuchen, die in die Parks der Britten und ſogar nach Nordame- rika verpflanzt worden ſind, ſich auf der Hagelweide bey Sondershauſen beſinde. Von den Erweiterungen dieſes Gartens, und den Gaͤrten der regierenden Her- zoginn und des Prinzen Auguſt, des Bruders des Herzogs, die jetzt im Entſtehen ſind, werde ich Sie in der Folge unterhalten; vielleicht alsdann auch von dem Garten des Herzogs in der ſchoͤnen Waldgegend des alten Kloſters Reinhardsbrunn. 2. Ich verſprach, Ihnen von einigen neuen Anlagen um Weimar Nachricht zu geben; ich erfuͤlle jetzt mein Verſprechen getreu oder untreu, nachdem mich mein Ge- daͤchtniß unterſtuͤtzen wird. Das Kloſter iſt eine kleine Einſiedeley, mit einer Kapelle, am Ilma-Fluß. Man kommt durch Wege dahin, die ſich durch Felſen ſchlaͤngeln, bald Gewoͤlbe ſind, bald zu lichten Plaͤtzen werden, und mit ihrem oͤden, wilden Anblick, hie und da an- gebrachten Hoͤhlen und Sitzen, eine Vorſtellung von den beruͤhmten Felſengaͤngen der ſineſiſchen Gaͤrten geben koͤnnen. Unten ſchleicht der Ilm-Fluß in ſeinen ſchattig- ten Ufern, und oben erblickt man die kuͤnſtlichen Ruinen eines weitlaͤuftigen Gebaͤudes. Die Einſiedeley und Kapelle ſind mit Moos und Baumrinden bekleidet, und werden durch das Waſſer und eine Wieſe von dem Stern, einem oͤffentlichen Spatziergange, und Goͤthens Garten geſchieden, der ſich Terraſſenweis hebt, und ſchoͤne Ausſichten, z. B. uͤber die Wieſen nach Belvedere, hat. Die Vorderſeite des Wohnhauſes war bis

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/242>, abgerufen am 25.04.2024.